Gefaehrliches Verlangen
besser sein.«
»Aber auch wesentlich schlechter.« Ich registriere, dass meine Stimme lauter geworden ist und sich ein scharfer Unterton in sie geschlichen hat. »Sogar wesentlich schlechter. Wie Leo sagt, die Leute lieben die Show. Und wir reißen uns jeden Tag aufs Neue den Hintern auf, um besser zu werden. Wann hörst du endlich auf, auf mir herumzuhacken?«
»Ich hacke auf dir herum?«
»Ja. Vom ersten Tag an war Leo dein großer Held und ich die Versagerin. Aber die Vorstellungen laufen gut. Sehr gut sogar. Viel besser als erwartet. Sämtliche Zeitungen sehen das so.« Ich wedle mit der Zeitung vor ihrer Nase herum. »Selbst hier steht, dass die Ticketverkäufe prima sind. Was ist eigentlich dein Problem?«
Schwankend weicht Davina auf ihren hohen Absätzen einen Schritt zurück. »Na ja … wenn du so heftig reagierst … vielleicht ist der Zeitpunkt ja ein bisschen ungünstig …«
»Es gibt nie einen günstigen Zeitpunkt«, fahre ich sie an. »Weil du grundsätzlich eine schlechte Meinung von mir hast. Wann hört das endlich auf? Muss ich erst ein großer Hollywoodstar sein, bevor du begreifst, dass ich meinen Teil zum Erfolg dieses Musicals beitrage?«
Davina blickt zu Boden. »Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Es tut mir leid, wenn etwas falsch rübergekommen ist …« Sie hebt den Kopf und ringt sich ein Lächeln ab. »Vergessen wir einfach, was bisher war, okay? Ich versuche künftig, die Situation mehr aus deiner Perspektive zu betrachten.«
»Danke.« Plötzlich überkommt mich eine tiefe Müdigkeit. »Fangen wir noch mal an.«
»Wunderbar.« Davina strahlt. »Tja, dann will ich euch beide proben lassen und gehe mir inzwischen einen Kaffee holen. Ich kann es kaum erwarten, die Vorstellung heute Abend zu sehen.« Erst jetzt bemerkt sie, dass Leo in der Unterhose vor ihr steht. »Und zieh dir um Himmels willen etwas an, Leo. Du bist hier nicht bei den Chippendales.«
Leo prustet vor Lachen, während Davina davonmarschiert. »Wurde auch Zeit, dass du ihr mal die Meinung geigst. Ich habe mich schon gefragt, wann dir endlich der Kragen platzt.«
»Ich wollte nur Klarheit schaffen. Ich habe im Moment weiß Gott andere Sorgen und keinen Nerv für Davinas Hasskampagne.«
»Etwa Mister Blackwell?« Leo hebt eine Braue.
»Nicht nur. Sicherheitsfragen.«
»Ich weiß ja, dass ich mit Mister Perfect nicht mithalten kann, trotzdem sollst du wissen, dass ich mich um dich kümmere, solange ihr euch nicht sehen dürft, okay? Du bist mir wichtig. Ich will nicht, dass meiner Bühnenpartnerin etwas zustößt.«
»Danke, Leo, das ist wirklich süß von dir.«
Er lacht. »Das hat bisher noch niemand zu mir gesagt.«
❧ 41
A n diesem Abend läuft die Vorstellung großartig, und das Publikum ist begeistert, aber auf dem Weg zu Dads Cottage stelle ich fest, dass mein Handyempfang alles andere als gut ist. Schlimmer noch, er wird mit jedem Kilometer schwächer. Ich will nicht riskieren, dass Marc mich nicht erreichen kann.
»Planänderung«, sage ich zu Keith. »Ich übernachte heute im Ivy College. Können wir vielleicht umdrehen? Ich muss irgendwohin, wo ich einen guten Handyempfang habe.«
»Kein Problem.« Keith setzt den Blinker und macht kehrt.
Als er mich am Tor absetzt, rufe ich Dad an und sage ihm, dass ich erst am nächsten Morgen kommen werde, dann mache ich mich auf den Weg über das herrliche Collegegelände, den Blick fest auf mein Telefon geheftet, um Marcs Anruf bloß nicht zu verpassen.
Um Punkt Mitternacht erscheint seine Nummer auf dem Display.
Ich lächle. Pünktlich wie immer.
»Sophia.« Seine Stimme ist tief und beschwört augenblicklich das Bild seiner starken Arme und seiner breiten Brust herauf.
Gott, ich sehne mich so nach ihm. Seit Weihnachten klafft ein tiefes Loch in meinem Herzen, das sich in dieser Sekunde in eine gewaltige Kluft verwandelt. Zu wissen, dass er ganz in der Nähe ist, in London, und ich ihn nicht erreichen kann … ihn nicht berühren … Es ist die reinste Qual.
»Hi«, sage ich mit eigentümlich piepsiger Stimme.
»Wo bist du?«
»Im Ivy College. Der Empfang ist besser hier. Ich wollte deinen Anruf nicht verpassen.«
Stille.
»Sehr gut. Es ist klug, immer wieder deine Gewohnheiten zu verändern. Auf diese Weise wissen sie nie genau, wo du gerade bist.«
»Ja.« Ich umfasse das Telefon fester.
»Du fehlst mir.« Bei seinen Worten flattern die Schmetterlinge in meinem Bauch auf.
»Du mir auch.« Ein wahrer Tsunami an
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