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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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bereit.«
    Dann war sie verschwunden, und ich spürte den Regen auf meinem Gesicht. Verdächtig salziger Regen, und am goldenen Himmel glühten Wolken. Ich war nicht allein. Zee und die anderen bedeckten meinen Körper, starrten mir in die Augen, tätschelten meine Wangen. Oturus Haar war immer noch um mein Handgelenk geschlungen.
    »Jägerin«, murmelte er.
    Ich schloss die Augen, versuchte, mich an das Gesicht meiner Großmutter zu erinnern, an ihre Stimme, den Duft ihrer selbstgedrehten Zigaretten. An meine Mutter, so jung, unbeschwert, ohne den harten Schimmer in ihren Augen, an den ich mich aus meiner Jugend erinnerte.
    Der Samenring lag auf meinem Bauch. Er war heiß, glühte. »Maxine«, wisperte Zee. »Wir erinnern uns.«
    Tränen stiegen mir in die Augen. »Es war die Wirklichkeit.«
    »Du bist in der Zeit gereist«, sagte Oturu. »Der Ring, den du trägst, stammt aus dem Labyrinth, wurde entworfen und aus einem Erz geschmiedet, das man im Herzen des Labyrinths gewann. Er ist ein Schlüssel, Jägerin. Ein Schlüssel zu jeder Tür, in eine jede Zeit hinein, an jeden Ort. Ein Schlüssel, der die Sehnsucht und das Verlangen seines Besitzers widerspiegelt.«
    Ich legte meine Hand auf den Samenring. »Als ich die Erinnerungen beschwor …«
    »… hat er dich dorthin gebracht, mit Körper und Seele.« Oturus Kinn sank auf seine Brust. »Du musst aufpassen, Jägerin. Der Ring ist jetzt an dich gebunden. Du kannst ihn nicht abnehmen, bis zu deinem Tod.«
    Ich starrte ihn an, versuchte, das dicke Band von meinem Finger zu streifen. Es rührte sich jedoch keinen Millimeter. Einen
Moment lang überkam mich Panik; ich holte Luft und bemühte mich, ruhig zu bleiben. »Woher weißt du so viel darüber?«
    »Weil er ihr gehörte. Ein Geschenk, vom Labyrinth. Er war ausschließlich für sie gedacht. Dass er sich an dich gebunden hat …« Oturu beendete den Satz nicht, das brauchte er aber auch nicht. Ich hob die Hand, betrachtete das eiserne Band, in das feine Linien eingraviert waren, die sich wie Rosen krümmten. Ich erinnerte mich an die Leiche im Fluss der Ödnis, an das Gefühl des Kettenpanzers, die Knochen. Ich hatte ein Grab bestohlen. Die Familie.
    Zee und die anderen drängten sich an mich.
    »Ihr wusstet es«, sagte ich zu ihnen. »Ihr wusstet, dass ich in der Zeit zurückreisen würde. Ihr habt mich getroffen.«
    Rohw und Aaz starrten auf ihre Füße. Zee kaute an den Spitzen seiner Krallen. »Mehr Geheimnisse. Dinge, die wir nicht sagen konnten.«
    »Das Schicksal ist sehr fragil«, murmelte Oturu. »Wie ich schon sagte, Jägerin, du musst aufpassen. Sie hatte ihre Schwierigkeiten, seine Macht zu kontrollieren. Du wirst ebenfalls Schwierigkeiten bekommen.«
    Er stand auf, ich konnte seine Zehen aus der Nähe betrachten. Sie ähnelten Steakmessern von der Länge meiner Unter arme. Er nahm den Samenring und schob ihn tief in den Schlund seines Umhangs.
    »Jägerin«, wisperte er. »Gefahr im Verzug.«

18
    Z ehn Minuten bis zum Morgengrauen. Zehn Minuten, die ich überleben musste.
    Ich stürmte die Stufen in die Wohnung hinunter. Aber auf halbem Weg zuckte ein starker Arm vor und packte mich.
    Sucher. Er drängte sich an mich, presste mich an die Wand und drückte seinen Mund an mein Ohr. Dek schnurrte, Zee und die anderen umschlangen meine Beine. Sucher roch wie die Wüste bei Sonnenuntergang, heiß und voller Schatten.
    »Wir haben unten ein Problem«, murmelte er. »Grant hat Mary weggeschafft, aber der Junge ist aufgewacht. War nicht sonderlich glücklich über all die Fremden. Er wollte weg, hat die Tür geöffnet, und davor wartete bereits ein Zombie auf ihn. Ein Russe. Alter Mann.«
    »Edik«, flüsterte ich, während Mal seinen Schwanz um meinen Nacken schlang. »Der Hundesohn.«
    »Er hat eine Pistole und sitzt neben dem Jungen. Und Jack. Ich habe Angst, dass ich nicht schnell genug sein könnte, um den Dämon daran zu hindern abzudrücken.«
    Rohw knurrte. Ich versuchte, mich an Sucher vorbeizuschieben. Er gab aber nicht nach. Ich sah ihm in die Augen. Sein Atem strich warm über mein Gesicht. Ich versuchte erneut, ihn wegzuschieben. Vergeblich.

    »Was?«, fragte ich, bekam aber nur einen nachdenklichen Blick als Antwort. Es war unangenehm, als versuchte er, sich mein Gesicht einzuprägen. Als stünde uns ein Lebewohl bevor. Als würde er mich nicht mehr wiedersehen.
    »Es tut mir leid«, erklärte Sucher schließlich.
    »Es tut dir leid?«
    Er seufzte. »Dass ich dich vor den Bus gestoßen

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