Gefährten des Zwielichts
fröhlich dabei.
»Was'n los?«, fragte Werzaz. Er wischte sich eine Lachträne aus dem Auge und ein wenig Sabber vom Mundwinkel.
»Da. Sonne!«
Gibrax wies über die Heidelandschaft vor ihnen und kniff die Augen zusammen. Jetzt erkannte auch der Goblin, dass der Himmel im Osten sich rot färbte.
»Ja, da ha'n wir die ganse Nacht durch'emacht«, stellte er grinsend fest. »Hassich gelohnt, aber.«
»Nein«, sagte Gibrax. »Sonne tut Gibrax weh!«
Jetzt fiel es auch Werzaz wieder ein. Stimmt. Trolle wurden in der Sonne zu Stein, wenn man sie nicht dagegen schützte! Er stieß seinen Gefährten an.
»Worauf wart'stu dann, Steinbacke? Lauf!«
Er lief los, und der Troll folgte ihm grunzend. Sie rannten über die Weiden, an kleinen Wäldchen vorbei und auf ihr Höhlenversteck zu. Es wurde immer heller, und auf den Erhebungen im Westen zeichneten sich schon Schattenkanten und gleißende Flächen ab.
Gibrax versuchte, Mulden und Rinnen zu folgen und im Schatten der Hügel zu bleiben. Doch dabei kamen sie vom geraden Weg zu ihrer Höhle ab, dem einzigen Weg, den sie kannten. Werzaz hielt inne, um sich wieder zurechtzufinden, aber sein Gefährte lief mit geschlossenen Augen weiter. Sein hastiger Schritt verriet die zunehmende Panik.
»Halt«, rief Werzaz. »Warte! Nich' da lang ...«
Er holte den Troll ein und wies ihm den Weg, indem er an dessen zerlumpter Hose zupfte.
Dann kamen sie über einen Hügel auf eine freie Fläche, die sie überqueren mussten, und es gab keinen Schutz mehr. Als goldenes Rund stand die Sonne schon eine Handbreit über der Linie des Horizonts, und ihre Strahlen stachen so scharf, dass Gibrax mit einem Aufschrei zurücktaumelte.
Er wankte hangabwärts in den Schatten. Qualm stieg von seinem Arm auf, und an einigen Stellen hatte die hellblaue Haut sich dort grau verfärbt. Als Gibrax den Arm anspannte, blätterten die verfärbten Stellen ab wie Schuppen kranker Haut. Dunkles Blut sickerte aus den Wunden hervor.
Wimmernd hockte der Troll sich hin und umklammerte seinen Arm. Der Festpfahl der Dorfbewohner fiel zu Boden und rollte ein Stückweit den Hügel hinunter.
»Du Wurmfraßhirn!«, herrschte Werzaz ihn an. Der Goblin tanzte wie ein irrsinniger Schamane um seinen riesenhaften Begleiter herum und wusste nicht mehr weiter. Das machte ihn wütend. Und irgendwie nüchtern. »Wie konntest du das nur vergessen, mit deinem riesen Brockenkopf!«
»Hab's einfach vergessen«, erwiderte Gibrax kläglich. »Gar nicht mehr drauf geachtet.«
»Aber warum?«, fragte Werzaz. »Ich dachte, ihr Trolle habt's im Blut. Und findet immer rechtzeitig ein Versteck.«
»Die Nachtalbe ist schuld«, sagte Gibrax. »Hat mir jeden Morgen Zauber gegeben, dass ich Sonne widerstehen kann. Ich hab mich einfach dran gewöhnt.«
Natürlich.
Werzaz ließ sich neben seinem Gefährten nieder.
»Uns muss etwas einfallen. Wir sind doch schon fast bei der Höhle.«
Aber ihm fiel nichts ein, und die Nachtalbe hatte sie ohne jeden Zauber für den Troll zurückgelassen. Das Sonnenlicht kroch wie ein leuchtender Teppich auf sie zu, und der Schatten des Hügels, in dem sie kauerten, schmolz dahin wie ein Schneefeld ... nun, eben in der Sonne.
Werzaz sprang auf, rannte auf die Hügelkuppe und kam wieder zurück.
»Schatten. Ich brauche Schatten für dich!«, rief er.
Er stellte sich vor Gibrax, der sich ganz klein gemacht hatte.
»Zieh deine Hose aus«, forderte er.
»Meine Hose?«, fragte Gibrax.
»Vertrau mir«, sagte Werzaz. »Ich habe einen Plan.«
Misstrauisch legte der Troll seine zerlumpte Hose ab. Werzaz trennte sie zu einem möglichst großen Tuch auseinander und band sie an den langen Pfahl aus dem Dorf. Mit dem Säbel und Teilen seiner Rüstung spannte er den Stoff so weit wie möglich und formte eine Art Segel. Dann fasste er Gibrax an der Hand und führte ihn zu dem Pfahl.
»Und jetzt halt den Stoff über dich, so dass er Schatten wirft. Dann lauf zur Höhle, so schnell du kannst.«
Gibrax zögerte. Nur noch eine schmale Schattenzunge vor dem Hügel schützte ihn, und überall darum herum blinzelte das Heidekraut schon rosig in den jungen Morgen. Ein Flimmern über der Kuppe kündigte an, dass die Sonne jeden Augenblick auch die letzte Bastion der Nacht erstürmen würde. Mit einem Seufzer nahm Gibrax den Pfahl und hob den Stoffbaldachin hoch, und ein unregelmäßig geformter Schatten huschte irgendwo ein gutes Stück von ihm entfernt über die Wiese.
Gibrax legte die Zunge zwischen die Lippen und
Weitere Kostenlose Bücher