Gefahr auf High Heels (German Edition)
besaß kein einziges neueres Foto, auf dem Molly nicht aussah, als schmuggelte sie Wassermelonen unter ihrem Rock, oder auf dem sie nicht ein Kind an der Hüfte kleben hatte. Oder beides. Nachdem der letzte Zwerg – Connor, »das Terror-Kind« – geboren worden war, hatte Molly ihrem Mann gesagt, er habe die Wahl: Entweder er vereinbare einen Termin für eine Vasektomie oder er würde zukünftig mit einem offenen Auge schlafen und alle Küchenmesser verstecken müssen, denn so oder so: Der Junge würde beschnippelt werden. Da er ein kluger Mann war, machte er gleich am nächsten Tag einen Termin beim Arzt aus.
»Komm, die anderen sind alle hinten.« Mom führte mich in den privaten Bereich des Geschäfts, in dem sich drei Umkleidekabinen befanden. Unter zwei der Türen sah ich kleine Füßchen. Unter der dritten pinkfarbene Collegeschuhe. Auf einem eleganten Sofa an der Seite saß das Terror-Kind und saugte an einem Lutscher.
»Hallo, Connor«, sagte ich und winkte ihm zu.
Er streckte mir die von künstlicher Weintraube gefärbte Zunge heraus. Connor war kein sehr gewandter Gesprächspartner.
»Mads, bist du das, Schätzelein?«, rief Marco.
»Ja. Sogar fast pünktlich«, sagte ich und warf meiner Mutter einen belustigten Blick zu.
»Wir kommen gleich raus. Warte nur, bis du gesehen hast, was Dana und ich aus den Brautjungfernkleidern gemacht haben!«
Was sie daraus gemacht hatten? Oh, oh.
»Ähm, waren die denn nicht eigentlich fertig?«, rief ich zurück und nahm so weit wie möglich von Connors klebrigen Fingern entfernt auf dem Sofa Platz.
Für die drei Damen hatte ich schlichte, aber schmeichelhafte lange Roben ausgesucht, aus fließendem weißen Material mit ein paar roten Tupfern am Saum und an den Ärmeln. Dana hatte Spaghettiträger gewollt, aber dagegen hatte Molly ihr Veto eingelegt, mit der Begründung, dass ihr nach fünf Jahren Stillen die Brüste bis zum Bauchnabel hingen und sie ohne ihren ultrastarken, industrietauglichen BH aussähe wie ein Mutant. Nachdem wir die Breite der Träger besagten Mega-BHs gemessen hatten (fünf Zentimeter des leistungsfähigsten Elastans, das je von Menschenhand hergestellt wurde), war schnell klar, dass Spaghettiträger nicht in Frage kamen. Stattdessen hatten wir uns für hübsche kleine Flügelärmel mit roten Applikationen entschieden und dann Marco einen weißen Anzug mit weißem Hemd und roter Krawatte verpasst.
Alles in allem schlicht, elegant und geschmackvoll.
Was der Grund war, warum sich mein Magen nun ängstlich zusammenzog.
»Was meinst du damit: ›was ihr aus den Kleidern gemacht habt‹?«, fragte ich wieder.
»Na jaaaaa«, sagte Marco langsam, »wir haben festgestellt, dass deine Hochzeit kein Thema hat.«
»Thema?«
»Ja, ein Thema«, meldete sich Mom zu Wort. Offenbar war sie mit von der Partie.
»Oh, Mads.« Dana steckte den Kopf aus Tür Nummer zwei. »Du musst doch ein Thema für deine Hochzeit haben.«
»Sie hat recht«, schaltete sich Mollys Stimme hinter Tür Nummer eins ein. »Das habe ich in Good Housekeeping gelesen. Themenhochzeiten sind in. Langweilige, traditionelle Hochzeiten out.«
»Langweilig?«, fragte ich. Meine Angst wuchs.
»Langweilig«, wiederholte Dana.
»Du willst doch nicht, dass deine Hochzeit langweilig wird«, sagte Mom kopfschüttelnd.
»Und da es in den Flitterwochen nach Tahiti geht …«, sagte Marco.
»… Inselparadies …«, fügte Dana hinzu.
»… so romantisch …«, sagte Marco und steckte den Kopf aus Tür Nummer drei.
»… haben wir beschlossen, das Thema ist: Romantik im Paradies!«
»Das ist perfekt, Schätzelein.«
»Tropischer Schick.«
»Ist das toll oder ist das to-holl?«
Blinzelnd sah ich zu, wie die beiden körperlosen Köpfe Abbott und Costello spielten.
»Tropischer Schick?« Visionen von Plastikgrasröcken und Kokosnuss-BHs tanzten vor meinen Augen. »Äh, ich weiß nicht …«
»Oh, das wird ganz toll! Wir haben schon die Blumenketten bestellt«, informierte Marco mich.
»Und die Hula-Tänzer.«
»Und zwei riesige Tiki-Köpfe.«
»Tiki-Köpfe?«, fragte ich. Doch es klang mehr wie: »Ti-iki-K-öpfe?«, denn lauter Schluckauf unterbrach mich.
»Hm, hm«, machte Dana nickend. »Also, da sie ja zum neuen Thema passen müssen …«
»… haben wir an den Outfits der Brautjungfern ein paar Änderungen vorgenommen …«, sagte Marco, ungeduldig auf den Spitzen seiner Collegeschuhe trippelnd.
»Du wirst sie lieben.« Dana klatschte hinter der Tür in die Hände.
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