Gefährte des Wolfes: William
besorgt waren, wie gefährlich Sienna ist. Dem Aufbau des Zaubers nach zu urteilen, war das auch mehr als gerechtfertigt. Jetzt hat sich Richard wieder ihren Klauen ausgeliefert und ich sitze hier auf meinem Hintern und warte auf den Leihwagen, damit Raul und ich ihm folgen können.«
Tristan sah seinen Bruder aus zusammengekniffenen Augen an. »Klauen? Das ist ein bisschen dramatisch, findest du nicht?«
»Vielleicht ein bisschen, aber ich habe versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen, bevor ich dich erreicht habe.«
»Du kannst eine Gedankenverbindung zu ihm herstellen?«, warf Tristan überrascht ein.
»Darum geht es nicht. Ich hab eine seltsame Antwort bekommen. Ich konnte ihn sehen, ihn spüren, aber nicht zu ihm durchdringen. Es sah nicht so aus, als würde irgendwas den Weg blockieren, aber es war, als würde ich durch kalten Haferbrei laufen und da war so ein Gefühl – ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll – große Negativität. Nicht wirklich böse, aber was auch immer es war, es lief mir kalt den Rücken runter.«
»Das ist nicht gut. Raul und du müsst schnell zu ihm.«
»Das hast du gut erkannt, wie immer«, neckte Will.
Tristan beugte sich angespannt nach vorn. »Nein, ich meine wirklich schnell. Ich hab etwas Ähnliches gespürt, als der Fluch dabei war, Benjamin zu töten. Ich hab damals gedacht, dass es sich so anfühlte, weil er schon an der Grenze zwischen Leben und Tod stand.«
»Scheiße. Ich muss zum Haus zurück. Hoffentlich kommt der Wagen jede Minute.« Will trennte die Verbindung zu seinem Zwilling und rannte zum Farmhaus zurück.
Kapitel 10
Richard betrat das Hauptgebäude des weitläufigen Anwesens, in dem Raul und er aufgewachsen waren. Das dreistöckige Gebäude war einmal ein Gasthaus gewesen. Das obere Stockwerk war den Besitzern vorbehalten, im zweiten waren große Gästezimmer untergebracht.
Im Erdgeschoss gab es Büros, einen großen Gemeinschaftsraum mit Sitzgelegenheiten und eine Küche. Eine weitläufige Treppe verband die Stockwerke miteinander und schuf ein großzügiges Foyer, wenn man das Haus betrat. Da sich das Gebäude an einen Hügel schmiegte, waren alle Räume an der Nordseite mit großen Balkons ausgestattet. Es war die perfekte Umgebung für das Rudel.
Eine Landstraße verlief etwa eine Meile südlich des Hauses, dessen Seiten von Wäldern und Ackerland umgeben waren. Eine Scheune, ein paar Gästehäuser, ein Gewächshaus und einige andere Gebäude flankierten das Haupthaus und waren durch ein Netz aus Wegen und Gärten miteinander verbunden.
Richards Mutter war eine Meistergärtnerin gewesen. Unter ihrer Fürsorge war jede Pflanze erblüht. Er vermisste die Blumensträuße, die in jedem Raum gestanden hatten, als sie noch gelebt hatte. Jeden Morgen war sie durch die Gärten und das Gewächshaus gegangen und hatte neue Blumen gepflückt, sodass die Sträuße ununterbrochen frisch gewesen waren.
Richard und Sienna wohnten inzwischen in einem der Gästehäuser, doch er musste seinen Vater sehen, bevor er mit seiner Ehefrau sprach. Das Wort nur zu denken, ließ ihm die Kehle eng werden. Wie hatte er sich nur so täuschen lassen können? Sienna war eine wunderschöne Frau, doch verglichen mit Wills klaren Zügen, seinen funkelnden Augen und dem leidenschaftlichen Wesen konnte sie nicht mithalten.
Der Schmerz pulsierte in seiner Brust. Sein Wolf begann zu ziehen, wollte zurück zu seinem Gefährten. Die Heimfahrt war ein einziger Willenskampf gewesen und Richard war es leid, seinen Wolf zurückzuhalten, da er sich ebenso sehr wie dieser nach Will sehnte.
Im Foyer angekommen, blickte Richard zwischen dem Flur, der zu den Büros führte, und der Treppe zu den Zimmern im ersten und zweiten Stock hin und her. Um diese Uhrzeit wäre sein Vater normalerweise im Büro und beschäftigte sich mit den Rudelangelegenheiten, doch in letzter Zeit hatte seine Gesundheit ihn immer länger ans Bett gefesselt. An manchen Tagen konnte er sein Zimmer gar nicht verlassen, sodass die Ältesten mit wichtigen Dingen zu ihm hatten kommen müssen.
Vor seinem ungeplanten Ausflug hatte Richard sich der vernachlässigten Büroarbeit angenommen und laut Rauls Informationen hatte Sienna die Arbeit in seiner Abwesenheit fortgeführt. Ein weiteres, besorgtes Stechen kroch seinen Rücken hinauf.
Es gab noch etwas, das nicht stimmte. Das Gebäude roch nach… Krankheit und Ärger. Er konnte sich nicht erinnern, dass es jemals so gerochen hatte, nicht einmal, nachdem
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