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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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Griff zuckte.
    »Ihr vermutet es bereits.« Er packte den Schurken beim Gewand, der Mann schoss, und der Pfeil drang mit einem Übelkeit verursachenden, dumpfen Geräusch durch Simons Schulter. »Ich bin der Teufel.« Der Vampir riss den spitzen Metallstab, fast ohne darüber nachzudenken, aus seinem untoten Fleisch, während er seine Beute von ihrem Pferd herabzog, und benutzte ihn, um in dessen muskulöser Kehle eine Fontäne aufzustechen. Er hielt den Mann noch immer an seinem Gewand fest, beugte den Kopf und trank, in einer schlechten Parodie der Umarmung eines Liebenden. Mir, murmelte eine Stimme tief in Simons Geist, die Stimme des Dämons Kivar. Du gehörst mir.
    »Nein!«, brüllte der Vampir und warf den sterbenden Mann von sich. Der Kopf des Schurken schlug mit unheilvollem Krachen gegen einen Baum und rollte auf seinen Schultern umher, während er leblos zu Boden sank. »Nein«, wiederholte Simon und sank auf die Knie. »Das bin ich nicht … ich bin fertig damit.« Aber es war immer dasselbe, wenn der Hunger ihn packte. Er hörte stets Kivars Stimme, die ihn an das erinnerte, was er war. Und selbst jetzt war der Dämon noch nicht zufrieden.
    Vor ihm lag der sterbende Ritter, den die Schurken hatten zurücklassen wollen. Seine Rüstung war herabgezerrt worden, seine Kleidung darunter war von Blut aus den Wunden in seiner Brust, seinem Bauch und an den Armen durchtränkt und befleckt. Sein Gesicht war ein zerquetschter und blutiger Brei, aber seine Augen waren geöffnet.
    Simon beugte sich näher heran, lauschte der verblassenden Melodie des Herzens des gefallenen Kriegers. Was hatte er getan, dass die anderen ihn so verachteten? Der Vampir konnte in ihm nichts Böses spüren, nur Zorn, ein verzweifeltes Verlangen nach Rache, das mächtiger war als sein bevorstehender Tod. Falls er das Ungeheuer erkennen konnte, das sich über ihn beugte, dann zeigte er es nicht. Simon roch keine Angst. Aber er lag im Sterben, nichts konnte ihn jetzt noch retten. Ebenso aus Gnade wie aufgrund seines schwindenden Hungers, schlug Simon unverzüglich zu, versenkte seine Zähne in der Kehle des jungen Mannes.
    Der Ritter, Tristan, hatten sie ihn genannt, richtete sich mit überraschender Kraft taumelnd auf, bekämpfte den Tod mit einer Willenskraft, die Simon in seinem Blut schmecken würde, die Kraft der Gerechten und der ungerecht Behandelten. Eine seiner Schultern war offensichtlich zerschmettert, aber er schlug mit dem anderen Arm auf das Ungeheuer ein, das ihm mit dem Zorn eines wahren Kriegers den Garaus machen wollte. Simon versenkte seine Zähne tiefer in ihn, konnte nicht aufhören, zog Blut direkt aus dem Herzen des Mannes, seine Güte schmeckte nach zehn Jahren des Nährens an dem bitteren Zorn des Bösen wie der süßeste Wein.
    Dann heulte Simon plötzlich vor Schmerz auf, als der Ritter ihn zurückbiss. Ungeübte menschliche Zähne rissen am bloßen Fleisch seiner Schulter, und eine Macht wie nichts anderes, was er jemals zuvor empfunden hatte, durchströmte ihn, ließ ihn sich schwach fühlen. Zornig verschlang er mit einem einzigen Schluck den letzten Tropfen Leben aus seiner Beute, ließ das lebendige Herz augenblicklich stillstehen. Aber dieser Ritter, dieser Tristan, hing noch immer an ihm, nährte sich noch immer, und seine Zähne wurden länger und scharf. »Nein!«, brüllte Simon und schleuderte ihn von sich, woraufhin der Ritter wie eine Flickenpuppe auf den Boden fiel, seine grünen Augen wie im Tode erstarrt, sein Mund blutverschmiert. Aber seine Quetschungen verblassten bereits.
    »Nein«, wiederholte Simon und presste eine Hand auf die Wunde an seiner Schulter, aber sie war bereits verheilt. Er sah im Geiste das Gesicht Kivars, als er Simon zu dem gemacht hatte, was er war, die dünnen, aufgesprungenen Lippen waren von seinen elfenbeinfarbenen Zähnen zurückgezogen. Nun hatte Simon dasselbe getan.
    »Nein«, sagte er noch einmal und erhob sich. Er hatte keinen anderen Vampir erschaffen. Das konnte er ganz sicher nicht. Er hatte es in zehn Jahren und bei eintausend Tötungen noch niemals zuvor getan. Als Isabel ihm von dem toten Mädchen erzählte und ihm dieses Kreuz zeigte, hatte er kurz gedacht, dass er es vielleicht getan hätte, aber Orlando war davon überzeugt gewesen, dass es ein Wolf war, und Simon hatte bald erkannt, dass er Recht hatte. Er hatte den Wolf selbst getötet, genauso wie er diesen Mann vor sich getötet hatte. Der Mann war tot. Die Heilung, die Simon zu sehen glaubte, war nur

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