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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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müssen. Dann bemerkte er, dass er ebenfalls hungrig war, und beeilte sich, ohne weiteren Kommentar mit ihr Schritt zu halten.
     
    Jetzt, wo das Heer der Ewigen in Syrkun eingetroffen war, war ein einziges Wort in aller Munde: Krieg. Lyannen spürte, dass er fast umkam vor Anspannung. Ihn erhielt nur zweierlei am Leben: dass er die Zeit mit seinen Freunden verbringen konnte, zu denen er seit einigen Tagen mit Fug und Recht auch Tyke von Mirnar zählte. Und die Aussicht darauf, dass eines Tages, wenn der Feind geschlagen, vernichtet und ausgelöscht war, Eileen seine Frau werden würde. Er hatte keine Worte gefunden, mit denen er seinem Vater für das danken konnte, was er für ihn getan hatte, und Vandriyan hatte jeden Ansatz gleich im Keim erstickt. »Aber du weißt ja, Ventel heiratet auch«, hatte er gesagt. »Und vergiss nicht, dass du deine Herzensdame zuerst noch befreien musst.«
    So viele Dinge hatten sich seit dieser schicksalhaften morgendlichen Versammlung in Greyannahs Arbeitszimmer geändert. Lyannen und Slyman waren als Halbsterblicher und Findelkind hineingegangen, und als sie den Raum wieder verließen, waren sie der zukünftige Gemahl einer Prinzessin und der Thronfolger des Ewigen Königreiches gewesen. War das für Lyannen schon schwer zu verkraften, bedeutete es für Slyman, dass sein Leben
völlig umgekrempelt wurde. Als Sohn des Sire war er unverzüglich in einem der besten Quartiere der Festung untergebracht worden, mit allem Komfort, den Syrkun zu bieten hatte.Alle verneigten sich ehrerbietig, wenn er vorüberkam, alle erfüllten geflissentlich jede seiner Bitten. Immer war jemand um ihn herum, der ihn fragte, ob alles in Ordnung sei. Der König hatte ihm Diener, Schmuck, Pferde, edle Kleidung und was er sonst noch begehrte zur Verfügung gestellt. Es war wie die Erfüllung eines Wunschtraumes für diesen knapp dreihundert Jahre alten Mann, der bis vor Kurzem ein Niemand ohne Familie gewesen war, ein Findelkind, das ein ehemaliger Krieger aufgezogen hatte und der als einzigen Freund einen Ka-da-lun mitbrachte.
    Ab und an allerdings wurde es Slyman zu viel und das ganze Theater ging ihm auf die Nerven. Mehr als einmal ertappte er sich dabei, wie er sich wehmütig nach den alten Zeiten zurücksehnte. Rabba Nix war immer noch bei ihm, und sein Vater hatte gestattet, dass sein Freund ihm Gesellschaft leistete. Aber die anderen Ewigen blickten auf den Ka-da-lun herab und beäugten ihn misstrauisch. Man raunte sich zu, dass dieser Gnom eigentlich vom Thronerben ferngehalten werden sollte.
    Mehr denn je vermisste Slyman den Einsamen. Er hätte ihm Ratschläge geben können, wie er sich zu verhalten habe, und ihn auch wieder moralisch aufbauen können. Auch jetzt war der Einsame immer noch derjenige, der ihm am meisten am Herzen lag. Nachts umklammerte er auf der Suche nach Trost den Anhänger, den er ihm gegeben hatte. Das warme und Sicherheit spendende Gefühl, dass dann der Einsame bei ihm war, war das Einzige, was ihm ein wenig Ruhe schenkte.
    Mit Slyman kannte Lyannen schon zwei Königssöhne. Der andere war Tyke. Lyannen verbrachte den größten Teil seiner Zeit mit ihm, wenn er nicht gerade Schach mit Drymn oder Validen spielte oder einem immer verstörter wirkenden Slyman Gesellschaft leistete. Tyke fragte ihn ständig nach Irdris aus, aber auch
Lyannen hatte die Amazone höchstens zweimal seit ihrer Ankunft in Syrkun gesehen. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Irdris sich schämte, sich vor so vielen Ewigen zu zeigen, aber Lyannen wusste, dass das eigentlich nicht zu ihr passte. Tyke dagegen hielt das für sehr wahrscheinlich.
    »Es ist doch klar, dass sie sich schämt!«, sagte er und schaute Lyannen aus seinen grauen Mirnar-Augen böse an. »Komm, Lyannen, denk doch mal nach! Also, ich schäme mich, und ich bin immerhin Sohn und Bruder eines Königs und habe mich wacker in der Letzten Stadt geschlagen und so weiter. Und da glaubst du, dass sie nicht verlegen ist, wo sie eine Amazone auf der Flucht ist? Es ist unmöglich, angesichts der Ewigen selbstbewusst zu sein; sie sind einfach zu perfekt. Im Grunde fühlt man sich da immer unwohl.«
    »Irdris ist eine Halbsterbliche, also ist sie beinahe wie sie«, entgegnete Lyannen. Tyke und er waren wieder im Gemeinschaftsbad, das diesmal bis auf zwei oder drei Männer aus Mymar, die sich halblaut miteinander unterhielten, leer war. »Und was du gegenüber den Ewigen empfindest, trifft auf sie nicht zu. Du kennst Irdris nicht. Sie ist völlig

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