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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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glühenden Lichtkegel in den Raum warf, der die Handvoll Frauen und Männer nicht erreichte, die sich wie Fliegen in dem rauchigen Schatten verteilt
hatten. Regungslos. Angespannt. Auf dem Sprung. Sie trugen Flanell, Jeans, schwere Mäntel, düster und zerfetzt. Hüte saßen tief im Gesicht. Ihre Augen waren wie alte Brunnen - dunkel, hohl, und nur am tiefsten Grund ihres Blicks spiegelte sich ein Funken Licht. Ihre Auren waren pechschwarz. Verankert, an den Ketten zerrend. Als würden Kronen von Geistern auf ihren Köpfen sitzen.
    Nur ein Mann stand vor meiner Mutter. Er trug einen blauen Anzug und eine gestreifte Krawatte, die wie der Stahl in seinen dunklen Augen schimmerte. Er hatte welliges, blondes Haar, ein kantiges Kinn. Vielleicht sah er gut aus, teuflisch gut. Ein Zombie.
    Das waren alles Zombies. Menschliche Hüllen, die lebten. Atmeten. Besessen.
    Meine Mutter ließ mich zu Boden gleiten. Ich umklammerte den Saum ihres Mantels, versuchte mich klein zu machen. Gefahr kannte ich ja. Ebenso wie Bedrohungen. Und ich erkannte einen Dämon, wenn ich einen sah.
    Meine Mutter hob die Hand. Metall funkelte zwischen ihren tätowierten Fingern. Ein Stern von der Straße, voller Stacheln. Der Zombie lächelte und hob ebenfalls die Hand. Darin befand sich ein Kartenspiel.
    »Wir wollen nur einen Blick«, sagte er. »Nur einen. Du weißt, wie es ist.«
    »Ich weiß genug.« Ihre Stimme klang eiskalt. Sie war nicht mehr dieselbe Frau, gehörte nicht zu mir, war nicht meine Mutter. Ihre Hand umschloss den Stern, dessen Stacheln sich in ihre Haut gruben, sie aber nicht durchdrangen, so fest sie auch drückte. Ich beobachtete ihre Hand, sah, wie sich die Sehnen anspannten. Hörte das Ächzen von Metall.
    Das Lächeln des Zombies verstärkte sich. »Eine Karte. Die höhere gewinnt.«
    »Wenn ich mich weigere?«

    »Jetzt oder später. Du kennst die Regeln.« »Ihr verzerrt sie«, erwiderte meine Mutter. »Ihr pervertiert die Welt.«
    »Wir sind Dämonen«, antwortete der Zombie gelassen und trat an die heruntergekommene Bar, deren Oberfläche von der jahrelangen Misshandlung durch Ellbogen und Glasscherben rissig und abgescheuert aussah. Sie war von überquellenden Aschenbechern und leeren Flaschen übersät. Alles war klebrig von schmutzigen Fingern, selbst die Luft schien verseucht, zum Schneiden dick von Rauch und Schweiß.
    Meine Mutter beobachtete den Zombie. Sie beobachtete überhaupt alle, dann rollte sie die Schultern, und ihr Mantel glitt herunter, fiel neben mir zu Boden. Darunter trug sie nicht viel. Ein enges weißes Tanktop, einen Lederharnisch für ihre Messer. Silberne Tätowierungen umrankten leuchtend rot ihre Arme. Die Augen: offen, starrend.
    Keiner rührte sich. Selbst der Zombie im Anzug erstarrte. Ich sah, wir ihre Auren pulsierten, schneller, pochender. Meine Mutter verzog die Lippen, nahm meine Hand und drückte sie einmal. Dann führte sie mich zur Bar, wo der Zombie an einen Hocker gelehnt wartete. Sein Lächeln war jetzt verschwunden, er betrachtete ihre Tätowierungen. Ein Augenlid zuckte.
    Meine Mutter klopfte auf die Bar. »Letztes Mal war es ein Schachspiel.«
    »Du warst zehn«, antwortete er und riss den Blick von ihren Armen los. »Und es war das Spiel deiner Mutter. Du bist nicht deine Mutter.«
    Sie presste die Lippen zusammen. »Zeig mir das Spiel.«
    Der Zombie legte es zwischen sie auf den Tresen und trat zurück. Meine Mutter fächerte die Karten aus, musterte sie, und einmal zuckte ihr Blick kurz zu mir.
    Sie mischte. Der Zombie ebenfalls. Jeder von ihnen mischte
dreimal. Das Klatschen der Karten klang wie Gewehrfeuer. Mein Mund wurde trocken, mein Herz raste. Ich umklammerte ihr Bein, und sie grub ihre Finger in mein Haar, während sie mich an sich presste. Der Zombie tippte auf das Kartenspiel und schob eine Karte zur Seite. Meine Mutter tat dasselbe.
    »Karo zwei.« Ihre Stimme klang hart, als wollte sie jemanden töten. Der Zombie blieb stumm, als er seine Karte umdrehte und zu ihr schob. Meine Mutter starrte darauf, ihre Finger verkrampften sich in meinem Haar. Ihre Wangenmuskeln traten hervor.
    »Lauf weg«, sagte der Zombie leise. »Und nächstes Mal wird es schlimmer. Ich denke, du erinnerst dich.«
    »Ich denke, du verlangst zu viel.«
    »Wir verlangen so wenig, wenn man alles bedenkt. Nur ein Blick. Schmerzlos.« Der Zombie beugte sich vor. »Mach nicht denselben Fehler wie deine Mutter.«
    Sie warf ihm einen eisigen Blick zu. Er stieß sich von dem Hocker ab, und im selben

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