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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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balancierte die Stange so lange hin und her, bis der Schatten sich auf ihn zubewegte, in den dunkleren Schatten des Hügels eintauchte und verschwand.
    »Ja«, bestätigte Werzaz. »Jetzt stehst du genau richtig.«
    Er sprang auf und klatschte in die Hände.
    Gibrax umklammerte den Pfahl wie einen rettenden Halt, der ihn vor dem Absturz bewahrte. Dann nahm sein Gesicht einen entschlossenen Ausdruck an. Er zwinkerte Werzaz zu. »Wir sehen uns in Höhle - oder anderswo!«
    Er sprang auf, stieß einen verzweifelten Kriegsruf aus und stürmte auf die Hügelkuppe. Mit seinem Sonnenschirm kam er drei Schritte weit ins Licht, und tatsächlich schwebte der Schatten des Hosenstoffs genau um ihn herum.
    Doch als Schutz und Wehr taugte der Stoff so wenig wie ein dünner Wolkenfetzen.
    Gnadenlos stachen die Lichtlanzen des Taggestirns durch den Stoff und malten graue, qualmende Linien auf Gibrax' Haut. Der Troll schrie auf und krümmte sich, sein Sonnensegel schwankte. Wo das Licht auf den unverhüllten Leib traf, fraß es augenblicklich große Bissen aus dem lebenden Fleisch und ließ grauen toten Stein zurück.
    Verzweifelt versuchte Gibrax zu laufen, das Segel ruhig über sich zu halten, doch der schwächliche Schatten zögerte sein Schicksal nur hinaus und machte das Geschehen umso qualvoller. Statt in einem Augenblick zu versteinern, verbrannte er nun langsam. Die steinernen Geschwüre, die sich in seinen Leib fraßen, sahen aus wie festgestampfte Asche.
    Gibrax' Kriegsruf wurde zu einem Schrei des Schmerzes, zu einem Laut tiefster Agonie. Bei jeder Bewegung platzte Stein von ihm ab und hinterließ grässliche Wunden. Die Sonne hatte schon so viel von seiner Substanz gefordert, dass sein Blutkreislauf stockte. Die letzten blauen Stellen auf seiner Haut wurden blasser, dann grau, und schließlich so dunkel wie Papier in der Flamme.
    Gibrax strauchelte. Er krümmte sich, schlang die Arme um den Pfahl, so dass das Segel zusammenfiel und keinen Schatten mehr spendete. Mit einem letzten Ächzen erstarrte er zu Stein.
    Wie eine Standarte ragte der Pfahl mit dem zerlumpten Hosenstoff über der nackten Trollgestalt auf.
    Werzaz stand selbst da wie erstarrt und blickte entsetzt auf seinen Kampfgefährten, der den Goblin auch zu Boden gestreckt noch überragte. Und doch so hilflos und ... tot war.
 
    Da näherten sich weitere Schritte dem Nebengelass. Wito und seine Gefährten blickten einander an. Skerna rieb sich die aufgeschrammte Stirn. Dann liefen sie alle an der Tür entlang in Richtung Innenkante - gerade rechtzeitig. Als die Tür ganz aufgestoßen wurde, konnten sie ihr ausweichen.
    »Was ist denn hier los?«, fragte eine Stimme.
    »Hm, wir ...«, kam ein piepsiges Stottern aus dem Inneren des Raumes.
    »Was macht ihr hier?«, fragte jemand, und die Gnome erkannten die Stimme des Elfenkönigs.
    »Und wer seid ihr?«, fragte jemand anderes. Die Stimme kannten sie nicht, aber es war zweifellos ebenfalls ein Elf.
    »Wir ...«
    Weitere Stimmen drangen in die Kammer. Unter dem Türspalt hindurch sahen die Gnome Bewegung, während sie selbst hinter der Tür in Deckung standen. Die Aufmerksamkeit der großen Leute galt nicht ihnen.
    Die drei krochen wieder ein Stück unter den Türspalt, bis sie sehen konnten, was auf der anderen Seite vorging.
    Eine große Menge hatte sich vor der Türöffnung versammelt, in der immer noch der gestrauchelte Elfendiener mitsamt dem Kleiderständer lag. Der Elf setzte sich auf und rieb sich den Kopf.
    Auf der anderen Seite, in der vollgestellten Kammer, standen zwei Wichtel, der eine mit wirrem braunen Schopf und einem Kindergesicht, das schon ziemlich gealtert wirkte, der andere mit rötlichen Locken und von etwas rundlicherem Körperbau. Beide schauten verlegen drein und kratzten sich am Kopf.
    Die Gnome erhaschten auch einen genaueren Blick auf diejenigen Ratsmitglieder, die am Tisch zu weit von ihnen entfernt gesessen hatten. Perbias der Elfenkönig stand ganz vorn. Der schlanke Elf war tatsächlich ganz in Weiß gekleidet, vom seidig glänzenden Wams bis hin zu den Schnürschuhen, die in einem hochgewölbten Schnabel ausliefen.
    Gulbert der Zauberer stand dicht bei ihm. Aus der Nähe betrachtet wirkte er nicht so alt, wie sein weißes Haar vermuten ließ: Der wallende Bart und die schulterlangen Haare umrahmten ein Gesicht, das voll und gesund wirkte; auf der hohen Stirn standen einige würdige Altersfalten, aber kaum Runzeln. Seine graue Kutte zeigte einen Stich ins Bläuliche - tatsächlich

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