Gefährten des Zwielichts
ging als Letzter und in immer größerem Abstand zu seinen Gefährten. Er trug immer noch seine geliebte neue Waffe, die Kuh, die inzwischen nur noch ein Haufen Knochen war, von einer aufgequollenen Masse fauligen Fleisches zusammengehalten, von Fliegen umschwirrt und von Maden wimmelnd. Dabei stank der Kadaver so grauenhaft, dass selbst Werzaz schneller ging, wenn der Troll hinter ihnen dichter aufrückte.
Daugrula seufzte und ließ den Trupp Halt machen.
»Also gut. Ich kümmere mich darum. Gibrax muss das Ding jetzt loswerden, und dann suche ich mit ihm zusammen eine Höhle oder einen Spalt. Trolle haben ein Gespür für solche Dinge.«
Am Horizont zeigte sich schon ein zartrosa Schimmer, als sie endlich ein geeignetes Versteck fanden. Es war ein schmaler Spalt in einer Hügelflanke, der tief in das steinerne Mark der Erde reichte. Der Eingang lag gut getarnt hinter überhängendem Gesträuch und Moos.
Daugrula stapfte entschlossen in das dunkle Loch, ohne sich nach ihren Gefährten umzuwenden.
Es war schwer gewesen, Gibrax seine Lieblingswaffe zu nehmen. Er hatte sich gesträubt und mit Daugrula gestritten, und erst als er nach der Albe hatte schlagen wollen und der glitschige Kadaver dabei seinen Fingern entglitten war, hatte er eingesehen, dass die Kuhkeule ihre beste Zeit hinter sich hatte.
Daraufhin hatte der Troll sie in eine flache Grube gelegt und mit großen Felsen bedeckt. Mit etwas Glück würden Anwohner, die zufällig vorbeikamen, nichts finden, was sie auf die Spur der Gefährten brachte.
Allerdings hatte Gibrax sich anschließend störrisch geweigert, die Überreste der verwesten Kuh von seinem Leib zu waschen. Als er jetzt als Letzter in den Spalt trat und den schmalen Zugang fast gänzlich abschloss, wurde es unerträglich eng und muffig in der Höhle. Schon nach kurzer Zeit marschierten sie alle wieder hinaus und versammelten sich vor dem Eingang.
Daugrula setzte sich auf den Boden und atmete tief durch. Balgir rutschte von ihr herunter und landete theatralisch, alle viere von sich gestreckt, auf dem Rücken und regte sich nicht mehr. Gibrax spähte misstrauisch zum östlichen Horizont.
»Es wird Zeit für Zauber«, sagte er. »Sonne kommt.«
»Du brauchst keinen Zauber mehr«, antwortete Daugrula. »Die Höhle ist tief und dunkel, und du wirst ohnehin eine Weile hier bleiben. Wenn die Sonne dich stört, verkriech dich einfach.«
Doch während die fünf anderen sich in einem kleinen Kreis niederließen, blieb Gibrax hinter ihnen am Höhleneingang stehen.
Daugrula streckte die Hand aus. Balgir zuckte zusammen und wirbelte herum, aber Daugrula erwischte ihn am Rückenkamm. Sofort verwandelte sich Balgir in einen langen Lederbeutel; die Füße wurden zu Schnallen, die sich zu Griffen verbinden ließen, der Schwanz zu einem langen Tragriemen und der Kopf zu einer verschnürbaren Öffnung.
Diese Tasche war nicht größer als das ursprüngliche Tier. Sie maß vom Kopf bis zum Schwanz nicht einmal so viel wie Werzaz und war selbst am Bauch kaum dicker als eine Schlange. Aber aus diesem kleinen Ranzen hatte Daugrula schon mehr hervorgeholt, als eigentlich hineinpassen konnte. Darnamur nahm seinen Mut zusammen und stellte eine Frage, die die Gnome schon länger beschäftigte: »Was ist das eigentlich für ein Tier?«
Daugrula schaute kurz zu ihm hinüber und antwortete: »Das ist kein Tier. Das ist Balgir, du törichter Gnom.«
Sie löste die Schnur, kramte in der schmalen Tasche, brachte einen zierlichen Tiegel zum Vorschein und rieb sich ein wenig von der Salbe darin ins Gesicht. Ein herber, frischer Duft drang bis zu den anderen, und Gibrax in seiner Wolke aus Fliegen und Miasma murmelte etwas Unverständliches und rümpfte die Nase.
»Also ist es bald so weit«, stellte Skerna fest. »Wir holen Leuchmadans Herz. Wie kann es überhaupt vom Körper getrennt sein? Und wenn es den Elfen vor so langer Zeit in die Hände gefallen ist, warum haben sie Leuchmadan dann nicht getötet?«
»Pass auf, was du sagst, Pisspottkriecher«, knurrte Werzaz.
Daugrula hob die Hand und gebot dem Goblin, sich zurückzuhalten. »Eine gute Frage«, sagte sie. »Ihr müsst wissen, wonach ihr Ausschau zu halten habt. Ich kann euch nur bis an die Mauern von Keladis führen, aber im Inneren der Festung seid ihr auf euch allein gestellt.«
Sie blickte kurz zu Boden, strich ihr Gewand glatt und erklärte dann: »›Leuchmadans Herz‹ ist nur ein Name. Es ist kein Herz, kein pochender Klumpen Fleisch. Ein
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