Gefahr auf High Heels (German Edition)
»Fertig, Molly?«
»Nur noch den Reißverschluss«, schnaufte Molly. »Jetzt hab ich’s.«
Wie auf Kommando traten sie gleichzeitig aus ihren Umkleidekabinen.
»Ta-da!«, sagte Marco und warf sich in eine Pose wie Madonna in ihrem Video zu Vogue .
Meine Augen flogen zwischen meinen »schlichten, eleganten und geschmackvollen« Kleidern hin und her.
Jemand hatte kleine Muscheln an den roten Besatz am Saum und an den Ärmeln geklebt, die Röcke waren von oben bis unten mit künstlichen roten Hibiskusblüten bedeckt, und die Ausschnitte hatten Bordüren aus geflochtenen Hanfkordeln.
Und Marcos Smoking war rot gefärbt. Rot. Von Kopf bis Fuß. Auf der Krawatte prangte ein Hula-Mädchen.
»Na, was sagst du, Maddie?«, fragte Dana und wippte mit den Füßen auf und ab.
Glücklicherweise blieb mir eine Antwort erspart, weil stattdessen ein lauter Schluckauf aus meinem Mund drang.
Connor kicherte. Traubenfarbene Spucke lief ihm über das Kinn.
»Wir haben die Änderungen selbst gemacht. Total Retro-Inselmädchen, findest du nicht?« Dana wirbelte herum, woraufhin die kleinen Muscheln am Saum aneinanderklickerten wie ein Windspiel. »So romantisch.« Sie seufzte. »So was will ich auch bei meiner Hochzeit haben.«
»Ich glaube, mir ist eine Hibiskusblüte in den Ausschnitt gerutscht«, sagte Molly, die sich vor dem Spiegel hin und her drehte und an ihrem industrietauglichen Träger zupfte.
»Und? Sag was«, sagte Marco. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und seine Vogue-Pose begann, in sich zusammenzufallen.
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
Aber aus meiner Kehle kam nur ein erstickter Laut.
Mom klatschte entzückt in die Hände. »Sie ist sprachlos. Oh, wir wussten, dass es dir gefallen würde. Siehst du, du bist nicht die Einzige mit einem Auge für Mode.« Sie zwinkerte mir zu.
Ich schluckte.
»Mads, hast du wieder Schluckauf?«, machte Dana uns alle auf das Offensichtliche aufmerksam.
»Hier, halt mal die Luft an«, sagte Marco und kniff mir die Nase mit zwei Fingern zu.
»Au.«
»Nein, nein, sie muss den Kopf zurücklegen«, befahl Molly und bahnte sich mit den Ellbogen den Weg zu mir. Sie packte eine großzügige Handvoll von meinem Haar und zog daran.
Ich versuchte zu protestieren, brachte aber nur einen Schluckauf heraus.
»Holt ihr bitte jemand ein Glas Wasser?«, bat meine Mutter.
»Hier, ich habe einen Sportdrink.« Dana griff in ihre Tasche und zog eine Flasche mit orangefarbenem Zeugs heraus, auf deren Etikett viele Blitze waren.
Mom schob sie mir unter die Nase, während Molly meinen Kopf zurückhielt.
»Halt die Luft an und trink so schnell du kannst«, sagte Mom und goss mir den Inhalt in den Hals.
Es schmeckte wie flüssige Vitamine. Ich musste husten, und das orangefarbene Gesöff spritzte mir übers Kinn.
Connor heulte vor Begeisterung und klatschte in die Hände, bis der Lutscher am Sofa klebte.
»Mir geht’s gut. Wirklich«, sagte ich und befreite mich von dem ach so hilfsbereiten Trio. »Mir g-(Schluckauf)eht’s gut.«
»Jesses, dich hat’s aber schlimm erwischt.« Dana legte den Kopf schräg, um mich kritisch zu mustern.
»Ach, echt?« Ich holte ein Taschentuch aus meiner Handtasche und wischte mir das klebrige Zeug vom Kinn.
»Hallo?«, rief eine Stimme hinter der Tür. »Sind alle anständig angezogen?«
Mein Blick fiel auf Marcos Krawatte. Darüber konnte man geteilter Meinung sein.
Doch bevor ich antworten konnte, kam Austin Scarlett mit exaltierten Schritten herein, über dem Arm einen schwarzen Kleidersack. »Da ist ja unsere Braut!«, rief er und beugte sich zu mir vor, um mir zwei Luftküsschen zu verpassen.
Austin Scarlett erfüllte alle Vorurteile, die man nur über die Modeindustrie haben konnte. Er warFashion, von der blonden Toupierfrisur über den leichten Akzent der Hautevolee bis zu der ausgestellten Weste und den Absatzstiefeln.
Mr Fashions Blick huschte zu dem Horror, der mein Brautgefolge war, aber wie ein wahrer Profi verdrehte er nicht einmal die Augen, sondern sah schnell weg, bevor ihm eine abfällige Bemerkung entschlüpfen konnte.
»Süße, du siehst heute göttlich aus«, sagte er und legte den Kleidersack neben mir ab. »Wollen wir jetzt das Kleid anprobieren?«
Ich nickte, inständig hoffend, dass das Thema-Team es nicht auch in die Finger bekommen hatte.
Doch als er den Reißverschluss des Sacks mit der großen Geste des wahren Künstlers, der sein Meisterwerk enthüllt, aufzog, stieß ich einen Seufzer der Erleichterung
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