Gefährten des Zwielichts
das Schwarz am Himmel wirkte viel bleicher.
W ESTLICHE S CHRAFFELGRATE , 28 N LR,
2 T AGE VOR B LÜTENMOND
Baskon flog zu seiner einsamen Felsnadel in den Vorbergen. Er ließ Rujan so lange wie möglich tief über die Landschaft gleiten, wo er vom Boden her zwar leichter auszumachen war, aber seine ledrigen Schwingen noch in der Dunkelheit badeten.
Als die Sonne sich ganz über den Horizont erhoben hatte und es keinen Schatten mehr gab, ließ Baskon den Mantikor höher steigen und legte das letzte Stück am gleißenden Morgenhimmel zurück.
Beinahe wünschte er sich, die Gnome hätten recht und ihre Gegner wollten Leuchmadans Herz tatsächlich vernichten. Die Schatulle war nur an einem einzigen Ort zu öffnen, an der Quelle des Blutes, Leuchmadans alter, magischer Wirkungsstätte. Diese lag mitten in den Grauen Landen. Wenn die Feinde dorthin unterwegs waren, musste er einfach nur zurückfliegen und ein Heer in Marsch setzen, das diese Verrückten erwarten und das Herz pflücken würde wie eine reife Frucht.
Aber die lichten Völker würden nicht vernichten, was sie ebenso gut gegen Leuchmadan gebrauchen konnten ... Die Gnome hatten es gründlich missverstanden. Oder schlimmer noch. Vielleicht war der Feind auf die winzigen Kundschafter aufmerksam geworden und hatte sie bewusst in die Irre geführt. Aber Baskon konnten sie damit nicht täuschen.
Allerdings hatte er nur eine kleine Schar zur Verfügung. Sie waren ausgeschickt worden, um das Herz von einem genau bekannten Ort zu holen, nicht, um die ganzen Lande zwischen Bitan und dem Elfenwald danach zu durchkämmen. Also mussten sie das Herz in Komfir abfangen. In dieser Menschenstadt hatte Fürst Sukan viele Truppen bereitgestellt, und vermutlich würden ihre Feinde die Schatulle dorthin bringen, wo die Nachtalbe und ihre Meute sie bereits erwarteten.
Andererseits dienten diese Truppen womöglich nur der Ablenkung. Wenn das Herz auf einem anderen Weg transportiert wurde, war es schwer aufzuspüren. Baskon wusste nicht genau, wann es von Keladis weggebracht werden sollte. Womöglich waren die Herzdiebe schon unterwegs? Unter den Bäumen konnte Baskon sie nicht sehen, denn Laub und Geäst trübten seine Wahrnehmung. Er konnte also nur jeden Tag seine Erkundungsflüge unternehmen und darauf hoffen, dass er sie zufällig entdeckte.
Inzwischen war Baskon wieder auf dem Felsvorsprung gelandet, auf dem er schon so viel Zeit mit Warten verbracht hatte. Rujan drückte sich tief in die Mulde am Steilhang und barg das Echsenhaupt unter den Flügeln. Ganz langsam stieg die Sonne zum Mittag, und Baskon selbst saß mit gesenktem Haupt auf dem Sims und spürte die Wärme auf dem Stahl seiner Rüstung. Das Metall veränderte sich - er selbst veränderte sich.
Jeden Tag.
Das war ein Gedanke, den er festhalten musste. Ein unangenehmer Gedanke. Die Feinde würden nicht des Nachts reisen. Am ehesten fand er sie bei Tageslicht. Aber dann war er am schwächsten, und sein Reittier wäre ständig an der Grenze zur Panik. Außerdem wurde er am Tag auch selbst leichter entdeckt, und wer weiß, was die Elfen unternahmen, wenn sie einen Wardu in der Gegend bemerkten?
Doch nach seinem Zusammenstoß mit den Bitanern würde sich ohnehin bald überall herumsprechen, dass er da war. Er musste bei Tag fliegen, ob es ihm gefiel oder nicht.
Ohne den Kopf zu heben, schaute Baskon zu Rujan und beschloss, noch nicht. Er wartete die grellen Mittagsstunden ab. Dann erhob er sich wieder und blickte über die Kante auf den Wald zu seinen Füßen.
Unter den Bäumen konnte sich eine ganze Armee verstecken, Baskons Sinnen entzogen. Auf der anderen Seite, Richtung der hohen Berge, kreisten wieder die Vögel in der Ferne. Sie wirkten wirklich sehr groß.
Baskon befahl den widerstrebenden Mantikor herbei und stieg auf. Rujan streckte den Kopf vor und geriet ins Schlingern, als er losflog. Die Abenddämmerung war noch fern, und der Mantikor spürte, dass er viele Stunden Sonnenlicht vor sich hatte.
Baskon schickte seinen Klang in das Zaumzeug und wies sein Reittier zur Ordnung. Mit einigen trägen Flügelschlägen flog es höher, stieg über die Spitze der hoch aufragenden Warte hinaus und schlug einen Bogen, um nach Westen davonzugleiten.
Die großen Vögel schwebten immer noch im Osten. Sie kreisten über der Passstraße.
Kurz entschlossen wendete er Rujan und flog nun doch tiefer in die Berge hinein. Er würde seine Suche nicht beginnen, bevor er nicht erkundet hatte, was da in seinem
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