Gefaehrten der Finsternis
musste.
Und so gab er seinem Pferd verzweifelt die Sporen, denn es ging hier um Leben und Tod und alles hing von ihm ab. Er hatte nichts mitgenommen, nicht einmal das Notwendigste, nur sein Schwert, das sich hart, aber tröstlich in seine Seite drückte. Er hatte den ganzen Tag nicht einen Moment innegehalten und er würde bei Bedarf auch die ganze Nacht hindurch reiten. Er war weder müde noch erschöpft, auch wenn seine Beine nach dem langen Ritt mittlerweile schmerzten. Sein Pferd dagegen schien allmählich müde zu werden. Umso schlimmer, dachte er. Er konnte es sich nicht erlauben, langsamer zu werden.Wenn sein Pferd nicht mehr konnte, dann würde er eben absitzen und zu Fuß weitergehen. Er konnte jetzt nicht anhalten. Jede Sekunde gewonnene Zeit war überaus kostbar.
Jede Sekunde, die er verlor, konnte sich als verhängnisvoll erweisen.
Er gab seinem Pferd noch einmal die Sporen, beugte sich im Sattel vor und spannte alle Muskeln an, als wollte er sein Pferd auf alle erdenkliche Weise dabei unterstützen, diesen verrückten Galopp beizubehalten.Vor ihm lag still und bedrohlich die Ödnis. In dieser Richtung konnte er ohne Wasser und Nahrung nur den Tod finden, wenn er nicht bald seinen Feind aufspürte. Was höchstwahrscheinlich ebenfalls seinen sicheren Tod bedeutete.
Aber war er wirklich der Auserwählte, der Einzige, der ihn finden konnte?
Und wenn Scrubb sich geirrt hatte?
Derartige Überlegungen durfte er sich nicht erlauben. Das Einzige, was ihn aufrecht hielt, war die Sicherheit, dass er eine Chance hatte - wenn auch nur eine einzige -, diese Aufgabe zu vollenden, die dennoch so unmöglich schien.
Doch nun wurde sein Pferd immer langsamer. Er musste anhalten und nachdenken, zumindest einen kurzen Moment lang. Er konnte nicht weiter in dieses öde, ausgetrocknete Gebiet vordringen, ohne sich absolut sicher zu sein, dass er in die richtige Richtung ritt. Doch das Problem war - wie sollte er das wissen? Scrubb hatte gesagt, dass es ihm gelingen würde, die Finsternis zu finden. Er hatte sich vorgestellt, dass er den Weg instinktiv finden würde, sobald er Syrkun hinter sich gelassen hatte. Nun wurde ihm klar, dass dem nicht so war. Zu Beginn, direkt hinter der Festung, hatte er sich wie von selbst Richtung Ödnis gewandt, als ob er immer schon gewusst hätte, dass dort sein Ziel lag. Nun war diese Sicherheit geschwunden und in Zweifel umgeschlagen. Er fühlte ganz deutlich, dass seine Reise vergebens war, selbst wenn er die Ödnis durchqueren würde - und er wusste genau, dass er das nicht schaffen konnte. Um die Finsternis zu finden, musste er nicht in diese Wüste. Er musste einem anderen Weg folgen, nur konnte er sich nicht vorstellen, wo der zu finden war.
Was sollte er also tun?
Da er sich zu keiner eindeutigen Entscheidung durchringen konnte, konnte er nun genauso gut eine Rast einlegen, ehe er zu weit in die Ödnis vordrang. So würde er wieder zu Kräften kommen, konnte die schmerzenden Muskeln strecken und weiternachdenken. Vielleicht wusste er danach, was zu tun war.Vielleicht. Schlimmstenfalls würde er umkehren und erfolglos nach Syrkun zurückkehren. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, was für eine schlimme Demütigung das bedeutete.
Lyannen brachte sein Pferd zum Stehen und ließ sich aus dem Sattel gleiten, er schwankte leicht, als er den Boden berührte, da seine Beine inzwischen eingeschlafen waren. Das Pferd wieherte und es wirkte erleichtert. Lyannen nahm an, dass zumindest das Tier sich über eine Pause freute. Er sah sich um und suchte nach etwas, was er ihm zu fressen geben konnte, aber da waren bloß
dornige Disteln. Er ließ die Zügel los, sollte das Pferd doch machen, was es wollte. Das schien zunächst ein wenig zu zögern, doch dann begnügte es sich in Ermangelung von anderem Futter mit den Disteln.
Lyannen hockte sich auf die harte Erde nieder und seufzte. Hier zu bleiben und nichts zu tun, war sinnlos, allerdings brachte es ihm genauso wenig, wenn er weiterritt. Deshalb musste er nun genau überlegen. Wo konnte die Finsternis stecken? Ihm ging kurz der Gedanke durch den Kopf, dass sie vielleicht wieder zum Druidenkreis zurückgekehrt war, zu dem Ort, von dem sie aufgebrochen war. Doch das verwarf er sofort wieder. Und wenn sie sich in einer Parallelwelt verbarg? Er wusste, dass es viele davon gab, und dass die Zauberer vergangener Zeiten von einer Welt zur anderen wechseln konnten. Na ja, dachte Lyannen wütend, in diesem Fall hatte er keine Chance, denn
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