Gefaehrten der Finsternis
wechselten einen verstörten Blick und nahmen wieder Platz. Was ging hier vor? Lyannen suchte nach einer Ausrede, wie er aus dieser unangenehmen Lage wieder herauskam, doch ihm fiel nichts ein. Nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten, schloss Greyannah hinter ihnen die Türe und setzte sich ganz ruhig neben Lyannen. Auch der Sire nahm Platz. Alle Augen waren nun auf Vandriyan gerichtet.
Der Hauptmann räusperte sich. »Sire«, begann er, »ich habe die Aufgabe erfüllt, mit der Ihr mich ausgesandt habt.«
Ein höchst überraschter Ausdruck glitt über das Gesicht des Königs, doch dann hatte er sich sogleich wieder unter Kontrolle. »Das heißt?«, fragte er so ruhig wie möglich.
»Zunächst möchte ich noch über etwas anderes sprechen«, entgegnete Vandriyan und neigte ehrerbietig den Kopf. »Über Lyannen, um genau zu sein. Den Ihr als den kennt, der er ist: als einen Halbsterblichen, meinen Sohn und einen impulsiven Draufgänger.«
Atemlos fragte sich Lyannen, worauf sein Vater hinaus wollte. Wollte er ihn etwa vor allen Anwesenden blamieren?
»Und in seiner impulsiven und unbesonnenen Art«, fuhr Vandriyan erbarmungslos fort, ohne auf Lyannen zu achten, der sich vor Verlegenheit wand, »hat mein Sohn sich ohne mein Wissen in eine Person verliebt, zu der er nicht einmal hätte die Augen erheben dürfen. Und diese Person ist Eure Tochter Eileen.«
Forschend richtete der König nun seine schönen dunklen Augen
auf Lyannen, der heftig errötete.Verflucht, warum hat er ihm das jetzt auch noch gesagt?, dachte Lyannen. Möchte er, dass ich in die Verbannung geschickt werde?
Doch Vandriyan kümmerte sich gar nicht um seinen Sohn und nahm nach einer kurzen Pause seine Rede wieder auf. »Daher möchte ich hiermit in aller Form für mich und meinen Sohn um Verzeihung bitten, für den keine Strafe angemessen scheint.« Plötzlich und ohne ersichtlichen Grund erschien ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht. »Und möchte in seinem Namen in aller Demut um die Hand Eurer Tochter bitten.«
Lyannens Herz machte einen Satz und schlug ihm bis zu Hals. Eileens Hand! Sein Vater hielt für ihn beim König um Eileens Hand an! Aber wie konnte er das wagen? Jeder, der Eileen heiraten würde, wäre Thronanwärter. Und er war doch nur ein Halbsterblicher! Ein derartiger Antrag war lächerlich.
Doch der Sire wirkte keineswegs erzürnt oder überrascht. Er schien eher darüber nachzudenken. »Es ist immer schwer für einen Vater zu entscheiden, was wohl das Beste für seine Tochter ist«, sagte Sire Myrachon dann. »Ich liebe Eileen mehr als mein Leben, vielleicht auch, weil sie mich so sehr an meine verstorbene Frau erinnert. Ich würde niemals für sie einen Ehemann auswählen, der ihrer nicht würdig ist, und ebenso würde ich sie nie ohne ihr Einverständnis versprechen. Doch ich stehe in mehr als einer Hinsicht in Eurer Schuld, Vandriyan, zumal angesichts dessen, was Ihr gerade gesagt habt. Ich erkenne sehr wohl Lyannens Vorzüge und ich habe immer seine Treue und seinen Mut bewundert. Daher weiß ich, dass es niemanden gibt, der meiner Tochter würdiger wäre.Wenn Eileen also einverstanden ist, werde ich Lyannen sehr gerne gestatten, sie zu heiraten. Umso mehr, als ich davon überzeugt bin, dass er sie mir heil und gesund wiederbringen wird.« Hier brach seine Stimme gerührt.
Eine Welle der Gefühle tobte durch Lyannen. Das konnte doch alles gar nicht wahr sein! Er hätte vor Freude in die Luft springen
können … Er hätte seine Freude am liebsten durch die gesamte Festung hinausgeschrien, doch er hielt sich zurück. »Ich hoffe, ich kann mich Eures Vertrauens würdig erweisen«, murmelte er stattdessen und verbeugte sich.
»Ich bin mir sicher, dass du das wirst«, erwiderte der Sire freundlich. »Und nun, Vandriyan, wenn Ihr ihn wirklich gefunden habt, dann sagt es mir.«
Vandriyan nickte. »Ja, Sire, es ist wahr. Ich habe Euren Sohn wiedergefunden. Obwohl eigentlich er mich gefunden hat.« Mit diesen Worten wandte er sich wieder an die beiden jungen Männer, die ihn verblüfft anstarrten. »Slyman, kannst du bitte einmal kurz zu mir kommen?«
Völlig verwirrt erhob sich Slyman und ging zum Hauptmann. Der König starrte ihn an, als ob er seinen Augen nicht trauen wollte.
»Ihr, Sire Myrachon, habt Euren neugeborenen Sohn Mardyan dem Einsamen anvertraut, ohne ihm einen Namen zu geben«, erzählte Vandriyan ernst. »Eure Frau ist bei der Geburt gestorben und konnte ihm keinen Namen mehr geben, und aus
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