Gefaehrten der Finsternis
teilweise der dürftigen Nahrung zuzuschreiben war, war nicht mehr ganz so mutlos. Mit der Abwechslung auf ihrem Speisezettel kehrte auch ein wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft zurück.
Der Einzige, der sich überhaupt nicht darüber zu freuen schien, dass Validen mit seinen Jagdversuchen nun doch Erfolg hatte, war Ventel. Seit einer Weile schien er wieder verträglicher zu sein. Er hatte das Vertrauen seines Pferdes Ardir zurückgewonnen, das ihm wieder bedingungslos gehorchte und dem allein er persönliche Dinge erzählte. Selbst wenn zwischen den Rebellen und Ventel nicht mehr ein so herzliches Einvernehmen herrschte wie zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise, hatte er sich ihnen doch wieder mehr geöffnet. Er wirkte freundlicher, gestand ihnen erneut längere Ruhepausen in der Nacht zu, schlief sogar mehr als die anderen und beschwerte sich dann, wenn er mit der Nachtwache dran war. Er beteiligte sich an ihren scherzenden Gesprächen am Morgen und den nachdenklicheren am Abend vor dem Feuer und er sprach nicht mehr in Rätseln. Aber dennoch war da eine kaum wahrnehmbare Distanz, die oft nur Lyannen auffiel. Und als Validen mit seinem Einfall Erfolg hatte, war das Ventel überhaupt nicht recht. Er sonderte sich wieder ab und blieb bei seinem Pferd. Zwar nahm er immer die Kartoffeln, die Lyannen ihm brachte, aber nun aß er wieder für sich allein und wollte nie von Validens Jagdbeute kosten.
Schließlich, als er es zum wiederholten Male abgelehnt hatte, entschloss sich Lyannen, ihn nach dem Grund zu fragen. »Ich dachte, du könntest auch längst keine Kartoffeln mehr sehen.«
»Das stimmt schon«, bestätigte Ventel. »Aber ich bin lieber bei Kartoffeln unzufrieden und am Leben, als dass ich satt und tot bin.«
Lyannen begriff immer noch nicht. »Du wirst schon nicht an zwei Bissen Fleisch sterben«, entgegnete er.
»Natürlich nicht direkt daran«, erwiderte Ventel ernst. »Aber merk dir, dieser Wald ist kein freies Gebiet, war es noch nie. Seine Bewohner, Gnomen, Zentauren und andere, die ich jetzt nicht aufzähle, werden es gar nicht gern sehen, wenn sechs Fremde hier herumlaufen und Jagd auf die Tiere machen. So etwas bleibt nicht ungestraft, denn nichts um uns herum gehört uns. Bis jetzt haben uns die rechtmäßigen Besitzer gewähren lassen, aber wie lange noch? Früher oder später werden sie die Geduld verlieren.«
»Na, komm schon!«, rief Lyannen aus, der sich wegen hundert anderer Dinge Sorgen machte und keine Lust hatte, sich auch noch deswegen zu ängstigen. »Das merken die nicht einmal.Wegen zwei jämmerlichen Hasen!«
»Zwei heute, morgen wieder zwei …«, sagte Ventel leise, dann ging er ohne ein weiteres Wort zu seinem Pferd zurück und striegelte ihm das Fell.
Lyannen grübelte die ganze Nacht lang über die Worte seines Bruders nach. Während ihres Gesprächs hatte er Ventels Bedenken noch abgetan, aber jetzt dachte er langsam, dass er sie zu sehr auf die leichte Schulter genommen hatte.Ventel war zwar düsterer geworden, doch war er immer noch genauso wachsam und intelligent wie früher und ganz bestimmt kannte er diese Gegend besser als sie alle. Waren seine Befürchtungen übertrieben oder sollte man die Sache lieber ernst nehmen? Schließlich beschloss Lyannen, sich keine oder wenigstens keine allzu großen Sorgen zu machen. Die paar Jagdzüge würden die Bewohner des Waldes schon nicht verärgern, so unversöhnlich sie auch sein mochten.Vorausgesetzt,Validen übertrieb es nicht.
Am nächsten Abend, als Validen einen jungen Hirsch als Beute
mitbrachte, fing Lyannen an,Ventel langsam recht zu geben. Alle anderen freuten sich sehr, doch als Lyannen einen Blick mit seinem Bruder wechselte, merkte er, dass der noch besorgter war als vorher. Es stimmte, zwei Hasen machten nicht viel aus, aber bei einem Hirsch wurde es zu viel.
»Glaubst du nicht, dass du damit übertreibst?«, fragte Lyannen Validen bemüht sachlich. »Abwechslung ist ja ganz schön und gut, aber gleich einen Hirsch zu töten, ist vielleicht zu gewagt.«
Validen lachte nur. »Ja, du hast recht, er ist ein wenig unhandlich«, sagte er leicht dahin. »Ich bezweifle, dass wir ihn mitnehmen können. Aber wenn wir ihn heute Abend aufessen, und das ist keineswegs unmöglich, ist es auch keine Verschwendung.«
Einen Moment lang war Lyannen versucht, ihm zu erklären, dass es darum gar nicht ging, sondern dass er eventuelle Reaktionen der Waldbewohner fürchtete, aber dann hatte er den Eindruck, dass Validen ihn schon
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