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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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jugendlichen Gesicht viel zu erwachsen ausnahm. »Ich habe eine Entscheidung getroffen, Alvidrin, und als Sohn des Königs habe ich das Recht dazu. Daher bitte ich Euch, lasst mich gehen. Ganz gleich, ob das nun Wahnsinn ist oder nicht.«
    Dem war nichts mehr hinzuzufügen. Alvidrin neigte ergeben seinen Kopf, da er sich geschlagen sah. Greyannah stand auf und verkündete, dass er ein Pferd für die Reise satteln würde.Vandriyan folgte ihm wortlos.
    Auch Theresian stand auf und wollte gerade gehen, doch dann hielt er noch einmal inne und zog aus einer Tasche ein Goldkettchen, an dem ein Anhänger aus blauem Stein hing, der in Form einer Schlange geschnitten war. Das reichte er ihm. »Vielleicht kann Euch das ja dabei helfen, ihn zu finden«, sagte er leise.
    »Wie?« Slymans Augen leuchteten hoffnungsvoll auf, während
er das Kettchen aus Theresians Händen nahm. »Ist das ein Zauber?«
    Der Halbdämon nickte schnell und unruhig. Er schaute sich erst einmal um, ehe er mit so leiser Stimme antwortete, dass sie kaum mehr zu vernehmen war. »Es gibt ein absolut identisches Paar davon«, erklärte er. »Der Zauber ist eigentlich recht einfach. Der Stein leuchtet auf, wenn er in die Nähe seines Zwillings kommt, und den anderen Anhänger habe ich Lyannen gegeben.«
    »Lyannen?« Slyman hob fragend eine Augenbraue, und Theresian hatte den Eindruck, das genaue Ebenbild seines Vaters Sire Myrachon vor sich zu haben. »Warum?«
    »Das weiß ich auch nicht.« Theresian sprach immer schneller und hektischer. »Ich habe dabei gar nicht an den Zauber gedacht, aber irgendetwas hat mich dazu getrieben. Vielleicht ein Wink des Schicksals, würde ich meinen.« Er legte seine Hand auf die des Jungen und sorgte so dafür, dass sich dessen Finger um den blauen Anhänger schlossen. »Nimm ihn.Vielleicht kann er dir ja nützen.«
    Slyman nickte.Auf seinem Gesicht lag ein fester, entschlossener Ausdruck. Mit einem nervösen Kopfnicken entfernte sich Theresian. Slyman folgte ihm mit den Augen, bis er aus dem Zimmer war.Viridian saß abseits in einer Ecke und schien auf etwas zu warten.
    Und mitten im Raum stand der Einsame in seinen violetten Umhang gehüllt und stützte die Hände in die Seiten.
    Sie brauchten keine Worte. Im Blick des Einsamen stand klar und deutlich zu lesen, dass er mit Slyman reden musste. Mit gesenktem Kopf ging der junge Mann zu ihm. Trotz des jetzigen Rangunterschieds hatte sich zwischen ihnen nichts geändert. Der Einsame war sein Lehrmeister und würde es für ihn immer bleiben.
    »Also hast du beschlossen, dass du ihm folgen musst«, sagte der Einsame.

    »Ja.« Slyman bewegte seine Lippen nur eben, seine Stimme war kaum mehr als ein Hauch. »Das ist meine Pflicht.«
    »Ich habe dich nicht gebeten, dich zu rechtfertigen.« Der Einsame legte ihm eine Hand auf die Schulter und seine Züge wurden sanfter. »Für jeden kommt irgendwann der Moment, an dem er eine wichtige Entscheidung treffen muss. Und mit deiner Wahl könntest du unser aller Schicksal beeinflussen.« Ein leichtes zärtliches Lächeln kräuselte seine Lippen, als er diesen Jungen, der für ihn fast ein Sohn war, so entschlossen sah. »Ich möchte keinen Einfluss auf deine Entscheidung nehmen und sie auch nicht kritisieren. Dein Leben gehört ganz allein dir. Du entscheidest, was du tun wirst. Ich wollte dir nur viel Glück wünschen.«
    Bildete sich das Slyman ein oder war da wirklich Rührung aus seinen Worten herauszuhören?
    »Denk daran, dass ich stets bei dir sein werde«, sagte der Einsame und strich ihm zärtlich über das Gesicht. »Wo immer du hingehst.«
    »Herr«, konnte Slyman gerade noch sagen, dann versagte ihm die Stimme.
    Wieder einmal, und vielleicht würde es ja das letzte Mal sein, umarmte er den Einsamen, und während er sich fest an ihn presste, wusste er, dass die Tränen, die ihm über die Wangen liefen, nicht nur von ihm stammten.
     
    Lyannen galoppierte fern von Syrkun seinem Schicksal entgegen.
    Die Hufe des Pferdes hämmerten auf den staubigen Boden der ersten Ausläufer der Ödnis ein. Lyannen wusste nicht, wohin ihn dieser ungezügelte Galopp bringen würde, er wusste nur, dass er sich beeilen musste, dass seine Mission ein Wettlauf gegen die Zeit war. Um nichts in der Welt durfte er zu spät kommen. Aber wohin er zu gehen hatte, das wusste er nicht. Und doch preschte
er nicht einfach so aufs Geratewohl dahin. Er hatte ein genaues Ziel, auch wenn er nicht wusste, wo das lag. Unbewusst ahnte er, wohin er sich wenden

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