Gefaelschtes Gedaechtnis
aber es kam nichts — ihre Stimme war ebenso verstummt wie die Pistole des Bären. Sie lief zu Bonilla, kauerte sich neben ihn und redete beruhigend auf ihn ein, während Duran mit dem großen Mann kämpfte, um ihm die Waffe zu entreißen. Vergeblich.
Der Bär hatte eine Hand an Durans Kehle, drückte ihn fest auf den Boden und presste ihm die Waffe an die Schläfe. Doch dann nahm er sie zurück. Statt zu schießen, schlug er Duran mit der Pistole bewusstlos. Dann richtete er sich auf, wischte sich Staub von der Kleidung und kam auf Adrienne zu, die neben Bonilla kauerte. Wortlos stieß er ihr einen Fuß in die Seite und trat erneut zu, als sie wegrollte und vor Panik und Schmerzen aufstöhnte. Er drehte sich zu Bonilla um und sah, dass der Detektiv kriechend versuchte, seine Waffe zu erreichen, die wenige Meter entfernt auf dem Boden lag. Der Bär ging lautlos neben ihm her und wartete, bis Bonilla die Hand ausstreckte, dann jagte er ihm drei Kugeln in den Rücken — langsam hintereinander.
Plopp ... Plopp ... Plopp.
Schließlich wandte er sich wieder Adrienne zu, die auf dem Boden saß, den Rücken gegen einen Sessel drückte und die Absätze in den Teppich bohrte, um sich nach hinten zu schieben. Er legte ihr die Pistolenmündung an die Stirn und drückte ab.
Klick. Adrienne fuhr zusammen, als wäre in ihrem Kopf eine Mausefalle zugeschnappt. Ganz anders der Bär. Er stand so über sie gebeugt, dass sie nicht wegkonnte, und gab Laute von sich, die wohl irgendwie beruhigend sein sollten. Er nahm das leere Magazin heraus, fischte ein neues aus seiner Manteltasche und legte es ein. Dann beugte er sich ein zweites Mal über sie und drückte ihr wieder die Pistole an die Schläfe. »Es wird nicht wehtun«, versprach er.
Plötzlich spritzte ihr Blut ins Gesicht. Duran hatte dem Mann eine Tischlampe auf den Hinterkopf geknallt, ihn förmlich wie einen Pfahl in den Boden getrieben. Diesmal brachte Adrienne einen Ton heraus, und der Entsetzensschrei, der aus ihrem Mund drang, ließ fast die Scheiben zerbersten.
Duran riss sie hoch, und sie rannten zur Tür, platschten durch die Blutlachen um Eddie und den Kobold. Für Adrienne war es wie ein böser Traum. Sie fühlte sich schwerelos, wie eine aufblasbare Puppe, die kaum noch Kontakt zum Boden hatte. Dann waren sie zur Tür hinaus und rannten den Flur entlang. Hinter ihnen horten sie ein Brüllen und ein Krachen, als wäre ein Tier vor Schmerzen aufgewacht und hätte festgestellt, dass es in der Nacht ein Bein verloren hatte.
Sie bogen um die Ecke und erreichten die Fahrstühle. Duran schlug mit der Faust auf den Knopf, der sofort aufleuchtete, und die Türen glitten auf. Duran ließ Adriennes Hand los, sprang in den Fahrstuhl und ließ sie allein auf dem Flur stehen.
Sie konnte es nicht fassen. Sie war wie vor den Kopf gestoßen. Er hatte sie gerettet, und jetzt - sie hörte, wie der Bär über den Flur hinter ihnen hergetaumelt kam.
Dann war Duran ebenso schnell wieder aus dem Fahrstuhl heraus, wie er hineingesprungen war. Er packte ihre Hand, zog sie den Flur hinunter, während die Türen sich ratternd hinter ihnen schlossen und die Kabine nach unten glitt. Sie rannten um eine Ecke, und Duran probierte eine Tür nach der anderen aus, bis er eine fand, die unverschlossen war. Blitzschnell huschten sie hinein und stellten fest, dass sie sich in der Abfallkammer für den. sechsten Stock befanden.
Während die Tür sich hinter ihnen schloss, blickte Adrienne sich um und sah drei mit Flaschen und Dosen halb gefüllte Plastikmülleimer an der hinteren Wand, Zeitungsstapel auf dem Boden und eine kleine Öffnung in der Wand - den Müllschlucker. Als die Tür ganz geschlossen war, blieb nur noch der üble Geruch, ein fauler, organischer Gestank, der in dem Dämmerlicht übermächtig war.
Sie wollte schreien, aber was würde das nützen? Vielleicht würde jemand daraufhin in den Flur kommen, aber den Mann, der sie verfolgte, würde das nicht aufhalten - er hatte seinen eigenen Partner getötet, nur um an Bonilla ranzukommen. Also blieb sie, wo sie war, starrte auf das Licht hinter den Lüftungsschlitzen unten an der Tür.
Sie hörten, wie der Bär den Flur hinunterlief, sich dann umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung rannte. Sie hörten, wie er mit der flachen Hand auf den Fahrstuhlknopf schlug, hörten ihn fluchen, hörten ihn keuchen.
Dann, ganz plötzlich, waren seine Beine durch die Lüftungsschlitze zu sehen. Instinktiv umklammerte ihre Hand Durans Arm
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