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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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gesagt.
    »Ich kenne Sie praktisch schon - Sie arbeiten bei Slough & Hawley, richtig? Man nennt Sie dort Scout.«
    Das hatte sie verblüfft. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß alles«, erwiderte er mit einem leicht anzüglichen Zwinkern und einem gackernden Lachen. Er erklärte, wer er war und was er machte. »Ich bin einer von Ihren Informanten.«
    »Wieso nennt man Sie denn Scout?«, wollte Mrs. Spears wissen. Adrienne wurde verlegen. »Ich weiß nicht. Das ist bloß so ein Spitzname.«
    Bonilla schnaubte. »Sie will bescheiden sein«, sagte er. »Wissen Sie, in der Kanzlei, in der Adrienne arbeitet, sind jede Menge Georgetown-Absolventen beschäftigt. Und nach dem, was ich gehört habe, gab es da mal einen hochkarätigen Professor -«
    Adrienne wurde rot. »Ich glaube wirklich nicht, dass Mrs. Spears —«
    Aber Bonilla hob eine Hand und sah sie unverwandt an. »Es gab da so einen hochkarätigen Professor für — was war das noch mal? Schadensersatzrecht, stimmt's?«
    Adrienne seufzte. »Stimmt.«
    »Und eines Tages ist er nicht zufrieden mit seinen Studenten, und er macht ihnen die Holle heiß. Weil sie Stinkkampf sind - entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Also, die waren einfach nie vorbereitet. Bis auf die gute Scout, die allzeit bereit ist!«
    Mrs. Spears blickte verständnislos drein, unsicher, ob die Anekdote damit beendet war.
    »Verstehen Sie?«, fragte Bonilla. »Allzeit bereit. Wie eine Pfadfinderin, ein Scout -«
    Mrs. Spears' Gesicht erhellte sich zu einem Lächeln. »Ach so!« »Der Name ist natürlich hängen geblieben.« Er bedachte Adrienne mit einem wohlwollenden Blick. »Scout«, sagte er.
    Adrienne schüttelte den Kopf. »Sie wissen ja wirklich alles.«
    Er streckte ihr den Zeigefinger entgegen und krümmte ihn, als würde er eine Pistole abdrücken. »Verlassen Sie sich drauf.«
    Nachdem sie ein paar Mal bei seinen Nachbarschaftspatrouillen dabei gewesen war, hatten sie ein ganz freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Eddie half Mrs. Spears ab und zu bei kleineren Reparaturen, und er hatte auch schon mal die Scheibenwischer an Adriennes betagtem Subaru repariert.
    Sie öffnete ihr Adressbuch im Computer, suchte die Nummer heraus und hinterließ eine Nachricht auf Bonillas Anrufbeantworter. Er hatte zwar auch einen Pieper und ein Handy - er hatte jede erdenkliche technische Spielerei -, aber sie machte sich nicht die Mühe. Er war bekannt dafür, dass er seine Nachrichten laufend abhörte.
    Fünfundvierzig Minuten später rief er zurück.
    »Was liegt an?«, fragte er, als wäre er ihr einziger Anrufer an dem Tag.
    »Ich habe mich bloß gefragt«, sagte sie und nahm den Blick von einem Fachbuch über Tiefbau, »ob ... ob Sie wohl was für mich erledigen konnten.«
    Kurzes Schweigen. Und dann: »Was denn?«
    »Nun, es geht um meine Schwester —«
    »Ach ja, hab davon gehört — schreckliche Sache. Ich wollte Ihnen schon sagen, wie Leid mir das tut, aber... Worum geht's denn genau? Um das Testament oder —«
    »Nein, darum nicht. Es geht um — na ja, genau genommen um zwei Sachen.«
    »Die wären?«
    In den zehn Tagen seit Nikkis Tod hatte Adrienne jede freie Minute ihrer knappen Zeit, das heißt, jede freie Minute, die sie stehlen konnte, darauf verwendet, die Angelegenheiten ihrer Schwester zu regeln. Und sehr schnell war ihr klar geworden, dass ziemlich viel Geld fehlte.
    »Sie übernehmen doch auch die Suche nach Vermögenswerten, richtig?«
    »Ja«, sagte Bonilla. »Haben Sie welche verloren?«
    »Das kann man wohl sagen. Etwa eine halbe Million Dollar.« 
    »Aua.«
    »Meine Schwester hatte vor einigen Jahren in Deutschland einen Unfall. Und danach gab es eine Schadensersatzregulierung.«
    »Und Sie können nichts finden?«
    »Ich hatte nicht sehr viel Zeit nachzusehen — ich habe zu viel zu tun. Aber ... nein.«
    »Was ist mit ihren Bankkonten?«
    »Sie hatte ein Girokonto mit etwa zweitausend Dollar und ein Sparkonto mit ... ich glaube, rund fünfzehntausend — aber das ist alles. Vielleicht hatte sie noch ein anderes Konto - sie muss noch ein anderes Konto gehabt haben -, aber ich weiß nicht, wo ich suchen soll.«
    »Und woher wissen Sie, dass sie das Geld hatte? Ich meine, eine halbe Mil-?«
    »Sie hat es mir erzählt. Davon hat sie gelebt. Sie hatte keinen Job. Und ich habe gedacht, vielleicht hatte sie es in Aktien angelegt oder als Lebensversicherung — mit jährlichen Zahlungen. Falls ja, könnten Sie das rausfinden?«
    Bonilla schnalzte mit der Zunge.

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