Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
Vom Netzwerk:
wir ja gar nicht da übernachten.«
    »Wie Sie meinen«, erwiderte Duran, ließ sich auf die Couch fallen und griff nach der Fernbedienung. Er schaltete die Kanäle durch und blieb schließlich bei einer Sitcom hängen. Er lehnte sich zurück und verschwand in sich selbst.

25

                

              S ie fuhren im Dunkeln los wie Diebe in der Nacht. Duran saß auf dem Beifahrersitz.
    Adrienne hatte den Tempomat auf exakt 65 Meilen pro Stunde eingestellt. Die Fahrt war wohltuend langweilig, angenehm ereignislos, und die meiste Zeit schwiegen sie. Adrienne machte sich Gen­ danken wegen ihrer Arbeit, während Duran entspannt neben ihr saß und in die Dunkelheit starrte.
    Schließlich trug der Dodge sie durch den Lincoln Tunnel nach Downtown Manhattan. Als Adrienne die Adresse an der Upper West Side gefunden hatte, die Doctor Shaw ihr genannt hatte, kreiste sie noch fünfzehn Minuten um den Block, bis sie endlich einen Parkplatz ergatterte.
    »Ich hasse es, fürs Parken bezahlen zu müssen«, erklärte sie.
    »Wundert mich nicht«, entgegnete Duran. »Sie haben eben so viel Benzin vergeudet, dass wir uns ein Parkhaus nicht mehr leisten können.«
    Shaws Büro lag im 23. Stock eines mit Rauchglas verkleideten Wolkenkratzers, der zum Zeitpunkt seiner Erbauung, etwa 1965, vermutlich das Modernste war, das man sich vorstellen konnte. Inzwischen wirkte er irgendwie kränklich und heruntergekommen, als wäre die Zukunft an ihm vorbeigezogen.
    Das Büro selbst war eher gemütlich als aufgeräumt, die Wände voller Gemälde, Diplome und Erinnerungen. Bücher und lose Blätter stapelten sich auf jeder nur möglichen Ablagefläche, nur nicht auf dem Boden, auf dem einer der erlesensten Perserteppiche lag, die Adrienne je gesehen hatte.
    Shaw hatte das freundliche Aussehen eines guten Onkels. Er war von massiger Statur, hatte wässrig braune Augen unter struppigen Brauen und ein sanftes, beinahe wehmütiges Lächeln. Nachdem er sie mit einem festen Händedruck begrüßt hatte, bat er sie, auf einem dick gepolsterten Sofa Platz zu nehmen.
    Er trug eine Kordjacke, Khakihose und Turnschuhe und hatte eine knallrote Swatch-Uhr aus Plastik über die Manschette seines Hemdsärmels geschnallt. Das Zifferblatt war so groß, dass Duran durch das halbe Zimmer hindurch die Zeit ablesen konnte. Adrienne schätzte den Doktor auf Mitte fünfzig, obwohl sein Gesicht so glatt war wie das eines Kindes und heiter strahlte.
    »Kaffee?«
    Sie bejahten und kamen dann gleich zur Sache.
    »Das, was Sie mir am Telefon erzählt haben, interessiert mich«, begann Shaw. »Man könnte sagen, dass ich Fallgeschichten von un­ gewöhnlichem Gedächtnisverlust sammle. Ich denke, es wäre am besten, wenn Sie das Ganze noch einmal wiederholen. Vielleicht fangen Sie damit an«, seine braunen Augen fixierten Adrienne, »dass Sie mir erzählen, wann der Mann neben Ihnen zum ersten Mal auf Ihrem Radarschirm aufgetaucht ist. Und dann«, er neigte den Kopf in Durans Richtung, »kommen wir zu Ihnen.«
    Shaw schlug die Beine übereinander und lehnte sich in seinem Sessel zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, Ellbogen abgewinkelt, als hätte er den ganzen Tag Zeit.
    Gegen Mittag reckte Shaw sich auffällig und sagte: »Nun, das ist zwar eine außergewöhnliche Geschichte, aber selbst Psychiater müssen mal was essen. Ich würde Folgendes vorschlagen: Ich bin mit meiner Tochter zum Lunch verabredet, und danach habe ich um halb zwei einen Termin. Wenn Sie um drei wieder hier sein könnten, würde ich ein Aufnahmegespräch führen, und dann sehen wir, wie es weitergeht.«
    »Was ist ein Aufnahmegespräch?«, wollte Adrienne wissen.
    »Äh, na ja —«, Shaw hob gestikulierend die Hände.
    »Die Anamnese«, erklärte Duran. »Operationen, Erkrankungen, Allergien —«
    »Und ein paar Tests«, ergänzte Shaw. »Routinekram: der TAT, der MMSE —«
    »Was heißt das?«, fragte Adrienne.
    Shaw zuckte die Achseln. »Ich denke, die Namen werden Ihnen ebenso wenig sagen wie die Abkürzungen. Aber es sind Werkzeuge, mit denen wir den psychopathologischen Status des Patienten bestimmen, seine kognitive Beeinträchtigung et cetera.«
    Adrienne nickte, doch Duran blickte finster. Auf was ließ er sich da eigentlich ein? Sollte er für diesen Mann das Versuchskaninchen abgeben?
    Shaw zwinkerte ihm zu. »Ich bin sicher, Mr. Duran kennt sich mit diesen Tests ebenso gut aus wie ich — hab ich Recht?«
    Duran zuckte die Achseln. »Ich weiß, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher