Gefahr auf High Heels (German Edition)
Rücken tief ausgeschnitten, ein weiter Rock, der am Saum mit Perlen besetzt war, ein hübscher weißer Satinstoff, der sich auf der Haut anfühlte, als würde ich jedes Mal, wenn ich es anzog, in ein seidiges Schaumbad gleiten. Nur besser. Weil ich dazu nämlich eine Tiara tragen konnte.
Heute sollte die allerletzte Anprobe stattfinden, um noch einmal jeden Saum, jeden Abnäher, jede Biese, jedes Häkchen zu überprüfen. Und obwohl die letzten vierundzwanzig Stunden anstrengend gewesen waren, merkte ich, wie die Aussicht, es anzuziehen, mich aufmunterte.
»Stimmt. Das Kleid. Natürlich. Äh, wann war noch mal der Termin?«, fragte ich und warf einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett.
»In einer halben Stunde. Du hast es doch nicht vergessen, oder?«
»Ich? Vergessen? Niemals!«, sagte ich und nahm die nächste Ausfahrt. »Ich bin auf dem Weg.«
7
Austin Scarletts Brautsalon befand sich in einem bescheidenen Haus mit weiß verputzter Fassade in einer Seitenstraße des Beverly Boulevard, zwischen einem trendigen französischen Bistro mit Außenterrasse und dem Lucky Happy Time Nagelstudio. Im Fenster standen kopflose Mannequins in wunderschönen, fließenden Roben aus schimmerndem weißem Satin. Sie hielten große geometrische Schaumstofffiguren in leuchtenden Primärfarben im Arm, Farben, die aussahen, als gehörten sie in den Bauklötzekasten eines Kindergartens. Der Kontrast fiel ins Auge, er war mutig und oh, so High Fashion.
Ich stieß die Eingangstür aus Glas auf und atmete tief den Duft von exquisiter Schneiderkunst ein, während ich den kleinen Verkaufsraum nach der fidelen bunten Schar meiner Hochzeitsgäste absuchte.
Mom entdeckte ich sofort; ihre neongrüne Stretchhose stach mir vor den zarten perlenbesetzten Kleidern sofort schmerzhaft ins Auge. Ich liebe meine Mutter heiß und innig, aber ich danke täglich den Göttern, dass ich nicht ihren Sinn für Mode geerbt habe. Obwohl ich zugeben muss, dass sie sich in letzter Zeit Mühe gibt. Auf der Fashion Week in Paris hatte meine Mutter endlich Freude an Modischem entdeckt und fasziniert jedes einzelne Outfit auf dem Laufsteg studiert. Und kaum zu Hause angekommen, hatte sie sich Modenschauen auf YouTube angesehen.
Leider hatte sie es mit der Umsetzung ein wenig zu genau genommen. Jeder, der einmal eine Laufstegshow gesehen hat, weiß, was ich meine, wenn ich sage, diese Klamotten sind nur zum Angucken gedacht und nicht für die Verkaufsständer bei Nordstrom. Sie dienen als Inspiration für die tragbaren Sachen, die in der Saison darauf in den Läden zu kaufen sind. Nicht einmal Models können es sich leisten, diese Showklamotten in die Stadt zu einem Brunch mit den Mädels zu tragen, ohne ausgelacht und angestarrt zu werden.
Was, wie ich sehen konnte, die anderen Kunden im Laden gerade mit Mom taten.
Zu der neonfarbenen Stretchhose (denn, wie sie mir verkündet hatte, »kräftige Farben sind dieses Jahr in, Maddie!«) trug sie ein langes, bauschiges weißes Shirt, das ein wenig durchsichtig war (»diesen Frühling ist alles durchscheinend!«) und darunter einen viel zu gut sichtbaren BH mit Leopardenmuster. (Anscheinend hatte sie sich noch keine Unterwäscheshows angesehen.) An den Füßen hatte sie schillernde silberne Boots, und von den Ohrläppchen baumelten neongrüne Ohrringe. Das Ganze wurde gekrönt von passendem grünen Lidschatten, der sich von den verklumpten Wimpern bis hoch zu den aufgemalten Augenbrauen zog.
Ich erschauerte innerlich, dankbar, dass sie noch nicht aus der Boutique geworfen worden war.
»Mads!«, rief sie, eilte durch den Laden und zog mich in ihre Arme. »Oh, ich bin ja so froh, dass du es geschafft hast. Sogar fast pünktlich.«
Großzügig verzichtete ich auf eine Erwiderung.
»BillyJo ist gerade gegangen«, fuhr sie fort. »Ihr Kleid passt gut, und Marco hilft gerade Molly und Dana beim Anziehen.«
BillyJo, Molly, Dana und Marco waren die Mädels, die ich hatte überreden können, meine Brautjungfern zu sein. (Ja, ich warf Marco mit den Mädels in einen Topf. Glauben Sie mir, er war begeistert.) BillyJo war Ramirez’ Schwester. Ich hatte zwar den Eindruck, dass sie mich nicht allzu sehr mochte, aber sie war erfreut, dass sie bei der Hochzeitsfeier miteingeplant war. Vor allem, da alle fünfhundert Brüder und Cousins von Ramirez Trauzeugen sein würden.
Molly, die Gebärmaschine, wie ich sie gern nannte, war meine Cousine. In weniger als fünf Jahren hatte sie vier Teppichratten in die Welt gesetzt. Ich
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