Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
Vom Netzwerk:
den Bildschirm. »Es sei denn, Sie haben Sicherungskopien auf Diskette gemacht.« Sie sah ihn hoffnungsvoll an.
    »Hier drin«, erwiderte Duran und zog die Schublade auf der linken Schreibtischseite auf. Doch da waren bloß Kugelschreiber, Bleistifte, Scheren und Textmarker. Ein Heftklammerentferner und Büroklammern. »Ich meine, da waren sie.«
    Adrienne blickte sich um, griff dann in den Papierkorb neben dem Schreibtisch. »Ist sie das?«, fragte sie und hielt eine Diskette hoch, die jemand zusammengeknickt hatte wie eine leere Bierdose.
    Duran sah auf das Etikett und stieß einen Fluch aus.
    »Sie haben gesagt, Sie hätten Tonbänder aufgenommen«, rief Adrienne ihm in Erinnerung.
    Duran nickte.
    »Und wo bewahren Sie die auf?«
    »Gar nicht«, sagte er. »Ich schicke sie an -« Plötzlich verzog er das Gesicht und stöhnte: »Ohhh, Mann ...«
    »Was ist?«, fragte Adrienne.
    Kopfschüttelnd griff Duran in seine Jacketttasche und holte eine Kassette mit der Aufschrift De Groot 34 heraus. »Die hätte ich eigentlich abschicken sollen, aber dann ging ja alles drunter und drüber.«
    »Ist das die einzige, die Sie haben?«
    Duran nickte.
    »Wie steht's damit?«, fragte Adrienne und nickte Richtung Anrufbeantworter.
    Er sah ihn sich an. »Da ist bloß eine Nachricht drauf«, sagte er und drückte mit dem Zeigefinger auf die Rückspultaste. Zuerst langsam, dann immer schneller spulte das Band zurück und gab dabei ein hohes, tonloses Wimmern von sich. Schließlich hielt es ruckartig mit einem lauten Klicken an.
    »Da hatte aber jemand viel zu erzählen«, bemerkte Duran und drückte auf Play.
    Zuerst kam nur ein knisterndes Rauschen, dann sprach eine Männerstimme leise und vertraulich. »Hallo Jeff, ich hab eine Nachricht für dich — also pass gut auf, ja? Die Nachricht ist nur für dich. Leg alles andere weg und hör genau zu ...« Wieder war ein leises Rauschen zu hören, und dann drang ein tiefer, vibrierender Ton aus dem Gerät, als hätte jemand eine Stimmgabel angeschlagen. Das Signal wurde lauter und leiser, wurde schwächer und pulsierte, sodass es scheinbar näher kam, um sich dann wieder zu entfernen— und erneut zurückzukehren.
    Adrienne war irritiert von dem Geräusch und lauschte angestrengt, um zu erkennen, was es war. Aber es gelang ihr nicht. Es war bloß ein elektronischer Ton, der keinerlei Rückschlüsse auf seine Herkunft zuließ. Nach einer Weile gab sie auf und drehte sich entnervt zu Duran um.
    Er stand wie gelähmt da.
    »Jeff?« Sie hatte ihn noch nie mit seinem Vornamen angeredet, und es kam ihr komisch vor. Er jedoch registrierte es gar nicht. Er blieb, wo er war, gebannt von dem Signal, das aus dem Anrufbeantworter drang. Adrienne fasste ihn am Ärmel und sprach ihn erneut an, und erneut zeigte er keine Reaktion. »Das ist ein Fax oder so was«, erklärte sie und zog ihn sacht am Jackett. »Machen wir, dass wir wegkommen. «
    Und noch immer keine Reaktion von Duran, der jetzt angefangen hatte zu zittern. Sie blickte ihm prüfend ins Gesicht und bemerkte eine dünne Linie aus Schaum, der zwischen seinen Lippen hervorquoll.
    »He!«, sagte sie in einem eindringlichen Flüsterton und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Allmählich bekam sie es mit der Angst zu tun und versuchte ihn vom Schreibtisch wegzuziehen, aber es nützte nichts. Er war reglos, nicht zu bewegen, eine ein Meter achtzig große Säule aus zitterndem Stein. »Kommen Sie«, sagte sie flehend. »Wir müssen weg!« Aber er konnte sie nicht sehen oder hören — das war offensichtlich. Seine Augen waren weit aufgerissen, die Iris verschwunden, die Pupille schwarz, als wäre es Mitternacht in einem finsteren Keller und nicht später Vormittag in seinem eigenen Konsultationszimmer.
    Das Beben wurde jetzt stärker, sein ganzer Körper schüttelte sich. Und dann sah Adrienne voller Entsetzen, dass er anfing zu bluten, ein dünner Blutfaden, der aus den Nasenlöchern vorne auf sein Hemd tröpfelte. Sie wusste, was sie tun musste — der Anrufbeantworter war in Reichweite —, aber Arme und Beine wollten ihr nicht gehorchen. Es war fast, als wäre sie in einem Albtraum, gelähmt durch den Anblick einer gespenstischen Erscheinung, die aus dem Keller auf sie zukam.
    Und das Blut floss jetzt schneller, ein stetes Rinnsal, das auf den Boden tropfte und ihre Schuhe bespritzte, sodass sie instinktiv zurücksprang. Und durch diese Bewegung brach sie den Bann, unter dem sie gestanden hatte. Keuchend schlug sie auf die Tasten des

Weitere Kostenlose Bücher