Gefaelschtes Gedaechtnis
Anrufbeantworters, bis das Geräusch verstummte.
»Meine Güte«, sagte Duran mit benommener Stimme. »Sehen Sie sich das an.« Er schwankte leicht und starrte auf das Blut auf seinem Hemd. »Ich hab Nasenbluten«, erklärte er.
Jetzt war es Adrienne, die zitterte. Sie zog ein Kleenex-Tuch aus der Schachtel auf dem Schreibtisch und reichte es Duran. »Von jetzt an«, sagte sie, »falls irgendwelche Telefonanrufe anstehen oder Nachrichten abzuhören sind — lassen Sie mich das machen.«
Duran warf ihr einen fragenden Blick zu, dann wandte er das Gesicht zur Decke. »Meinetwegen ... «, nuschelte er und hielt den Kopf in den Nacken gelegt. »Wer war das überhaupt?«
»Erinnern Sie sich nicht mehr?«
Er schüttelte den Kopf, noch immer den Blick zur Decke gerichtet. »Nein.«
Plötzlich hatte sie eine Idee. »Na, wollen mal sehen.« Sie griff zum Telefon und wählte *69. Dann nahm sie einen Stift und fing an, auf einen Post-it-Zettel zu schreiben, als eine elektronische Stimme sagte: »Die letzte Nummer, die Ihren Anschluss gewählt hat, war 202-234-8484.« Adrienne legte auf und zeigte Duran die Nummer, aber er wusste nichts damit anzufangen.
»Wir können noch immer Ihren Computer benutzen«, sagte sie zu ihm und nahm vor dem Monitor Platz.
»Wozu denn?«, erkundigte er sich, als sie das AOL-Icon anklickte.
»Im Internet ist ein umgekehrtes Telefonverzeichnis. Man gibt die Nummer ein und bekommt die Adresse.« Duran sah ihr über die Schulter, als sie die Telefonnummer eintippte, die sie über *69 erhalten hatte. Die Sanduhr schwebte in der Mitte des Monitors, während sie auf die Antwort warteten.
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Und dann folgende Information:
Barbera, Hector
2306 Connecticut Ave.
Apt. 6-F
Washington, D. C. 20010
Adrienne runzelte die Stirn. »Wer ist Hector Barberg?«, fragte sie. Duran starrte eine Weile auf den Bildschirm, dann hob er eine Hand und flüsterte: »Wir sind in Apartment 6-E.«
Es dauerte nur einen Moment, dann weiteten sich Adriennes Augen. Duran griff zum Telefon, ignorierte ihren stummen Widerspruch und wählte die Nummer von Barbera. Gleich darauf konnten sie es nebenan klingeln hören — ein lang gezogenes. Zwitschern, das kam und ging. Nach dem sechsten Läuten legte Duran wieder auf.
»Keiner zu Hause«, sagte er fest.
Sie nickte, plötzlich erleichtert.
»Wissen Sie, wie man ein Türschloss knackt?«, fragte er.
Statt einer Antwort verzog sie das Gesicht.
»Macht nichts«, sagte er. »Warten Sie hier.«
»Wo wollen Sie hin?«
»Fitnessstudio.«
»Wie bitte?« Sie wollte ihn schon fragen, ob er den Verstand verloren hätte, doch dann fiel ihr ein, dass sie die Antwort auf diese Frage schon wusste. Natürlich hatte. er den Verstand verloren. Das war ja der springende Punkt. »Warum?«
Aber er war schon weg, und einen Moment lang war sie allein in der Wohnung. Allein mit dem Summen des Kühlschranks und dem wechselnden Licht, wenn Wolken. vor die Sonne trieben. Aber nicht nur — da war noch ein anderer Klang, den sie nicht genau einordnen und auch kaum hören konnte, ein tiefer Ton. Raumgeräusch, befand sie. Oder etwas anderes.
Dann war Duran zurück, in der rechten Hand eine Zehn-Kilo-Hantel. »Kommen Sie mit«, sagte er.
»Aber —«
Er spähte in den Flur, um sich zu vergewissern, dass er menschenleer war, dann ging er hinüber zur Tür von Apartment 6-F. Etwa einen Meter davor blieb er stehen, nahm die Hantel nach hinten, wirbelte dann herum wie ein Diskuswerfer und rammte die zehn Kilo verchromten Stahl genau oberhalb des Schlosses in die Tür, sodass der Pfosten splitterte.
Sobald die Tür aufsprang, trat Duran ein, und was er da sah, raubte ihm den Atem. Die Wand zwischen seiner und Barberas Wohnung war mit einem grauen Drahtgitter überzogen. Vor dem Gitter befand sich ein langer Tisch, auf dem elektronische Geräte standen: Oszillatoren, Verstärker und Empfänger und ein klobiger Apparat, der Duran an die Röntgengeräte in Zahnarztpraxen erinnerte. Dieser Apparat war genau auf die Wand ausgerichtet. Er fühlte sich warm an, und eine grüne Leuchtdiode strahlte hell.
Duran sah sich um und stellte fest, dass das Apartment nicht bewohnt wurde. Keine Teppiche auf dem Holzboden, die Wände kahl. Die einzigen Möbel waren ein mattschwarzer Aeron-Stuhl und eine Halogen-Schreibtischlampe. Ein Telefon. Das war alles.
Bis auf die beiden Gegenstände, vor denen Adrienne stand: zwei mit Vorhängeschlössern
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