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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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»Aber das erkläre ich dir ein anderes Mal. Ich bin jetzt nämlich zur Abwechslung mal wieder im Dienst. Und habe wichtige Befehle zu überbringen, wie sich Hauptmann Fardan ausdrückt. Es wäre weniger demütigend für mich, wenn ich die Latrinen putzen müsste.« Er zog ein so enttäuschtes Gesicht, dass sich Lyannen ein Grinsen nicht verkneifen konnte. »Aber nun zu dir«, fuhr Gershir knapp fort und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Der Statthalter wünscht dich sofort
in seinem Arbeitszimmer zu sehen. Anscheinend ist gerade ein großes militärisches Kontingent aus dem Süden eingetroffen, alle Streitkräfte, die du dir vorstellen kannst, haben Truppenverbände gestellt, und es gibt so viele Feldherren und Anführer, dass man Kopfschmerzen bekommt, wenn man sich alle Namen merken sollte. Ganz merkwürdige Leute aus dem Süden sind dabei und ein Zug aus der Goldenen Stadt und Gesandtschaften aus Irgist und Ardistar. Du solltest mal den Anführer der Truppe aus Irgist sehen, ich möchte zu gerne wissen, was mit seinem Gesicht passiert ist. Dann sind da noch Brandan Stolzblitz und Venissian der Schütze und Leidhall von Mymar höchstpersönlich! Sie sind gekommen, um zu kämpfen, denn der Feind soll in wenigen Tagen hier eintreffen. Stell dir vor, der Sire ist ebenfalls dabei, ganz in Weiß und zusammen mit Alvidrin, der ihm die Standarte trägt. Ein echtes Spektakel. Sie machen so viel her, dass man sich schon fragt, wie es sein kann, dass sie den Krieg verlieren.«
    »Das ist ja alles schön und gut, aber was habe ich damit zu tun?«, fragte Lyannen.
    »Anscheinend hat der Sire nach dir verlangt.« Gershir zuckte mit den Schultern. »Schließlich solltest du ja seine Tochter retten, oder etwa nicht? Da ist es doch völlig normal, dass er dich zu sehen wünscht.«
    »Jaja, das ist normal«, wiederholte Lyannen. Irgendetwas in seinen Eingeweiden verkrampfte sich.Was sollte er dem König jetzt nur sagen?
    »Soll ich dich begleiten?«, fragte Gershir mit einem schwachen Lächeln.
    Lyannen konnte gerade noch nicken. Dann schlüpfte er in sein Hemd und seinen Umhang und folgte ihm.
     
    In Greyannahs Arbeitszimmer drängten sich die Leute - Lyannen hatte noch nie so viele bedeutende Persönlichkeiten auf einem Haufen gesehen. Da waren Greyannah, sein Vater und Ventel,
der ihn mit einem Kopfnicken begrüßte. Greyannah, der in seiner Rolle als Gastgeber aufging, stellte ihm alle Anwesenden so schnell vor, dass Lyannen nur ein paar der Namen mitbekam. Allerdings kannte er die meisten schon aus Erzählungen: Brandan Stolzblitz und Venissian der Schütze waren weithin bekannt. Leidhall aus Mymar war ein Freund seines Vaters. Da war auch Tyke, der nun neben Greyannah saß und sich sichtlich unwohl fühlte. Als Lyannen ihm zuzwinkerte, lächelte er. Lyannen wollte sich schon zu ihm setzen, doch dann sah er Slyman ein wenig abseits, und der wirkte, als wolle er vor Verlegenheit gleich im Boden versinken. Also nahm er neben Slyman Platz. Der ihn dankbar anlächelte.
    »Der da ist der König, stimmt’s?«, fragte er und zeigte mit einem Finger nach ihm.
    Lyannen nickte. Ganz in Weiß und mit der Krone auf dem Haupt thronte Sire Myrachon zwischen Alvidrin und Amannon aus Ardistar und musterte die Versammlung mit seinen dunklen Augen.
    »Himmel, sieht der schön aus«, sagte Slyman und seufzte. »Ich habe ganz schön was verpasst.«
    »Du hast ja noch eine Ewigkeit Zeit, um alles nachzuholen«, sagte Lyannen tröstend und versetzte ihm einen freundschaftlichen Stoß.
    »Falls man mich nicht vorher tötet«, entgegnete Slyman trocken.
    Sie unterhielten sich weiter im Flüsterton. Die Versammlung besprach so vieles, das sie nicht interessierte. Tyke wiederholte wohl zum hundersten Mal seine Geschichte, dann ging es um militärische Strategien. Der König fragte nach der Mission der Rebellen, aber darüber berichtete Ventel, und Lyannen wurde überhaupt nicht beachtet. Am Ende von Ventels Rede erhob sich der König und alle verstummten.
    »Ich denke, damit ist diese Sitzung beendet«, verkündete Myrachon.
Alle standen von ihren Stühlen auf und wandten sich zum Gehen. Auch Lyannen und Slyman wollten verschwinden. Sie waren ziemlich enttäuscht.
    »Lyannen! Slyman!«
    Sie drehten sich gleichzeitig um.Vandriyan hatte sie zurückgerufen - der Hauptmann stand mitten im Raum zwischen Greyannah und dem Sire. »Setzt euch«, befahl er gebieterisch. »Ich habe noch etwas mit euch beiden zu besprechen.«
    Lyannen und Slyman

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