Gefährtin Der Finsternis
stattdessen und tarnte ihr Kichern mit einem Husten.
»Oh, wir haben uns gut amüsiert, wie immer«, antwortete Hannah selbst auch mit einem geheimnisvollen Lächeln. »So gut, dass unsere Maikönigin noch nicht wieder zu Hause ist.«
»Susannah ist nicht hier?« Etwas daran ließ Isabel erschaudern, obwohl sie nicht wusste, warum.
»Keine Sorge, Mylady«, erwiderte Hannah und zwirbelte ihren Faden, offensichtlich unbekümmert, mit geübtem Geschick. »Sie hat mit einem Müllerssohn mit einem hübschen Gesicht und ohne Brüder angebandelt, sobald wir eintrafen. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sie keine Zeit mehr für uns hatte. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie mit einem Ehemann aufkreuzte, bevor der Tag vorüber ist.« Da ihre Spindel voll war, zog sie den Strang ab und begann einen neuen.
»Einfach so?«, sagte Isabel lachend.
»O ja, Mylady. Wir gemeines Volk haben nicht annähernd die gleichen Probleme, einen Partner zu finden, wie der Adel«, sagte sie mit einem Lächeln, das nicht wenig Mitleid enthielt. »Wirklich, wir scheinen an jeder Ecke übereinander zu stolpern, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«
»Bei dir klingt das so romantisch.« War es das, was sie und Simon getan hatten – waren sie übereinander gestolpert? Er war der einzige Mann ihres Standes, den sie jemals gut genug kennengelernt hatte, um ans Heiraten zu denken, das stimmte, aber war das der einzige Grund, warum sie ihn gewollt hatte? Wäre er kleiner oder blonder oder heiterer gewesen, hätte sie ihn dann dennoch geliebt, nur weil er da war? Denn sie liebte ihn, dessen war sie sich sicher.
»Romanzen sind für die, die sie sich leisten können«, sagte das Dienstmädchen lachend. »Barden, überwiegend, und Königinnen. Die meisten von uns sind glücklich damit, einfach unbeschwert, sozusagen ungezwungen, zusammen zu sein. Eure Eltern waren auch so, wie ich mich erinnere.« Sie lächelte Isabel erneut zu, ein weises, mütterliches Lächeln. »Wartet nur ab, Mylady. Eines Tages werdet Ihr verstehen.«
»Glaubt Ihr?«, fragte Isabel und erwiderte das Lächeln, aber plötzlich war ihr gar nicht mehr nach Lächeln zumute. Ich muss nicht warten, um zu verstehen, wollte sie sagen. Ich weiß es bereits besser. Aber in Wahrheit wusste sie es nicht. Wenn Romanzen nur für die waren, die sie sich leisten konnten, fürchtete sie, dass sie sich tief verschuldet hatte. Sie hatte nicht mehr Recht, sich an Simon zu verschwenden, als sie das Recht hatte, einen Sprung über den Mond zu vollführen, nicht wenn sie wusste, dass er sie niemals heiraten könnte. Aber es kümmert mich nicht, dachte sie, eigensinnig und trotzig. Vielleicht machte Simon sich überhaupt nichts aus ihr, vielleicht war er verflucht, vielleicht würden sie niemals heiraten, und sie würde vielleicht als Hure in der Hölle schmoren, nachdem sie als alte Jungfer gestorben war. Aber heute kümmerte es sie nicht.
»Das glaube ich wirklich«, sagte Hannah, während Isabel sich erhob, um ihre Schale fortzuräumen. »Ihr werdet einen netten Ehemann finden, Mylady, daran hege ich keinen Zweifel.« Sie erwähnte Simon nicht, wie Isabel mit verbittertem, nach innen gerichtetem Lächeln bemerkte.
»So Gott will«, antwortete sie laut. »Ich werde dafür beten, dass Ihr Recht habt.«
»Mylady, Ihr seid wach«, sagte Kevin, der eintrat und blass wirkte. »Ihr solltet nach oben gehen.« Er sah sich in der Halle um. »Wo ist Brautus?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Isabel verwirrt. »Was ist passiert?«
»Er ist oben«, antwortete Hannah im gleichen Moment.
»Geh und hol ihn«, befahl Kevin seiner Frau, bevor er sich Isabel zuwandte. »Geht mit ihr, Mylady, und bleibt dort.«
»Das werde ich nicht tun«, erwiderte Isabel und erhob sich. »Kevin, was ist los?«
Sie glaubte einen Moment, er würde ihr die Antwort verweigern, aber da kamen Raymond und einige der anderen Männer hinter ihm herein. »Wir haben Susannah gesucht«, begann er, offenbar unglücklich.
»Habt ihr sie gefunden?«, fragte Hannah alarmiert.
»Nein«, sagte er kopfschüttelnd. »Aber wir haben drei andere gefunden.« Er nickte Raymond zu, der wieder hinausging. »Mylady, sie sind tot.« Raymond kam mit Mutter Bess herein, die sich auf einer Seite schwer auf seinen Arm und auf der anderen Seite auf ihren knorrigen Weidenstock stützte. »Ich fürchte, der Wolf ist zurückgekehrt.«
Sie beobachtete, mit Hannah an ihrer Seite, wie die Leichname hereingetragen wurden, hatte die Arme
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