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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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man war ein Dämon.
    Ein schmaler Fußweg führte von der Einfahrt am Haus der Campbells vorbei zum Garten. Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte Grant, doch ich nahm seine Hand und zog ihn mit, als würden wir hier wohnen. Selbstbewusstsein war die Hauptsache, auch wenn es nur gespielt war. So viel konnte schiefgehen.
    »Drehen Sie sich nicht um«, murmelte ich. »Sehen Sie einfach nach vorn. Sie leben hier, Sie sind ein Gast …«
    »Sie haben für meinen Geschmack viel zu viel Übung in solchen Dingen«, knurrte Grant. »Haben Sie eigentlich jemals im Gefängnis gesessen?«
    »Bis jetzt noch nicht«, erwiderte ich leise. »Aber wenn ich Ihretwegen dort landen sollte, werden wir aneinandergeraten.«
    Wir liefen an der Einfahrt entlang zur Rückseite des Hauses. Niemand hielt uns auf. Zee verschwand zuerst in den Schatten, einen Augenblick später folgte ihm Aaz. Rohw wartete, witterte in der Luft und verdrehte die roten Augen. Dann setzte er sich über den Pfad in Bewegung, aber nicht, bevor er uns noch einen Abschiedsgruß mit den Klauen zuklapperte.
    Der Pfad war schmal und feucht. Links von uns war das Haus, rechts erhoben sich regennasse Rosenstöcke. Die Luft roch angenehm. Vor uns hörte ich das gedämpfte Geräusch eines Körpers, der über das Gras gezogen wurde. Ich ging schneller.
    Rohw tauchte vor mir auf und packte meine Hand. Er zog. Ich folgte ihm und zerrte Grant hinter mir her. Wir landeten in einem Garten voller Sträucher und Bäume, mächtigen Rosenstöcken und einem großen Spielhaus mit einem Campingzelt davor.
    Das war unser Ziel. Hinter uns im Haus hörte ich das Klappern von Töpfen, dann eine Frauenstimme, die jemandem etwas zurief, ihrem Mann. Die Hintertür stand offen; sie musste sich sehr sicher fühlen, wenn sie ihren Sohn bei diesem Wetter abends
draußen spielen ließ. Vielleicht war sie aber auch einfach nur froh, ihn für kurze Zeit vom Hals zu haben.
    Grant und ich krochen in das Plastikzelt. Es stank nach schmutzigen Socken. Der Boden war feucht, und der Junge lag flach auf dem Rücken. Zee und Rohw hielten ihn fest und sorgten dafür, dass er nicht schreien konnte. Abgesehen von der dunklen Aura wirkte er ängstlich und wütend. Und sehr jung.
    Ich hasste das. Wie ich diesen Teil hasste.
    Aaz klappte vorsichtig ein ausgeschnittenes Rasenstück zurück, griff hinein und wühlte mit einer Hand in der Erde. Es war zwar dunkel, aber ich hatte gute Augen. Ich sah, wie er etwas Pelziges aus dem Boden zerrte. Ein Eichhörnchen, in Isolierband eingewickelt, das nur Kopf und Schwanz frei ließ. Das kleine Wesen war tot, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass es noch gelebt hatte, als es in die Erde gelegt wurde. Vermutlich wurden um uns herum noch mehr kleine Körper beerdigt. Mein Blick fiel auf die Werkzeuge, die im Zelt verstreut lagen.
    Es war sehr eng, ich legte mich auf die eine Seite neben den Jungen, während Grant sich auf die andere neben ihn hockte und seinen Stock weglegte. Als mich das Zombiekind sah, verdrehte es die Augen so weit, dass fast nur noch das Weiße zu sehen war. Als es jedoch Grant entdeckte, erschütterte ein so heftiges Zittern seinen schmalen Körper, dass seine Hacken auf den Boden trommelten. Der Junge wehrte sich, doch Aaz saß fest auf seinen Knöcheln.
    »Der Junge kennt Sie«, murmelte ich. Ein Zucken in Grants Gesicht bestätigte meinen Verdacht. »Woher?«
    Grant erwiderte überhaupt nichts. Beunruhigt drückte ich meine Hand auf die Stirn des Zombiekindes. Ich konnte den Dämon in ihm fühlen. Er hatte sich wie eine Faust um seine Seele geschlungen. Ich lockte ihn hervor, an die Oberfläche seines Geistes. Wie das funktionierte, war mir bis heute nicht ganz
klar. Jedenfalls fühlte ich plötzlich einen Haken in der Hand, den ich durch die Haut jagen konnte, um Dämonen zu angeln. Den Trick hatte mir meine Mutter beigebracht. Damit gelang es mir, die Dunkelheit zu fangen und festzuhalten.
    Der Junge starrte ausschließlich Grant an. Ich kam mir vor, als würde ich die zweite Geige spielen. Das war eine Premiere für mich, und ich sah Zee an, der den Mann ebenfalls beobachtete. Der Blick seiner roten Augen wirkte beunruhigt, kein gutes Zeichen. Doch Grant schien lediglich aufgeregt zu sein. Er griff in die lange schwarze Schachtel, die er an einem Band über der Schulter trug, und zog eine schmale Holzflöte heraus.
    »Was tun Sie da?«, wollte ich wissen. Grant zögerte. Zee knurrte heiser, während der Zombiejunge mit einem erstickten Schrei

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