Gefaehrtin Der Daemonen
gingen in ein Wartezimmer. Grant war nicht da. Keine Polizei, keine Armee russischer Killer, die unseren Jungen umlegen wollten. Die einzige andere Person war eine alte Frau, die zusammengesunken auf einem Stuhl in der Ecke saß und die Nachrichten verfolgte. Es ging immer noch um den Iran. In der Laufschrift am unteren Rand des Bildschirms verkündeten große rote Buchstaben »Erdbeben«. Sie ragten in die verstörende Aufnahme eines Mannes hinein, der die Fäuste schreiend gegen den nächtlichen Himmel hob.
Die Tür war verschlossen. Ich nahm den Hörer von der Gegensprechanlage an der Wand daneben und wählte die Null. Nach zwei Klingeltönen meldete sich eine Frau. Sie klang energisch, nüchtern. Ich fragte nach Byron Cooperon. »Ja, jemand von seiner Familie ist schon hier. Sind Sie die Frau seines Onkels?«
»Ja«, log ich.
»Kommen Sie rein.« Die Tür klickte.
Die Luft auf der anderen Seite schmeckte kalt und stark nach Desinfektionsmitteln. Sie fühlte sich schmutzig an, stank förmlich nach Chemie. So etwas hasste ich. Ich war nur selten in einem Krankenhaus gewesen, und noch nie meinetwegen. Nur um zu jagen. Mediziner waren furchterregende Zombies.
Vor dem Schwesternzimmer stand eine Gruppe von mehreren Frauen, die sich an den Tresen lehnten und Klemmbretter vor sich liegen hatten.
»… ist schrecklich«, sagte eine. »Heute Morgen hat es überall im Mittleren Osten Erdbeben gegeben. Und dann diese vielen Toten. Das Rote Kreuz bittet schon darum, dass sich freiwillige Helfer melden.«
»Ich habe da schon während des Hurrikans Katrina mitgemacht«, antwortete eine andere. »Aber das war wenigstens in den Vereinigten Staaten. Hier gehe ich jetzt nicht weg, jedenfalls nicht solange meine Kinder in der Schule sind.«
»Mount St. Helena wird als Nächstes explodieren«, mischte sich die dritte ein. »Seattle ist längst überfällig!«
»Vielleicht fallen auch Heuschrecken vom Himmel«, flüsterte mir Sucher ins Ohr. »Oder Wasser verwandelt sich in Blut.«
Ich sah ihn scharf an, versuchte herauszufinden, mit was für einem Mann ich es eigentlich zu tun hatte. »Du willst doch wohl nicht sagen, dass Dämonen auch für Erdbeben verantwortlich sind?«
Er verzog den Mund. »Streng mal deine Fantasie an.«
Ich starrte ihn an, als ich hinter mir ein vertrautes Klicken hörte, schwach und behutsam. Ich drehte mich um. Grant stand in der Tür eines Zimmers in der Mitte des langen Korridors. Begierde durchzuckte mich. Er trug eine Jeans und einen ausgeblichenen blauen Pullover. Sein Haar war zerzaust. Er stützte sich auf seinen Gehstock, während er von mir zu Sucher hinübersah.
Als er den Mann betrachtete, schien alles an ihm scharf zu werden, so scharf wie Reißzähne, und er musterte den Scheitel von Suchers Kopf mit einer Intensität, die an einen Wolf erinnerte, der sich zum tödlichen Angriff bereit macht. Beide Männer
wirkten wie Wölfe. Die Schwestern verstummten und beobachteten uns.
Ich ging zu Grant, ganz schnell. Sein Blick zuckte kurz zu meinem Scheitel. Meine Aura und mein Herz waren entblößt. Als ich ihn erreichte, waren meine Knie so weich wie Gummi. Er schlang den Arm um meine Taille und zog mich so fest an sich, dass ich kaum Luft bekam. Ich schloss die Augen, das Herz hämmerte mir heftig in der Brust. Er drückte seine Lippen in mein Haar.
Ich genoss einen Moment lang seine Umarmung, nur für einen Herzschlag. Wir hatten keine Zeit, es war nicht der rechte Ort; und es sahen die falschen Leute zu. Dann erwiderte ich seinen Blick, kurz und doch lang genug, um die neuen Falten um seine Augen zu bemerken. Er trat zurück und ließ mich in das Krankenzimmer. Ich trat ein und drehte mich um, als Sucher mir folgte. Er glitt wie ein Schatten in den Raum, dicht an Grant vorbei. Einen Moment flammte Furcht in mir hoch, als die beiden so dicht zusammen waren. Aber keiner der beiden Männer tat etwas. Sie starrten sich nur an, ohne zu blinzeln, und die Energie, die sie ausstrahlten, ließen die Jungs in ihrem Schlaf zucken.
Es war ein Einzelzimmer. Das Licht schien gedämpft, die Vorhänge waren halb geschlossen. Byron lag im Bett und schlief wohl. Seine Wunden waren gesäubert worden, aber die Schwellungen schienen schlimmer geworden zu sein. Ich erkannte kaum noch sein Gesicht.
Grant humpelte herein und schloss die Tür leise hinter sich.
»Maxine«, brummte er, ohne den Blick von dem anderen Mann zu nehmen, »geht es dir gut?«
»Mir geht’s wunderbar«, log ich.
»Und was wenn
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