Gefährten des Zwielichts
des Blutes mit ...«
»Schon wieder diese Geschichte.« Baskons blecherne Stimme klang wie ein Seufzer. »Nein, unsere Feinde werden das Herz nicht vernichten. Ich glaube, dieser menschliche Zauberer will es für seine eigenen Zwecke gebrauchen. Im Osten muss er keine Rivalen fürchten. Er wird dort irgendwo einen ruhigen Schlupfwinkel haben, wo wir es niemals aufspüren werden, wenn wir den Feind nicht vorher im Firnbachtal stellen.«
Wito strich sich mit der Hand über die Stirn. Noch immer schmerzte die Stelle, wo Baskon ihn ein paar Tage zuvor geschlagen hatte. Aber er musste den Wardu überzeugen. Wito wusste genau, was er auf Keladis gehört hatte. Warum nahmen die großen Leute nicht ernst, was ihre Kundschafter berichteten?
Entschlossen trat er näher an Baskon heran.
Das Summen der Rüstung drang ihm in den Kopf und fuhr ihm das Rückgrat hinab. Je näher er dem Wardu kam, umso mehr wuchs das Grauen, und es half ihm nichts, dass er inzwischen mehr über Leuchmadans Gefolgsmann wusste.
»Baskon, Herr«, sagte er. »Die Grauen Lande sind in Gefahr, wenn unsere Feinde das Herz gegen uns wenden. Aber bedenkt, um wie viel schlimmer es wäre, wenn sie das Herz und das Kästchen an der Quelle des Blutes vernichten. All die Lebenskraft unserer Heimat könnte auf immer verloren gehen, die Grauen Lande auf ewig zur Wüste werden!«
»Soll ich das Geschmeiß zum Schweigen bringen?«, fragte Werzaz.
Der Wardu schüttelte langsam den Kopf. »Es ist genug«, sagte er. »Ihr Gnome mögt als Kundschafter hören und sehen, aber ihr seid klein und schwach und durchschaut die Schliche der Großen nicht. Ich verstehe besser, was dieser Zauberer und seine Gesellen vorhaben, weil ich mich selbst an ihre Stelle denken kann.«
Er wandte sich an Daugrula: »Wir machen uns also auf den Weg zum Firnbachtal. Sofort.«
»Dann bleibt immer noch die Frage, wie du das Herz im Firnbachtal finden willst«, wandte die Nachtalbe ein.
»Das will ich nicht selbst versuchen«, sagte Baskon. »Für diese Aufgabe dachte ich an einen Verbündeten.«
»Einen Verbündeten?«, fragte Daugrula überrascht. Dann erbleichte sie. »Nein. Nicht ihn.«
Sie liefen bis beinahe zur nächsten Mittagsstunde. Schon während der Nacht waren die Anstiege steiler geworden, das Gelände schroffer. Die großen Höhen lagen noch in einiger Entfernung, waren aber schon deutlich zu sehen. Und einige einsame Gipfel ragten schon hier neben dem Weg auf.
Sie zogen über wilde Wiesen und karge Weiden, in denen gelbe Blüten ihre Köpfe über das Grün erhoben. In den Tälern flossen kleine Bäche, und oft standen dort auch einzelne Hütten und Ställe, die sie jedoch mieden. Sie fanden Deckung hinter dichtem Buschwerk, zwischen Felsen und in steinigen Rinnen. Spitze Tannen wuchsen an den Hängen, einzeln oder in langen Reihen, so dass sie aussahen wie eine müde Armee, die gebeugt hügelauf marschierte.
Erschöpft hielten die Gefährten schließlich inne. Die Gnome hatten selbst nicht gehen müssen, aber der Ritt auf Gibrax' harten, schwankenden Schultern war trotzdem anstrengend, und seit Sonnenaufgang spürten sie zudem, dass der Troll unruhiger wurde. Werzaz taumelte und keuchte. Daugrula ließ sich nichts anmerken, aber kaum dass sie im Schatten einer überhängenden Steilwand Rast machten, ließ die Albe sich anmutig zu Boden sinken und nahm einen abwesenden Ausdruck an.
Baskon war undurchschaubar wie immer. Er hockte sich hin und verharrte reglos - wie die leere, leblose Rüstung, die er ja auch war. Wito hatte das Gefühl, dass das Summen des Wardu schwächer wurde und die Mittagssonne seine Ausstrahlung dämpfte.
Nachdem Gibrax sich wieder zusammengerollt und so gut wie möglich Schutz gesucht hatte, lehnte Wito sich an ihn und döste. Werzaz' Schnarchen dröhnte über den Lagerplatz. Doch im Halbschlaf hörte Wito seine Gefährten wispern und richtete sich wieder auf.
Darnamur und Skerna waren nirgends zu sehen. Wito entdeckte sie schließlich hinter dem Troll, wo sie die Köpfe zusammensteckten.
»Schlaft jetzt«, befahl er. »Ich fürchte, Baskon wird uns nicht bis zur Abenddämmerung ruhen lassen.«
Skerna blickte gereizt auf. »Ja, ja, gleich«, sagte sie und wandte sich wieder Darnamur zu. »Also gut, wer den längeren Halm ...«, hörte Wito sie tuscheln. Er ließ sich wieder zurücksinken und döste weiter.
Es dauerte nicht lange, da schrak er hoch.
Etwas hatte sich verändert, und Wito brauchte eine Weile, bis er verstand, was es war.
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