Gefaehrliches Verlangen
einander stumm, wie sehr wir uns lieben. Doch wann immer ich Marc ansehe, fällt mir auf, wie nachdenklich er wirkt und wie viel Mühe es ihm bereitet, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.
Es ist schon sehr spät, als Denise, Annabel und Jen sich verabschieden und den Heimweg antreten. Sammy ist längst im Bett, und auch Dad zieht sich zurück, während Marc und ich allein in den Garten hinausgehen.
Wir stehen unter den hohen Tannen im Vorgarten und blicken zum tiefschwarzen Himmel hinauf, wohl wissend, dass auch Marc gleich gehen muss.
Ich spüre die Wärme seines Körpers an meiner Wange – ein schönes Gefühl, obwohl es mir fast das Herz bricht.
»Wie war dein Weihnachtstag?«, frage ich schließlich.
»Nicht ganz so, wie ich ihn geplant hatte, trotzdem bin ich froh, dass ich ihn gemeinsam mit dir verbringen durfte.«
»Ich auch. Allein schon deshalb war es für mich das schönste Weihnachten überhaupt.«
»Ich sollte jetzt gehen. Es wird Zeit.«
»Ja, du hast recht.« Ich schlucke, fest entschlossen, so souverän und pragmatisch zu sein wie Marc. Und mich nicht von meinen Gefühlen übermannen zu lassen. Aber ich schaffe es nicht. Tränen schießen mir in die Augen.
»Ich hasse es, dich so leiden zu sehen«, stößt er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, stark zu sein.« Ich ringe mir ein Lachen ab, das jedoch von meinen Tränen erstickt wird. Schließlich stoße ich den Atem aus. »Es sind nur drei Monate und keine Ewigkeit. Außerdem können wir wenigstens einmal pro Woche telefonieren.« Ich lege beide Hände flach auf seine Brust. »Und danach können wir zusammen sein. Für immer.«
Marcs Mundwinkel heben sich. »Heißt das, Sie nehmen meinen Antrag an, Miss Sophia Rose?«
»Ich fürchte, du wirst mir diese Frage noch einmal stellen müssen.«
»Genau das werde ich auch tun.«
❧ 39
I ch sitze im dunklen Wohnzimmer und sehe zu, wie Marc aus der Einfahrt fährt. Das Knirschen von Reifen auf Kies dringt durch die Nacht, dann ist es still.
Ich bin allein. Im Dunkeln.
Tiefe Niedergeschlagenheit überkommt mich. Wie betäubt blicke ich auf die Stelle, wo gerade noch Marcs Aston Martin gestanden hat. Dann gehe ich nach oben und lege mich ins Bett.
Ich schlafe wie ein Stein und wache erst spät am nächsten Morgen auf.
»Hey, hübsche kleine Lady. Woran denkst du gerade?« Leo betritt die Bühne – durchtrainiert und gebräunt, mit blondem Haar, das ihm bis über die Schultern reicht, und lediglich in einer eng anliegenden, mit der texanischen Flagge bedruckten Unterhose.
Ich sitze in Leggins und einem weiten T -Shirt auf der Bühne und betrachte mit aufgerissenen Augen seine gewöhnungsbedürftige Kleiderwahl.
»Bitte sag nicht, dass du so heute Abend auftreten willst.«
»Nein, die habe ich nur für die Probe angezogen, einzig und allein für dich«, erwidert Leo mit einem jungenhaften Grinsen. »Ich dachte, mein Anblick könnte dich ein bisschen aufmuntern und dich aus deiner Lethargie reißen.«
Eigentlich brauchen Leo und ich nicht mehr zu proben, da die Show mittlerweile ganz fantastisch läuft, aber wir wollen beide jeden Tag aufs Neue unser Bestes geben, deshalb ziehen wir alles an Anregungen aus den Kritiken und der Reaktion der Zuschauer, was wir kriegen können.
»Ich bin nicht lethargisch.«
»Während der Vorstellung vielleicht nicht, aber … o Mann, sobald der Vorhang fällt, ist mit dir überhaupt nichts anzufangen.«
»Tut mir leid, Leo. Im Moment gibt es wenig Anlass zur Freude. Alles ist so trostlos.«
Ich lasse mich auf die lila Couch fallen, die auf den ersten Blick butterweich aussieht, in Wahrheit aber mit Pappe unterlegt ist. Sie dient als Requisite für die Szene in Beasts Haus, wenn Beauty ihm Gedichte vorliest.
»Ich weiß.« Leo tritt näher. »Weil die beiden Liebenden so brutal auseinandergerissen wurden. Mir blutet das Herz. Ehrlich.« Er schlägt sich mit der Faust auf die Brust und tut so, als schwanke er unter der Last seines Mitleids. »Aber ich muss zugeben, dass ich eure Beziehung immer eine Spur zu intensiv fand. Vielleicht tut dir eine kleine Pause ganz gut und hilft dir zu erkennen, dass es auch noch andere Männer auf der Welt gibt.«
»Hast du dieses Ding im Souvenirshop in Texas gekauft?«, frage ich mit einem Nicken in Richtung seiner Unterhose.
»Nein.« Leo setzt sich neben mich und legt mir den Arm um die Schultern. »Die habe ich zu Weihnachten bekommen. Von meiner Mum.«
»Wie
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