Gefährten des Zwielichts

Elfen nicht zum besten steht, werden sie hoffentlich annehmen, dass wir bei den Elfen Schutz gesucht haben. Das passt ja zu den törichten Verdächtigungen dieses Bitaners. Und während Menschen und Elfen untereinander streiten, machen wir uns davon.«
    »Untereinander streiten?«, fragte Wito. »Wie lange wird das dauern?«
    Daugrula zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Wartet einfach hier.«
    Wito blickte die Nachtalbe an. Sie sah müde aus. Feine Falten zeigten sich auf ihrem rundlichen Gesicht, es wirkte ungewöhnlich hell und hatte einen fast gräulichen Ton angenommen. Die großen Augen lagen tief in den Höhlen. Es musste anstrengend sein, die Spuren des Trupps zu kaschieren. Jetzt musste sie noch falsche Fährten legen und dann ihren eigenen Rückweg tarnen. Sie musste Gibrax über den Tag bringen, und wer wusste, wann sie wieder Ruhe fanden.
    Wito hatte das Gefühl, dass sie sich alle viel zu sehr auf die Albe verließen. »Viel Glück«, wünschte er ihr.
    Werzaz untersuchte misstrauisch das Dickicht um sie herum und spähte in den finsteren Forst vor ihnen, während Gibrax trollische Gruselmären über Elfen und Einhörner erzählte.
    »Mama hat gesagt, Horn aus Elfenbein«, erklärte der Troll seinem Kumpan. »Wenn kleines Tier erwachsen wird, es schleicht im Wald und jagt Elf dafür.«
    »Donnerwetter«, sagte Werzaz. »Das Horn des Viechs, das ich gesehen habe, war beeindruckend. Aber das Maul sah nicht so aus, als könnte es einem Elfen ein Bein ausreißen.«
    Gibrax bohrte nachdenklich in der Nase. »Wenn Trolle Gliedmaßen reißen, sie packen fest zu und schütteln Beute, bis abgeht. Gibrax nimmt an, Einhörner machen dasselbe mit Elfenbein. Und dann machen mit Zauber ihr Horn daraus.«
    Werzaz sträubten sich die Haare auf der Wange. »Bei den blutigen Innereien meiner Feinde! Diese Horntiere müssen furchtbare Krieger sein, wenn sie solche Mannbarkeitsriten haben. Da hab ich ein Scheißglück gehabt, dass es mich nicht erwischt hat.«
    Darnamur und Skerna hörten zu und unterdrückten ein Grinsen. Wito zog seine beiden Freunde ein wenig beiseite in Deckung. Wenn sie schon allein bei diesen groben Gestalten zurückblieben, war es besser, sich so wenig wie möglich sehen zu lassen.
    »Und es gefällt mir gar nicht«, flüsterte Darnamur, »dass wir uns wünschen müssen, dass diese Bitaner Daugrula folgen, damit wir nicht selbst im Arsch sind. Wir brauchen dringend einen Plan, Wito, bei dem wir wieder bestimmen, wo's langgeht.«

9. K APITEL:
E INE G EMEINSCHAFT WIRD ZERSCHLAGEN

 
    I M L AUFE DER Z EIT SCHWANDEN DIE MÄCHTIGEN ALTEN V ÖLKER UNTER DEN G ESCHÖPFEN DER D UNKELHEIT , DIE F EYEN UND D RACHEN UND VIELE ANDERE . S IE ROTTETEN SICH SELBST DURCH GRAUSAMEN M ACHTKAMPF AUS , SO DASS HEUTE NUR NOCH WENIGE VON IHNEN AUF DIESER W ELT WEILEN . D IE N ACHTALBEN JEDOCH GEDIEHEN UNTER DEM S CHUTZ IHRER G ÖNNER , DER GRÖSSEREN Z WIST UNTER IHNEN VERHINDERT .
    S O IST DER N ACHTALB HEUTZUTAGE MEIST DAS HÖCHSTGESTELLTE W ESEN , DAS EIN V ERTRETER DER F INSTERVÖLKER ZU SEHEN BEKOMMT , UND UNTER G OBLINS UND T ROLLEN HAT SICH WEITGEHEND SCHON DER G EDANKE VERFESTIGT , DASS DIE N ACHTALBEN IHRE H ERREN SIND . D IESES V OLK HAT SICH SOMIT IN EINE P OSITION GEBRACHT , VON DER AUS ES WIE SELBSTVERSTÄNDLICH DAS E RBE DER ALTEN H ERREN ANTRETEN KANN , SOBALD DIESE ENDGÜLTIG GEGANGEN SIND . W IR KÖNNEN NUR HOFFEN , DASS DANN DER ALTE Z YKLUS VON N EUEM BEGINNT UND NUN DIE N ACHTALBEN EINANDER AUSROTTEN WERDEN , BIS DIE F INSTERNIS VOLLENDS VON UNSERER W ELT GETILGT IST .
    W ER ABER HEUTE EINEN N ACHTALBEN TRIFFT , DER BEDENKE WOHL : E R SIEHT EINEN F ÜRSTEN DER F INSTERVÖLKER UND EINEN H EERMEISTER VOR SICH , EINE B EDROHUNG FÜR DIE L ANDE DES L ICHTS . D ARUM SOLL UNTER DEN F REIEN V ÖLKERN NIE EIN N ACHTALB GEDULDET WERDEN , UND MAN DARF IHM SO WENIG EINE H AND REICHEN WIE IHM VERTRAUEN . D ENN DIE S CHLANGE ZERTRITT MAN AM BESTEN ALS B RUT , UND NICHTS ANDERES ALS DIE B RUT KÜNFTIGEN U NHEILS IST DER N ACHTALB IN UNSEREN T AGEN .
 
A US DEM »A LMANACH DER F INSTERVÖLKER «
VON C ONZIONARIUS C AEZO ,
P RIESTER IM T EMPEL DER S ONNE
 
    W ESTHÄNGE DER S CHRAFFELGRATE , 28 N LR,
    2 T AGE VOR B LÜTENMOND
 
    In viele kleine Fetzen verstreut lag Baskon am Grund des Tales. Diese Erfahrung war verwirrend, und er konnte sein Selbst nicht recht zusammensetzen. Auch seine Umgebung nahm er als einen Flickenteppich von Eindrücken wahr, die sich nicht aneinander fügen wollten. Es war, als blicke er