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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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Die Beziehung zwischen Klient und Therapeut ist ... manchmal die einzige Vertrauensbeziehung. Wenn man dieses Vertrauen zerstört, dann —«
    »Erde an Duran«, unterbrach sie ihn. »Sie sind kein Therapeut, schon vergessen? Sie sind nicht mal Duran. Wir wissen nicht, wer Sie sind. Sie sind eine gestörte Person mit falschen Referenzen. Und diesem Holländer wird's ohne Sie besser gehen, glauben Sie mir!«
    Er sah sie lange und offensichtlich verblüfft an, dann ließ er sich auf die Couch vor dem Fernseher fallen. »Wissen Sie was?«, fragte er. »Sie können richtig fies sein, wenn Sie wollen.«
    Die Bemerkung kam völlig überraschend, und sie prustete los. Er hatte natürlich Recht.
    Dann schaltete er den Ton am Fernseher wieder ein und verschwand hinter einer Wand aus dem banalen Geschwätz einer Talkshow.

24

                

              S ie rief nicht gern Leute an, die sie nicht kannte.
    Das war keine richtige Phobie, aber es war ihr einfach unangenehm, sodass sie es so lange wie eben möglich vor sich herschob. Und das rächte sich fast immer. Wie an diesem Nachmittag: Hätte sie Shaw früher angerufen, müsste sie es jetzt nicht mehr tun. Sie müsste es nicht abends tun. Und sie müsste ihn nicht zu Hause anrufen, was irgendwie noch schlimmer war. Stattdessen war sie mit Duran zu einem Einkaufszentrum gefahren, um ein paar Sachen zu besorgen, die sie brauchten (also praktisch alles), und jetzt war es schon Viertel vor acht.
    Während sie widerwillig den Hörer abnahm und die Nummer eintippte, dachte sie, wenn er nach dem zweiten Klingeln nicht abhebt, leg ich wieder auf. Wenn er nach dem zweiten Klingeln nicht abhebt, ist er wahrscheinlich beschäftigt, wahrscheinlich ist er gerade dabei  
    »Ray Shaw.« Die Stimme war tief und sonor.
    Sie zögerte kurz, dann hatte sie sich wieder gefasst. »Hallo?« Oje!
    »Ja?« Er klang misstrauisch, als rechnete er damit, dass sie ihm irgendetwas verkaufen wollte.
    Also holte sie tief Luft und sprang ins kalte Wasser. »Doctor Shaw - mein Name ist Adrienne Cope. Ich bin Mitarbeiterin bei Slough & Hawley. Bill Fellowes hat mir Ihre Telefonnummer gegeben.«
    »Ach ja? Wie geht's Bill denn so?«
    »Gut! Sehr gut. Er hat gesagt: >Wenn du Doctor Shaw anrufst, bestell ihm einen schönen Gruß von mir.<«
    Shaw lachte leise. »Tja, Bill ist ein prima Kerl.«
    »Das ist er!«
    »Also!« Shaw kam zur Sache. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Tja, also ... die Sache ist die. Ich wollte Sie fragen, ob Sie vielleicht für jemanden einen Termin erübrigen könnten.«
    Schweigen am anderen Ende.
    »Es ist ein sehr ungewöhnlicher Fall«, erläuterte Adrienne, »und —«
    »Ich weiß nicht, ob Bill Ihnen das gesagt hat«, fiel Shaw ihr ins Wort, »aber... ich habe keine Zeit dafür, als Sachverständiger vor Gericht aufzutreten. Ich habe das nur einmal gemacht, weil ich einem alten Freund einen Gefallen tun wollte — aber das war's dann auch.«
    »Ich weiß, ich weiß. Bill hat mir erzählt, dass die Brewster-Sache eine absolute Ausnahme war. Aber darum geht es nicht.«
    »Nein?«
    »Nein. Wie ich schon sagte, ich hatte gehofft, Sie könnten vielleicht einen Termin für jemanden erübrigen —«
    »Hoppla! Sie meinen — einen Patienten?« Er sprach das Wort so aus, als hätte sie vorgeschlagen, er sollte sich ein Schnabeltier ansehen. »Ja.«
    Trauriges Lachen. »Also ich glaube nicht, dass ich Ihnen da helfen kann. Ich habe mit Lehre und Forschung so viel zu tun, dass kaum noch Zeit für Patienten übrig bleibt. Es ist zwar furchtbar, so etwas zu sagen, aber —«
    »Ich bitte Sie ja gar nicht, einen neuen Patienten anzunehmen, Doctor Shaw — ich habe bloß gehofft, wir könnten vielleicht eine Art ... vorläufige Einschätzung von Ihnen bekommen. Der Fall ist wirklich sehr ungewöhnlich.«
    Er gab ein skeptisches Brummen von sich. »Inwiefern?«
    Vorsichtig, dachte sie. Erzähl ihm nicht zu viel, sonst kommen demnächst die Männer mit der Zwangsjacke durch die Tür. »Tja, am Telefon ist das ein bisschen schwierig zu erklären, aber... der Mann, von dem ich spreche, hat ausgeprägte Wahnvorstellungen.«
    »Ist er funktionsfähig?«
    »Ja.«
    »Wie gut?«
    »Er hält sich für einen Therapeuten.«
    »Wirklich?« Shaws Interesse war so spürbar wie seine Skepsis eine Minute zuvor.
    »Ja. Und das wäre ja noch nicht so schlimm, aber er hat Klienten.«
    »Oh.« Shaws Tonfall schlug blitzschnell um. »Bringen Sie ihn am Donnerstag zu mir«, sagte er. »Morgens um

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