Gefaehrtin Der Daemonen
Mal wanden
sich um meinen Hals, damit sie besser sehen konnten, und ich beugte mich über Zees Faust. Dabei war ich mir durchaus bewusst, dass Grant mich beobachtete. Die Knöchel der Hand, mit der er Stock und Flöte umklammerte, waren weiß.
Schließlich hörte der Dämon auf, sich zu wehren. Sein schmächtiger Körper beruhigte sich. Er zischte. »Jägerin Kiss.«
»Ja«, flüsterte ich. »Wenn du weißt, wer ich bin, wirst du ja auch wissen, was das heißt.«
Ein hohes, feines Knurren erfüllte das Auto. »Reden oder Folter. Keine Wahl.«
»Keine Wahl«, bestätigte ich.
Der Dämon schrie, aber das kannte ich schon. Irgendwann hörte es auf, immer. Während er heulte, dachte ich an meine Mutter. Daran, wie ich ihre blutüberströmte Leiche gehalten und mit einer leeren Hülle in einer nassen, warmen Blutlache gesessen hatte; erinnerte mich an mein eigenes Geschrei, daran, wie ich aufgehört hatte, und an das Knurren der Jungs im Hintergrund, ihre Jagd, wie sie töteten. Ich erinnerte mich daran, wie sie in die Küche kamen, besudelt mit dem Blut einer anderen Person. Mit Zombieblut. Menschlichem Blut. Ich erinnerte mich daran, wie sie Blut weinten. An den Leichnam der Frau gedrängt, die fast dreißig Jahre lang für sie gesorgt hatte.
Meine Vergangenheit, meine Zukunft. Der Dämon, der kleine Zombiemacher, hörte endlich auf zu schreien.
»Sprich mit mir«, forderte ich ihn auf. »Erklär mir, woher du diesen Mann kennst und wieso du ihn tot sehen willst.« Ich deutete auf Grant, der mich angespannt und ernst beobachtete, ohne sich zu rühren.
»Flötenspieler«, krächzte der Dämon. »Betrüger. Perverser.«
»Wirklich?« Ich warf Grant einen Seitenblick zu. »Beachtlich.«
»Maxine …«
Ich hob die Hand, unterbrach ihn und richtete meinen Blick wieder auf den Dämon. »Erzähl mir mehr.«
»Er bestiehlt uns.« Die rauchige Luft in Zees Faust flatterte. »Er verdirbt uns. Nimmt uns unsere Mutter weg.«
»Eure Mutter.«
»Die dunkle Königin«, flüsterte der Dämon. »Mamablut.«
Mamablut . Ich hielt die Luft an. Die Jungs murmelten leise vor sich hin. Grants Blick zuckte zu ihnen, dann richtete er ihn auf mich. »Wer ist das?«
»Ein anderer Name für Ärger«, brummte ich.
»Ziemlich fetter Schlächter-Ärger«, schnarrte Zee.
Grant schien immer noch verwirrt. Er tat mir jedoch keineswegs leid. »Ich habe Ihnen gesagt, dass es noch andere Dimensionen gibt, Gefängnisse, die allesamt durch Barrieren von uns getrennt sind, durch Schleier. Auf dieser anderen Seite gibt es einen Ort, der Blut-Meer genannt wird, wo der da …«, ich deutete auf den rauchförmigen Dämon, »… herkommt. Und dieses Blutmeer wird angeblich von einer Königin regiert. Sie ist, wie Sie sich sicher vorstellen können, ein Dämon.« Und zwar nicht irgendein Dämon, o nein. Mamablut war die mächtigste Stimme aller dunklen Geister, die den Gefängnisschleier jemals überwunden haben. Aber bis zu diesem Abend hatte ich noch nie gehört, dass irgendjemand ihren Namen laut ausgesprochen hatte. Ich hatte ihn nur in den Tagebüchern meiner Mutter und ihrer Mutter und aller anderen Frauen vor uns gelesen.
Sie war eine Legende. Ein anderer Mythos.
Ich blickte Grant an. »Sie wissen, wovon dieses Ding spricht. Ich meine: stehlen, verderben.« Als er zögerte, beugte ich mich vor, dicht vor sein Gesicht - und suchte seinen Blick. Ich sah nur Unsicherheit und Bedauern. Es tat mir weh. Ich wünschte mir erneut, dass dieser Tag heute niemals gekommen wäre.
»Erzähl es mir«, flüsterte ich. »Keine Spiele.«
»Erzähl es«, krächzte der Dämon. »Erzähl ihr, was du uns antust.«
Grant rückte etwas von mir ab und holte tief Luft. Ohne mich aus den Augen zu lassen, hob er die Flöte an und hielt sie so flach wie ein Präsent auf seiner Handfläche.
»Ich lasse sie gut werden«, antwortete er kaum vernehmlich. »Ich mache aus diesen Dämonen gute Wesen.«
4
I ch musste nachdenken - und die Jungs hatten Hunger. Ich ging in ein McDonalds-Restaurant. Grant folgte mir. Die Lichter waren zu grell, die Einrichtung schien seit den frühen Achtzigern nicht mehr renoviert worden zu sein, aber wenigstens wirkten der Boden und die Tische sauber, und es war wenig los. Mehr brauchte ich nicht. Nur einen Hauch ruhige Normalität, selbst wenn das nur eine Illusion sein mochte.
»Es tut mir leid«, erklärte Grant. Ich ignorierte ihn und wartete, dass endlich jemand zur Kasse kam. »Maxine.« Er lehnte sich an den Tresen und zwang
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