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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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als sie zurückkam, war sie braun gebrannt. Ich weiß noch, dass ich sie damit aufgezogen habe. Ich hab sie gefragt, wo sie gewesen war.«
    »Und?«
    »Sie hat gesagt, sie wäre am Strand gewesen.«
    »An welchem?«
    »Hat sie nicht gesagt. Und ich hab nicht nachgefragt.«
    »Warum denn nicht?«
    »Sie wollte nicht genauer werden. Und meine Neugier hielt sich wohl in Grenzen.«
    Wind war aufgekommen, und der Regen verwandelte sich allmählich in ein beachtliches Unwetter. Blitze zuckten vor den Fenstern, die bei jedem Donner klapperten. Einen Augenblick lang schien es, als wollte der Himmel zerbersten.
    »Nikki hatte fürchterliche Angst vor Blitzen«, bemerkte Adrienne.
    »Das hat sie mir nie erzählt.«
    »Nein? Als Kind hat sie bei Gewitter Tennisschuhe angezogen, wegen der Gummisohlen, und sich dann in den Keller geflüchtet.«
    Ein Fensterladen hatte sich losgerissen, und der Wind schlug ihn gegen das Haus, ließ ihn immer und immer wieder gegen die Wand krachen. Duran wollte nach draußen, um ihn festzumachen, doch Adrienne hielt ihn am Arm zurück. »Sind Sie verrückt?«, sagte sie, und sie mussten beide kichern wie Kinder, waren vor Aufregung ganz albern.
    Ihre Hand ruhte noch immer auf seinem Arm, und eine Sekunde lang schien sich ein Kuss anzubahnen, doch dann explodierte die Luft vor den Fenstern wie eine Bombe — das Licht ging aus, Adrienne zuckte zusammen, und das Haus war schlagartig in Halbdunkel getaucht.
    Als Adrienne wieder Luft bekam, schluckte sie und sagte: »Tja, der Strom ist weg.«
    Duran grinste. »Und ich dachte schon, Sie wären hin und weg.«
    Also spielten sie Schach, was unverfänglich war und nicht viel Licht erforderte. Duran improvisierte ein paar fehlende Figuren, indem er Flaschenkorken als Bauern und Salzstreuer als Türme einsetzte. Adrienne war keine besonders gute Schachspielerin, und Duran schlug sie innerhalb kurzer Zeit, obwohl er unangestrengt und fast beiläufig spielte.
    »Ich glaube, Sie spielen nicht zum ersten Mal Schach«, bemerkte sie.
    Duran zuckte die Achseln. »Sieht so aus.«
    »Glauben Sie mir«, sagte sie und baute die Figuren neu auf. »Ich bin nicht besonders gut, aber ... « Sie stockte. »Ich hatte mal einen Freund, der ziemlich ernsthaft Schach spielte. Er war in einem Club oder so. Jedenfalls hat er es mir beigebracht, also ... bin ich nicht völlig unbeleckt.« Sie überlegte einen Moment, dann drehte sie das Brett. »Diesmal«, sagte sie, »sind Sie Schwarz. Und seien Sie nicht so höflich. Mal sehen, ob Sie mich richtig fertig machen können.. «
    Duran spielte automatisch, als würde er jede Situation auswendig kennen — während sie sich all die Stolpersteine und Fallen, die er für sie bereithielt, erst vergegenwärtigen musste. Nach ihrem neunten Zug sah er sie an und sagte: »Matt.«
    Sie starrte auf das Brett und schüttelte dann den Kopf. »Seh ich nicht.«
    Er zuckte die Achseln. »Ist aber so.«
    Sie sah wieder auf das Brett und verzog das Gesicht. »Wo denn?« 
    »Genau vor Ihrer Nase.«
    Ihre Augen wanderten von Figur zu Figur. Schließlich sah sie auf und blickte ihn argwöhnisch an. »Wovon reden Sie eigentlich?«
    Duran warf ihr einen Blick voll unschuldiger Verwunderung zu. »Von Schach«, sagte er. »Wovon denn sonst?« Dann schlug er ganz nebenbei ihren Bauern und brachte so ihren König in Schach. Zwei Züge später war das Spiel vorbei.
    Sie waren mitten in der vierten Partie, als der Fensterladen komplett abriss. Regelrechte Sturzbäche wurden vom Wind gegen die Scheibe gepeitscht. »Tun Sie mir einen Gefallen«, bat Adrienne und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Schließen Sie die Augen und erzählen Sie mir, was Ihnen in den Sinn kommt, wenn Sie an Schach denken.«
    Duran kam ihrer Bitte nach, schloss die Augen und überlegte.
    »Und?«
    »Das Brett«, sagte er. »Und die Figuren.«
    »Schön, aber —«
    »Schwarz und Weiß.«
    »Was noch?«
    Er überlegte weiter. Sagte: »Rum.«
    Sie blickte erstaunt. »Rum?«
    »Ja. Der Geschmack. Scharf. Und das ... das Bukett, wie Cognac, wie es in die Lunge eindringt.«
    Ihr fehlten die Worte.
    Einen Moment lang konnte er das schwere Glas in der Hand spüren, die dunkle Oberfläche des Getränks sehen, den einsam darin treibenden Eiswürfel, der sich allmählich auflöste.
    »Was noch?« Es war, als käme ihre Stimme von weit weg. »Hitze. Ich erinnere mich, dass ich es irgendwo gespielt habe, wo es heiß war — dass mir das Hemd am Rücken klebte.«
    »Wo?«
    »Ich weiß nicht. Es

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