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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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tatsächlich geschehen war. Wer sollte nun Vandriyan diese Nachricht überbringen?
    Als hätte jemand seine Gedanken gelesen, öffnete sich die Tür
des Lazaretts weit und auf der Schwelle erschien Hauptmann Vandriyan - mit zerrauften Haaren und so angespannt, dass er einem Angst machen konnte. Er war völlig aufgewühlt und kaum wiederzuerkennen. Er war außer Atem, also musste er hierher gerannt sein. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er starrte Theresian direkt in die Augen und brachte nur ein einziges Wort heraus: »Lyannen!«
    Theresian schaute verlegen zu Boden. »Er ist fortgegangen«, sagte er leise. »Ich habe es eben erst entdeckt. Schau, er hat einen Zettel hinterlassen.« Er hielt ihm das Blatt hin.
    Vandriyan riss es ihm aus der Hand. »Ein Pferd fehlt im Stall und er war nicht beim Frühstück«, erklärte er. »Er muss die Festung dort hinten verlassen haben, wo noch das Tor repariert wird. Vielleicht erklärt mir das hier, warum er es getan hat.«
    »Ich weiß es nicht.« Theresian zuckte mit den Schultern. »Er schreibt, dass er die Finsternis suchen geht, um sie zu besiegen. Und wir kennen beide den Grund dafür, nicht wahr? Nur hatte ich offen gesagt nicht geglaubt, dass er es sein würde.«
    Die beiden Männer schauten einander an. Auf unterschiedlichen Wegen waren sie über die zahlreichen Prophezeiungen informiert, darunter auch die eine, die kaum jemand anderem bekannt war, nämlich dass es einen einzigen, vom Schicksal Auserwählten gab, der dazu bestimmt war, die Finsternis zu vernichten. Die Ewigen hatten nie daran gezweifelt, dass es einer der Ihren sein musste. Doch nach dem Verschwinden des Herrn der Finsternis hatten alle gehofft, dass die Prophezeiung doch keinen Ewigen gemeint hatte, sondern im Grunde genommen auch auf einen Dämon zutreffen könnte. Und so wäre es möglich gewesen, dass Scrubb Vyrkan dieser Jemand war, der die Finsternis vernichtete. Doch das traf nun doch nicht zu, letzten Endes bezog sich die Prophezeiung doch auf einen Ewigen, auf Lyannen. Und beide wussten, dass sie Lyannen auf keine Weise helfen konnten, wenn der Orakelspruch zutraf. Sie waren am Ende der Geschichte
angelangt. Lyannen der Halbsterbliche und die Finsternis standen einander zum letzten Mal gegenüber und nur sie allein entschieden über den Ausgang.
    »Jetzt können wir nur noch hoffen«, sagte Theresian schließlich. Er hatte seine Maske fallen lassen, und nun sah man in seinen klaren Augen, die so schwarz glänzten wie Obsidian, wie besorgt er war. »Ich weiß, dass es hart ist, Vandriyan, aber so ist es nun einmal. Der Junge muss sich dieses Mal alleine beweisen. Das weißt du besser als ich. Wir müssen uns jetzt darum kümmern, was hier geschieht.« Er warf ihm einen eindringlichen Blick zu. »Sie glauben alle, dass die Sache vorbei ist, auch wir beide hatten das glauben wollen. Doch leider ist es nicht so. Darüber hinaus wird der Sire bald von uns gehen, und sein Sohn ist erst dreihundert Jahre alt, also eigentlich zu jung, um schon König zu werden. Wir haben hier jede Menge Probleme zu lösen, und ich will lieber gar nicht daran denken, was passiert, wenn das von Lyannen bekannt wird. Wir müssen sofort Greyannah darüber informieren.«
    Vandriyan erhob sich. »Zuerst müssen wir den Thronfolger informieren«, verkündete er. »Vor allen anderen.«
    Theresian sprang überrascht auf. »Wie meinst du das?«, rief er. »Der Thronfolger ist noch fast ein Knabe; er wird Fragen stellen und wissen wollen, warum Lyannen gegangen ist. Willst du ihm das erklären? Er könnte ihm eine Truppe hinterherschicken oder schlimmstenfalls selbst aufbrechen!«
    »Das ist sein gutes Recht«, erwiderte Vandriyan. »Du hast es selbst gesagt, der König wird bald von uns gehen. Das ist traurig, aber wahr. Das Erste, was ich in einer solchen Situation tun würde, ist, den König selbst zu informieren. Und da mir das nicht möglich ist, werde ich seinen rechtmäßigen Erben über alles in Kenntnis setzen. Ihm steht jede weitere Entscheidung darüber zu.«
    »Dann willst du es ihm also wirklich sagen«, sagte Theresian
und seufzte. »Und nicht nur das - du möchtest ihn auch entscheiden lassen. Ich fürchte, daraus wird nichts Gutes entstehen.«
    »Es kommt, wie es kommen muss«, sagte der Hauptmann. »Ich glaube ans Schicksal.«
    »Das ist keine Frage des Schicksals. Ich möchte kein größeres Risiko eingehen, als wir es jetzt schon tun. Aber von mir aus - lass dich nicht aufhalten.«
    »Dann gehe ich jetzt

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