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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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vollkommen. Und ganz bestimmt war auch ich dir gegenüber hochmütig. Du bist würdiger, unsere Uniform anzulegen, als viele andere, die sie bereits tragen.Wenn du also in den Reihen der Freien Garde kämpfen möchtest, dann bin ich es, der sich geehrt fühlen muss.«
    »Dann werden wir zusammen kämpfen«, sagte Tyke abschließend, aber seine Augen konnten sich nicht von den Schwarzen Truppen lösen, die hinter den Wäldern lagerten. Das Heer der Finsternis erstreckte sich, so weit das Auge reichte, und bei seinem Anblick griff die Furcht nach Tykes Herz. Er fragte sich, ob all die mutigen Worte, die er eben ausgesprochen hatte, wirklich etwas bedeuteten.

SIEBZEHN
    N ACH EINIGEN TAGEN harter Märsche durch den Wald ohne Wiederkehr bemerkte Lyannen, dass er langsam sein Zeitgefühl verlor. Der Wald wirkte immer gleich, genau wie die Tage, die eintönig aufeinanderfolgten, und die kurzen Momente der Rast zwischen den Geräuschen des Waldes und den schwachen Lichtern ihres Lagers, in denen sie keinen Schlaf fanden.Völlig erdrückt von dem Kummer, den Sorgen und dazu noch von Ventels Veränderung, wurde Lyannen von Tag zu Tag mutloser. Es kam ihm vor, als sei es Jahrhunderte her, dass er gelassen und unbeschwert hatte einschlafen können. Was die friedlichen Zeiten in Dardamen anging, die waren inzwischen so weit weg, dass sie ihm wie Erinnerungen aus einem früheren Leben vorkamen. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass er noch der gleiche Lyannen war, der sich an einem schönen Frühlingstag bei seinem Vater, der neben ihm auf dem Badewannenrand gesessen hatte, über Langeweile beklagt hatte. Jetzt hätte er für eine einzige Stunde in der erholsamen Ruhe der Hauptstadt fünfzig Waldgolems in Gold aufgewogen. Doch er bezweifelte stark, dass es in den gesamten Benachbarten Reichen, außer vielleicht in Feenquell, noch ein einziges ruhiges Fleckchen gab. Und selbst wenn, hätte er nicht einmal ansatzweise darüber nachdenken dürfen, dorthin zu gehen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, eine Aufgabe, die seine Kräfte überstieg. Und er durfte nicht umkehren,
weder er noch die anderen, auch wenn der Ausgang nur zu eindeutig zu sein schien. Der Herr der Finsternis war unbesiegbar.
    Lyannen hatte von Natur aus einen Hang zum Pessimismus. Wenn er nicht ständig seinen düsteren Gedanken nachgehangen und sich stattdessen einmal umgesehen hätte, wäre ihm aufgefallen, dass ihre persönliche Lage zumindest erträglich war. Natürlich war es schwer, den Wald zu durchqueren und ständig auf eine Gefahr gefasst zu sein, die sich dann doch wieder zerschlug. Aber das war immer noch besser, als gleich den Tod zu riskieren. Außerdem hatten sie wenigstens Proviant dabei. Inzwischen gab es zwar nur noch Kartoffeln, doch für die ließ sich Drymn jedes Mal eine andere Zubereitungsweise einfallen. Allerdings waren die Variationsmöglichkeiten bei nur einer einzigen Grundzutat begrenzt, und Lyannen, der sowieso immer schlecht gelaunt war, hatte es sich rasch zur Gewohnheit gemacht, sich bei jedem Essen über die Eintönigkeit zu beschweren. Die anderen hätten natürlich auch gern nicht nur Kartoffeln zu beißen gehabt, doch sie versuchten wenigstens, sich zu überzeugen, dass es immer noch besser war, kiloweise Kartoffeln verbrauchen zu können, als gar nichts zu haben. Aber es schlug ihnen sehr auf den Magen, wenn sie dazu noch Lyannens Kommentare hinunterschlucken mussten.
    Deshalb fing Validen an, auf die Jagd zu gehen. Da das ohne einen Bogen oder eine Wurfwaffe sehr schwierig war, fertigte er sich als Erstes aus einem langen Zweig und einer Schnur einen Bogen. Und für die Pfeile schnitzte er gut drei Tage lang dünne Hölzchen zurecht.
    Dann verschwand er eines Abends, und sie sahen ihn erst am nächsten Morgen wieder, als er mit seinem Bogen unter dem Arm zurückkam - schmutzig und mit Blättern in den Haaren. Er erklärte ihnen, er habe die Nacht über in einem Busch gelauert, um irgendein Wildtier zu erlegen. Diese erfolglosen Jagdzüge setzten sich noch zwei oder drei Tage fort, sehr zum Missfallen
von Lyannen, der meinte, ihre heroische Mission würde langsam - vorsichtig ausgedrückt - etwas lächerliche Züge annehmen. Seine Laune besserte sich ein wenig, als Validen nach etlichen Versuchen eines Tages strahlend zurückkam und zwar zwei Pfeile weniger im Köcher hatte, dafür aber zwei Hasen mitbrachte, die alle glücklich machten. Von da an verfehlte er nie mehr sein Ziel. Selbst Lyannen, dessen Niedergeschlagenheit

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