Gefaelschtes Gedaechtnis
Adrienne. »Woher die wussten, dass Bonilla und ich da waren.«
Duran brummte und fing an, seine Socken anzuziehen. »Ja ... und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?«
»Dass Ihr Telefon abgehört worden ist. Oder ... Sie haben ihnen gesagt, dass wir kommen.«
Duran zog die Stirn kraus. »Ich hab niemandem irgendwas gesagt.« Er gähnte, schüttelte den Kopf und blinzelte den. Schlaf weg.
»Sie haben gesagt, einer von den Männern wäre Ihnen bekannt vorgekommen«, erinnerte Adrienne ihn.
»Ja schon, aber — nur ganz vage. Als hätte ich ihn mal irgendwo auf der Straße gesehen oder so.«
»Aber —«
»Wieso sollte jemand mein Telefon abhören?«, fragte Duran. Adrienne sah ihn direkt an. »Wollen Sie eine ehrliche Antwort?« Duran nickte, von der Frage überrascht. »Natürlich.«
»Weil irgendwas mit Ihnen vorgeht. «
Durans Augenbrauen sackten nach unten. »Was denn?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Adrienne.
Er dachte kurz darüber nach. Schließlich sagte er: »Vielleicht haben Sie Recht.« Er stockte. »Vielleicht aber auch nicht.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine: Sie sind es, die sie umbringen wollten. Sie sind es, deren Wohnung auseinander genommen worden ist. Vielleicht wird ja Ihr Telefon abgehört.«
Sie war verunsichert. Was er sagte, ergab Sinn. Aber dann wiederum: >Zwei Klienten sind normal. Zwei Klienten sind<— »Glauben Sie mir«, sagte sie. »Es geht um Sie.«
Sie nahmen die U-Bahn von Springfield bis zur Station Cleveland Park, von wo aus sie in fünf Minuten The Towers erreichten.
Duran schloss die Eingangstür auf, und sie betraten die Lobby, eine große marmorne Halle mit einem riesigen Kronleuchter, der ein Arrangement aus geschmackvollen Couchs und gerahmten Schwarzweißfotos vom alten Washington beschien. Es gab keine Portiers, bloß einen Sicherheitsdienst, von dem jedoch momentan niemand auf dem Posten war.
Weder Adrienne noch Duran sprachen ein Wort, während der Fahrstuhl sie ruckelnd in den sechsten Stock trug. Schließlich wurde er langsamer und blieb stehen, die Türen öffneten sich mit einem lauten Pling, und sie sahen den Flur vor sich.
»Ganz vorsichtig«, flüsterte Adrienne. Duran signalisierte mit einem Nicken, dass er verstanden hatte.
Als er den Schlüssel ins Schloss schob, ihn umdrehte und die Wohnungstür aufschob, rechnete er fast damit, dass der Bär mit der Wucht eines plötzlichen Unwetters auf sie zugestürzt kam. Doch nichts geschah — keine Bewegung und kein Geräusch, bis auf das leise Summen des Kühlschranks. Duran trat ein und bemerkte erstaunt, wie die Anspannung von ihm wich. Er erinnerte sich, wie anonym und gesichtslos ihm die Wohnung vorgekommen war, als er sie nach dem Lügendetektortest betreten hatte. Aber jetzt empfand er das anders. Die Wohnung hat was, dachte er. Ich bin einfach gerne hier. »Kommen Sie rein«, sagte er beinahe zu laut.
Adrienne bedeutete ihm, leise zu sein, denn sie sah auf den ersten Blick, dass sich irgendjemand gewaltige Mühe gegeben hatte, die Spuren der Gewalttat zu beseitigen, die sich am Vortag hier abgespielt hatte. Keine Leichen, kein Blut. Bloß der leichte Kiefernduft eines Reinigungsmittels in der Luft.
Sie bewegte sich langsam durch den Raum und suchte nach irgendwelchen Anzeichen des Zwischenfalls. Sie wollte schon aufgeben, als sie fündig wurde: eine Delle in der Wand und eine Furche in der hölzernen Fußleiste. »Sehen Sie?«, sagte sie. »Schussspuren.«
Duran nickte. »Ich bin schon gläubig«, erklärte er. »Ich war dabei.« Er betrachtete den Schaden. »Die Kugeln haben sie natürlich rausgepult.«
Sie seufzte. »Ich kann verstehen, warum die Polizei uns nicht geglaubt hat«, sagte sie. »Ich meine, wenn mir jemand was von einem Mord und Leichen und Blut erzählen würde — und ich gehe hin und finde rein gar nichts ... « Ihre Stimme verlor sich. »Ich meine, wer sucht denn da noch nach Löchern im Holz? Wer sieht sich da noch weiter um? Ich würd's nicht tun.«
Sie ging zu der Stelle, wo Bonilla gelegen hatte, und starrte auf den Boden. Schließlich sagte sie: »Ich versteh das nicht.«
»Was denn?«, fragte Duran.
»Nichts von alledem. Ich kann mir ja noch vorstellen, dass sie alles rechtzeitig wieder sauber machen konnten, bevor die Polizei eintraf, aber ... was haben sie mit Eddie gemacht? Und dem anderen Mann? Wie haben sie sie aus dem Gebäude geschafft?«
Duran schüttelte den Kopf, ebenso ratlos wie sie. »Vielleicht durch die Garage?« Dann deutete er auf den
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