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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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eingefroren. Er seufzte. »Gylion und ich, wir waren einmal enge Freunde«, sagte er schließlich knapp. »Ehe er zu dem wurde, was er nun ist.«
     
    In dieser Nacht hatte Lyannen keine Alpträume. Dafür konnte er überhaupt nicht schlafen. Scrubbs Worte gingen ihm durch den Kopf, und darin lag eine Drohung, die ihm während ihrer Unterhaltung überhaupt nicht aufgefallen war. Und doch, es hatte sie gegeben. Entgegen der Meinung aller war die Finsternis nicht vernichtet. Sie sammelte nur die nötige Kraft, um einen zweiten Angriff gegen das Ewige Königreich zu führen, und dieses Mal würde der völlig überraschend kommen. Die Einzigen, die darüber Bescheid wussten, waren Scrubb, der Dämon, und er selbst, dem sich Scrubb anvertraut hatte. Nur ihm hatte er sich anvertraut, weil er, Lyannen, der Einzige war, der ihn schlagen konnte. Er, Lyannen. Der Halbsterbliche, der nicht nur über eine unglaubliche Kraft verfügte, sondern auf dem nun auch, und das wurde ihm erst jetzt bewusst, eine Riesenverantwortung lag.Was würde mit dem Ewigen Königreich, mit den Ewigen, mit der ganzen Welt geschehen, wenn es der Finsternis gelang, sich noch einmal zu erheben? Der Einzige, der das jetzt noch verhindern konnte, war er. Und wenn er sich weigerte, diese Verantwortung zu übernehmen, was wären dann die Folgen? Sollte er die Zerstörung der Welt verantworten müssen, nur weil er Angst davor hatte, selbst etwas zu unternehmen? Scrubb hatte ihm zwar gesagt, dass er ihn zu nichts verpflichten wollte, aber im gleichen Moment, als er ihm diese Enthüllungen gemacht hat, hatte er ihn vor eine verpflichtende Wahl gestellt.Wenn er etwas tun konnte, um sein Volk zu retten, wenn nur er das vermochte, dann hieß das, dass er das tun musste.
    So paradox es auch klang, er war noch einmal gezwungen, die Finsternis aufzusuchen.

    Und es kam noch schlimmer. Beim ersten Mal war er zusammen mit seinen Freunden in den Krieg gezogen, aber nun musste er alles allein machen. Nicht nur, weil es nicht fair wäre, jemand anders mitzunehmen, wo er doch wusste, dass er der Einzige war, der sie schlagen konnte, denn damit hätte er den anderen zum Tode verurteilt. Außerdem würden ihm sein Vater und die Freunde nicht glauben, wenn er ihnen davon erzählte. Und wenn sie ihm geglaubt hätten, dann würden sie ihn nicht ziehen lassen. Ganz egal, ob er der Sohn von Vandriyan und Eileens Verlobter war, er war immer noch ein dreihundert Jahre alter Junge. Es wäre daher viel vernünftiger, jemand loszuschicken, der erfahrener war als er und sich ausgezeichnet hatte, eine Mission von dieser Tragweite anzugehen.Wie nur sollte er erklären, dass trotz allem er der Einzige war, der die Finsternis finden und schlagen konnte? Er glaubte an das, was Scrubb ihm gesagt hatte, aber würden die Ewigen ihm glauben? Er hatte dafür nur das Wort eines Mörderdämons.Wie konnten sie das als wahr akzeptieren?
    Nein, es gab keinen anderen Weg.Wenn Lyannen dem Schicksal folgen wollte, das Scrubb ihm vorgezeichnet hatte, dann war er ganz auf sich gestellt.Wenn er versuchte, die Ewigen zu retten, dann musste er das tun, ohne dass sie davon erfuhren.
    Jetzt stand er dem Feind wirklich allein gegenüber, einsamer als er je gewesen war.

FÜNFUNDDREISSIG
    V IELLEICHT WAR ES ja eine Laune des Schicksals, dass ausgerechnet Theresian aus Vilianna Lyannens Verschwinden entdeckte. Er fand den Zettel, den Lyannen unter sein Kissen auf dem Gang des verlassenen Lazaretts gelegt hatte. Das Papier war zerknittert und die kreuz und quer darauf gekritzelten Runen musste man mehr erraten, als dass man sie lesen konnte. Jemand musste diese Zeilen in großer Eile hingeschrieben haben, und zwar jemand, der äußerst besorgt und nervös war.Theresian musste sich erst setzen, um den Zettel auf seinen Knien glatt zu streichen und dann zu lesen. Er war sehr aufgewühlt, obwohl er bei all seinen übertriebenen theatralischen Gesten normalerweise innerlich kalt und entschlossen blieb. Die unvorhersehbare Tat dieses blutjungen Kerls traf ihn wirklich überraschend. Warum hatte sich Lyannen aus Syrkun aufgemacht? Er konnte nur sein Schwert mit sich genommen haben, da seine persönlichen Sachen noch alle an ihrem Platz lagen. Es war allerdings auch unglaublich, dass er die Festung einfach so verlassen konnte, ohne dass ihn jemand gesehen oder aufgehalten hatte. Warum hatte er das getan? Wohin war er gegangen? Theresian las den Zettel ein weiteres Mal, ohne wirklich begreifen zu können, dass dies

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