Gefaehrliches Verlangen
schön, dass ihr euch so gut versteht.«
»Sie hat Sinn für Humor. Vielleicht solltest du es auch mal damit probieren. Seit Weihnachten machst du ein Gesicht, als hättest du in eine Zitrone gebissen. Aber Moment … vielleicht muntert dich das ja ein bisschen auf.« Er springt von der Bühne und kehrt mit einem Klatschblatt zurück.
Beim Anblick der Schlagzeile fällt mir die Kinnlade herunter.
LEBENSLÄNGLICH FÜR PROMI - FOTOGRAFEN !
❧ 40
I ch sehe Leo an. Weiß er es? Hat er mitbekommen, was mir passiert ist?
»Woher weißt du …«
»Dieser Getty ist doch einer der Paparazzi, die es auf dich abgesehen hatten, oder? Der Typ, der all diese miesen Geschichten über dich in Umlauf gebracht hat.«
»Genau.« Ich überfliege den Artikel.
»Ich dachte, du freust dich, wenn er hinter Gitter wandert.«
Nickend lese ich weiter. Mein Name taucht nirgendwo auf – nur dass Getty in eine Entführung verwickelt war, einem sadomasochistischen Sexring angehörte und nun zu einer lebenslangen Haft verurteilt wurde.
Es gibt Fotos von Getty mit Handschellen beim Einsteigen in einen Polizeitransporter. Er ist blass und wirkt deutlich gealtert, und sein Markenzeichen, seine Koteletten, wirkt ungepflegt und struppig.
» O Gott. Hier steht etwas über Cecile.«
»Wer ist Cecile?«
»Ein Mädchen vom College.«
In der Zeitung steht nicht, dass die beiden ein Paar waren. Stattdessen wird sie lediglich als »eine Freundin« zitiert: Es ist ein trauriger Tag für die britische Justiz, einen Unschuldigen hinter Gitter zu schicken, während der Schuldige weiterhin ungestraft frei herumlaufen darf. Ich werde Giles’ Verurteilung nicht ungesühnt lassen. Ich habe einflussreiche Freunde, und gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass derjenige, der für dieses Verbrechen verantwortlich ist, leiden muss.
Leiden. Schmerzen. PAIN .
Ein Schauder überläuft mich.
»Alles in Ordnung?«, fragt Leo und nimmt die Zeitung aus meinen schlaffen Händen. »Du bist ja ganz blass.«
»Nein, alles bestens.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln.
»Mir kannst du nichts vormachen.«
»Na gut.« Ich lasse das Lächeln verblassen. »Besser?«
»Zumindest aufrichtiger. Dabei dachte ich, du bist guter Dinge. Es ist Freitag und damit der Tag, an dem du mit Prinz Charming telefonieren darfst, stimmt’s? Steht ein Wärter neben dir, während du mit ihm sprichst?«
»Nein, Marc ruft mich nach der Vorstellung an.«
»Oje.«
»Was heißt das denn?«
»Bedeutet das, du bist die ganze Vorstellung über mit den Gedanken bei Marc Blackwell, vergisst deinen Text und verschläfst deine Stichworte?«
»Natürlich nicht. Habe ich das bisher etwa getan? Die Vorstellung ist die einzige Gelegenheit, ihn für eine Weile zu vergessen.«
»Und was ist mit den Proben?«
»Na ja, da vielleicht auch ein bisschen. Manchmal.«
»Nur ein bisschen?«
In diesem Moment platzt Davina herein und stürmt mit einer zusammengerollten Zeitung den Gang zwischen den Zuschauerreihen entlang.
»Hi, Davina.« Leo richtet sich auf, was ihr einen Blick auf ihn in seiner ganzen Pracht gewährt. »Wie geht’s, wie steht’s?«
Davina scheint seine spärliche Bekleidung nicht zu bemerken. »Diese Kritik stand heute in der Zeitung.« Sie schwenkt die Zeitung. »Du musst unbedingt besser werden, Sophia. Streng dich mehr an.«
Ich stehe auf. »Darf ich mal sehen?«
Davina schleudert mir die Zeitung vor die Füße. Ich schlage die Kulturseiten auf und fange an zu lesen, während Leo über meine Schulter späht. »Eigentlich ist die Kritik gar nicht so übel, Davina«, sagt er.
»Sie ist grauenhaft. Hast du nicht gesehen, was da steht? Über das Risiko, eine unerfahrene, unbekannte Schauspielerin zu engagieren?«
»Das stimmt, trotzdem hat Leo recht. Das ist das Schlechteste, aber ansonsten ist die Kritik gar nicht so übel. Okay, es ist keine Lobeshymne, aber grauenhaft ist sie definitiv nicht. An den Punkten, die sie erwähnen, können wir ohne Weiteres arbeiten.«
Leo nickt. »Das sehe ich genauso. Außerdem lieben die Leute die Show. Wir bekommen super Kritiken in Internetforen und in den Blogs.«
Davina sieht mich an. »Mir war klar, dass es ein Risiko ist, dich zu engagieren. Wir mussten mit Verrissen rechnen.«
»Das ist doch kein Verriss, Davina.« Ich spüre Wut in mir aufkommen. Ich dachte, sie hätte ihre Vorbehalte mir gegenüber nach dem positiven Feedback des Publikums überwunden. Aber offensichtlich habe ich mich geirrt.
»Trotzdem könnte die Kritik
Weitere Kostenlose Bücher