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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Moment bewegten sich alle im Raum; Schatten krochen wie Würmer heran, Zombies, die sich von ihren Stühlen erhoben und näher schlurften. Immer näher. Mit schwarzen Augen und wabernden Auren. Meine Mutter sah sie an. Ich bemerkte nicht, dass sich ihre Hand bewegte, aber sie krümmte die Finger und hielt plötzlich locker ein Messer dazwischen. Kein Griff, nur eine Klinge, eine rasiermesserscharfe Klinge. In der anderen Hand hatte sie den stachligen Stern.
    Der Zombie lockerte seine Krawatte. »Du kannst uns nicht alle töten. Nicht, ohne unsere Wirte zu verletzen. Sie sind alle unschuldig.«
    Meine Mutter sagte kein Wort. Sie war so still, atmete kaum. Ihre Finger spielten mit dem Messer, und sie drehte sich herum, schirmte den Raum vor mir ab. Sie sah auf mich herunter, ihr
Blick war leer und unfassbar grimmig. Ihre Augen waren so schwarz wie die Zunge eines Dämons, und genauso kalt.
    »Hab keine Angst«, flüsterte sie.
    Ich versuchte, mich an sie zu drücken, aber sie entzog sich mir, machte den Zombies Platz. Es waren so viele. Breite Schultern, dicht aneinandergedrängt. Mit heißem Atem. Sie stanken nach Schweiß und feuchter Winterwolle. Ich konnte ihre Gesichter im Schatten nicht erkennen, aber der Zombie im Anzug beugte sich vor und krümmte einen Finger zu einem Haken. Ich erinnerte mich an den eiskalten Schock, das Hämmern meines Herzens. Ich hatte gedacht, sie forderten meine Mutter, aber in Wahrheit ging es um mich. Sie wollten mich.
    »Frösche, Schnecken, Welpenschwänze«, murmelte der Zombie, dessen Augen silbrig glänzten. »Zucker und Fett, alles ist nett.«
    Er griff mit einer Hand nach meinem Kiefer, packte zu und drückte mich herunter, bis ich in die Knie ging. Ich konnte nicht atmen, fühlte, wie meine Gedanken bluteten - sie sehnten sich nach dem Sonnenuntergang und den Jungs, ebenso nach meiner Mutter. Ich wollte, dass sie mich rettete. Ich wollte es so sehr, so ungeheuer, wünschte mir glühend, es zu verstehen.
    Ich wollte verstehen.
    Ich konnte nicht vergessen. Verzehrt und verflucht, ich weiß, wie es ist, verflucht zu sein, verfütterte ich meine Furcht und meinen Schmerz an diese Kreaturen, verteilte sie wie Zitronendrops. Dämonen in ihrer gestohlenen menschlichen Hülle starrten mich mit Augen an, die immer dunkler wurden, suchten nach einer Schwäche, einem Weg in meinen Verstand hinein. Sie wollten mich zu einem von ihnen machen, zu einem Zombie. Mich mit einem Parasiten infizieren.
    Ich kämpfte. Ich muss gekämpft haben. Ich erinnerte mich an die Stimmen in meinem Kopf, an das Flüstern, das Heulen.
Zee und die Jungs tobten in ihren Träumen. Ich erinnerte mich an mein Herz. Mein Herz, das wie ein blutiges Maul aufklaffte, mein Entsetzen schmeckte …
    … und es aus mir herausbiss. Mein Herz streifte die Furcht ab und schleuderte sie weg. Ließ etwas anderes an ihre Stelle gleiten.
    Etwas aus mir. Von mir. Aus meinen Wurzeln. Eine Dunkelheit, eine tiefe, unermessliche Dunkelheit, ewiger Tod, ewige Kälte. Und in meiner Seele erhob sich bedächtig schlurfend eine Wiedergeburt, ein schrecklich gähnender Hunger, der durch mein Blut und meine Knochen drang, als wäre jede Zelle meines Körpers leer geboren worden und erstarrt gewesen und würde jetzt erst und hier mit Nektar, Milch und Honig gefüllt.
    Mein. Ich konnte es nehmen. Es stehlen. Töten.
    Ich habe mich nie wieder so klar gefühlt wie in jenem Augenblick. Niemals wieder so stark. Ich hätte diese Zombies töten können. Alle, ohne Ausnahme. Ich war acht Jahre alt und bereit zu morden. Gierte geradezu danach. Meine Haut spannte sich, meine Muskeln strafften sich, lösten sich fast von meinen Knochen. Ich streckte mich aus, zu ganzer Länge, griff mit meiner Seele zu. Schnappte nach den Dämonen.
    Der Zombie ließ mich los. Er ließ los, aber ich packte seine Hände. Ich hielt ihn fest, und ein graues Leichentuch überzog ihn, als würde sich Stein unter seiner Haut spalten, kalt und tot, und ich stahl ihn. Ich raubte ihn, fühlte den Geschmack des Dämons in meinem Blut, so fett und säuerlich wie bitterer, widerlicher Honig.
    Die Dunkelheit wuchs, und ich sah sie, ich schloss die Augen, um besser sehen zu können. Es war keine bloße Leere, sondern ein Körper, der unter meiner Haut herumwirbelte und wie Obsidian schimmerte, der vom Mond geküsst wird, glänzend, glatt und scharf.

    Die Augen des Zombies verdrehten sich in den Höhlen. Seine Freunde packten ihn, Hände tauchten unter seinen Armen auf, legten sich

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