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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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mit dem Rücken zu mir, und sah sich staunend um. Ich hätte gern sein Gesicht gesehen, hatte aber Angst, mich zu bewegen. »Das gehört dir, Junge. Du brauchst keine Miete zu zahlen, obwohl die meisten Bewohner dieser Zimmer freiwillig unten mithelfen. Aber wie ich schon sagte: keine Drogen, keine Partys. Und wir werden dir in den Ohren liegen, zur Schule zu gehen.«
    Er sagte nichts. Ich dachte an Jack, an den Dämon, und trat dichter hinter ihn. »Byron, ich muss noch etwas erledigen. Ist es okay, wenn ich dich erst mal hier allein lasse?«
    Er nickte. Ich streckte die Hand über seine Schulter und hielt ihm den Zimmerschlüssel hin. »Der Schlüssel passt auch in die Haupttür. Wir wechseln das Schloss aus, falls du bleiben willst.«
    Byron sah den Schlüssel an und nahm ihn mir fast zärtlich aus der Hand. Rohw zog an meiner Hand, reckte sich dem Jungen entgegen. Er wollte, dass ich meinen Handschuh auszog. Ich ignorierte ihn. Dann trat ich von Byron zurück und schob meine widerstrebende Hand in die Jackentasche.
    Als ich hinausgehen wollte, drehte sich der Junge leicht um. »Maxine.«
    Maxine. Dass er meinen Namen aussprach, hörte sich merkwürdig an. Er redete so leise, dass ich ihn kaum verstand. Sein Gesicht konnte ich immer noch nicht erkennen.
    Die Hand hing an seiner Seite herunter. Er umklammerte den Schlüssel. »Der Mann, der Brian ermordet hat … Er war einer von ihnen. Du weißt schon. Er gehörte zu den Leuten, die Drogen verkaufen und Mädchen entführen.« Byron hielt inne. »Du hast mich gestern danach gefragt, ich habe deine Frage aber nicht beantwortet.«
    »Danke«, sagte ich ernst. »Du hast mir wirklich geholfen.«

    Der Junge nickte knapp. Er wirkte in seiner heruntergekommenen Kleidung klein und dürr. Mich überkam das Bedürfnis, mit ihm einkaufen zu gehen, was bedeutete, dass ich hier weg musste. So eine Scheiße! Meine Mutter hatte recht gehabt. Wenn man zu lange an einem Ort blieb, konnte man rasch den Verstand verlieren.
    Ich schloss die Tür hinter mir und ging. Jetzt musste ich nur noch mit Grant reden.
    Ich fand ihn in der Kapelle. Er hockte auf dem Rand eines Stuhls neben der Kanzel und spielte Flöte. Den Gehstock hatte er gegen seinen Schenkel gelehnt. Mehr als die Hälfte der Plätze vor ihm waren besetzt. Er war bereits in seiner morgendlichen Inspiration versunken, etwas, was die ständigen Bewohner hier nur »den Tick des Mannes« nannten.
    Es war eine rein informelle Angelegenheit. Grant hatte zwar das Priesteramt aufgegeben, aber der Priester in ihm war geblieben. Er sprach gern morgens zu jedem, der zum Beten hierherkam. Nichts Süßliches oder Verdammendes. Nur ein paar sanfte Gefühle, meistens über Zuversicht, darüber, Freude am Leben zu finden. Und seiner Ansprache folgte Musik. Immer Musik.
    Heute Morgen spielte er »Danny Boy« und ließ die melancholischen Töne durch den Raum schweben. Macht kribbelte über meine Haut. Der Mann bei der Arbeit. Grant war der einzige andere Mensch, den ich je getroffen hatte, der auf der Grenze des Weltlichen und des Übernatürlichen balancierte. Es gelang ihm mit Leichtigkeit und Anmut. Er spielte seine Musik, maskierte sie als kurze Unterhaltung und veränderte dabei die Auren der Versammelten auf eine subtile, ruhige Art und Weise. Er erzeugte eine gewisse geistige Leichtigkeit bei den Leuten, ein Gefühl von Möglichkeiten, Hoffnung - was ihre Verzweiflung linderte.

    Grant war in der Lage, in jedem Freude zu erzeugen. Außer in mir. Ich war die einzige Person, die er nicht beeinflussen konnte. Was sehr gut war. Ich hatte meine eigene Art und Weise, glücklich zu sein, vertraute auf kleine Augenblicke. Bruchstücke, die sich in meiner Erinnerung wie die Flicken eines Quilt zusammenfügten, oder Szenen aus einem Film, einem Western, in dem es ein einsamer Revolverheld mit einer ganzen Armee aufnimmt. Schlechte Einstellung, fürchterliche Chancen. Schwer umzubringen.
    Ich sah auch Zombies unter den Zuhörern, verzückte Zombies.
    Du spielst mit dem Feuer, Grant , dachte ich, unfähig, die alte Beklemmung abzuschütteln, die aus meiner Angst um ihn resultierte. Weil er Seelen und Dämonen nur mit einem Lied verändern konnte.
    Ich befürchtete, dass er sich eines Tages selbst verändern würde.
    Schritte trampelten im Flur. Ich ging hinaus und sah Mary, die Hals über Kopf zur Kapelle rannte. Sie trug ein Kleid mit riesigen Sonnenblumen und einen viel zu langen Pullover, der ihr bis zu den Knien reichte und den Katzen in der

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