Gefaelschtes Gedaechtnis
kraus. Shopping? Adrienne spürte, wie sie rot anlief.
In den nächsten drei Stunden bereiteten sie ihren Zeugen weiter vor, bis Slough gegen vier Uhr endlich durch ein Lächeln signalisierte, dass er mit dem Ergebnis zufrieden war.
Fünf Minuten nach diesem Lächeln saß sie wieder an ihrem Schreibtisch, und vier Stunden danach war sie noch immer dort, entnervt, erschöpft und gelangweilt. Die Asche ihrer Schwester war in der Ecke, auf dem Boden unter der Garderobe, an der ihr Mantel hing.
Sie gähnte, legte die Liste mit den Fragen, die sie vorbereitet hatte, beiseite und nahm ihren Terminplaner zur Hand.
Bevor sie nach Hause fuhr, musste sie noch ihre Kommentare zu jeder Frage fertig formulieren, die Datei ausdrucken und sie auf Sloughs Schreibtisch legen, damit er sie gleich am nächsten Morgen hatte. Ein weiterer Punkt auf der Liste lautete: Ramon anrufen wg. Jack. Der Portier hatte versprochen, ihn am Samstag zu nehmen — wobei ihr einfiel: Jack musste wahrscheinlich mal raus. Ganz be stimmt ... Sie holte tief Luft und wappnete sich innerlich, Mrs. Spears anzurufen. Es war die einzige Möglichkeit, denn nach Hause konnte sie nicht - noch nicht. Also wählte sie die Nummer.
»Hallooo ...«, sagte sie, wobei sie den letzten Rest Lebhaftigkeit aufbot, der ihr .noch geblieben war. »Ich bin im Büro, und ich habe da ein klitzekleines Problem. Mit Jack!« Sie konnte sich selbst nicht leiden, wenn sie so sprach, aber - »Oh, Sie sind meine letzte Rettung, Mrs. Spears, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll, Sie sind ein Engel! Nein, wirklich! Das ist mein Ernst!«
Als sie aufgelegt hatte, lehnte sie sich zurück und drehte sich mit dem Schreibtischstuhl von links nach rechts. Ihr Blick fiel auf die Urne, und zum x-ten Mal sagte sie sich, dass sie irgendwas mit Nikkis Asche unternehmen musste. Sie in den Potomac streuen ... oder so was in der Art. Aber wo? Und wie? Sollte sie sich ein fach ans Ufer stellen und die Asche ... auskippen? Oder sollte sie es von einer Brücke aus tun? Und von welcher Brücke? Oder ein Kanu mieten ... Seufzend blickte sie auf den nächsten Eintrag in ihrer Liste: Duran.
Dieser Mistkerl.
Sie ließ den Stift, den sie in der Hand hielt, gegen die Schreibtisch-kante wippen. Duran. Ihre Drohung erwies sich langsam als leer. Was hatte sie denn anderes getan, als in sein Büro zu stürmen und ihn anzuschreien? Nichts. Zu viel zu tun.
Sie dachte noch immer über Duran nach, als Bette mit einem halben Dutzend kleiner weißer Schachteln von Tasty Thai hereinkam. Während Adrienne sich über einen Berg grüner Currynudeln her machte, sagte sie, sie werde den Seelenklempner fertig machen, der ihre Schwester auf dem Gewissen hatte.
»Na ja, vielleicht«, sagte Bette.
»Vielleicht? So, wie er sie verkorkst hat? Was willst du wetten, dass er eine ganze Latte von Anzeigen gegen sich laufen hat?«
»Meinst du?«
»Ich wette«, sagte Adrienne. »Und wenn ich Recht habe - ruinier ich ihn. Im Ernst! Mag sein, dass Nikki ein bisschen verrückt war —«
»Ähm ... Mag sein, dass Nikki ein bisschen verrückt war?«
»Meinetwegen, dann war sie eben ganz schön verrückt. Aber dieses Hirngespinst, dass sie als Kind missbraucht worden ist - genau deshalb hat sie sich umgebracht. Und das hatte absolut nichts mit der Realität zu tun.«
»Das weißt du? Ich meine, du weißt, warum sie sich umgebracht hat? «
Adrienne nickte. »Es stand in ihrem Testament. Das hat sie statt eines Abschiedsbriefes hinterlassen. Und dieser Typ, Duran - den sie auch noch in ihrem Testament berücksichtigt -, hat das alles erfunden. Und dann — bringt er sie dazu, dass sie es glaubt.«
Bette verzog das Gesicht.
»Sie hat doch von nichts anderem mehr gesprochen. Und das sollte ihr helfen!?« Sie nahm etwas von dem Pahd Thai, kostete es kritisch und zuckte die Achseln. »Meins ist besser«, entschied sie.
»Und was hast du vor?«
»Ihm das Handwerk legen.«
»Wie?«
»Was weiß ich? Ich hab ja nicht mal Zeit, mit dem Hund Gassi zu gehen.«
»Wieso lässt du ihm nicht von offizieller Seite auf den Zahn fühlen?«
Adrienne schnaubte verächtlich. »Neulich hab ich bei der Ärztekammer angerufen - die vergeben die Zulassungen für klinische Psychologen -, und weißt du, was die mir gesagt haben? Sie haben gesagt, ich sollte vorsichtig sein - die haben wirklich das Wort >vorsichtig< benutzt -, Anzeigen wegen falscher ärztlicher Behandlung im Bereich Psychiatrie seien eine heikle Sache.«
Bette
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