Gefahrenzone (German Edition)
hinaufgefahren. Eine Nacht verbrachte er im Hotel und bezog dann diese Untergeschosswohnung unterhalb der Haupteingangstreppe eines stattlichen Sandsteinhauses im feinen Viertel um den Dupont Circle.
Es war jetzt acht Uhr abends. Tatsächlich wäre er bereits seit der Mittagszeit einsatzfähig gewesen, aber noch bevor er sein Laptop aus seiner Reisetasche geholt oder sein Mobiltelefon eingeschaltet hatte, hatte er versucht, zu einem Bekannten in der russischen Botschaft Kontakt aufzunehmen. Dabei war er nicht einmal sicher, ob der alte SWR-Kollege überhaupt noch in Washington stationiert war. Er fand eine Telefonzelle außerhalb eines Postamts und rief von dort die örtliche Telefonauskunft an.
Der Mann war nicht unter seinem eigenen Namen aufgeführt, was kaum überraschend war, aber Kowalenko probierte eine Reihe von Decknamen aus, die der Mann bei Auslandseinsätzen benutzt hatte. Erst als auch diesen keine Nummer zuzuordnen war, akzeptierte er die Tatsache, dass er sich seiner Verpflichtungen gegenüber Centers Organisation nicht einfach durch einen Anruf bei einem alten Freund entledigen konnte.
Nachdem er eine längere Sicherheitsrunde gedreht hatte, um potenzielle Verfolger abzuschütteln, ging er zur russischen Botschaft in der Wisconsin Avenue, wagte es jedoch nicht, sich ihr zu sehr zu nähern. Er stellte sich einen Block von ihr entfernt auf und beobachtete eine Stunde lang die Männer und Frauen, die das Gebäude betraten und verließen. Er hatte sich seit einer Woche nicht mehr rasiert, was seine Tarnung sicher noch verstärkte, aber er wusste, dass er nicht allzu lange bleiben durfte. Auf dem Heimweg in sein Viertel drehte er erst einmal eine weitere Sicherheitsrunde und wechselte dann mehrmals den Bus.
In einem Schnapsladen an der 18. Straße in der Nähe seines Apartments kaufte er sich eine Flasche Ketel One und ein paar Flaschen Bier, kehrte in seine Wohnung zurück, legte den Wodka ins Gefrierfach und kippte die Biere hinunter.
Sein Nachmittag war also ein völliger Fehlschlag gewesen. Jetzt saß er an seinem Computer und wartete auf Centers Antwort.
Auf dem schwarzen Bildschirm erschien plötzlich ein grüner Text. »Sie sind einsatzbereit?«
»Ja«, tippte er ein.
»Wir haben für Sie einen äußerst dringenden Einsatz.«
»Okay.«
»Aber zuerst müssen wir über Ihre heutigen Bewegungen sprechen.«
Kowalenko fühlte einen stechenden Schmerz in der Brust. Nein. Die können mich unmöglich aufgespürt haben. Er hatte sein Handy auf dem Schreibtisch in seiner Wohnung liegen lassen, und sein Laptop war nicht einmal ausgepackt gewesen. Er hatte keine Computer benutzt, und er hatte auf seinen Sicherheitsrunden niemand entdeckt, der ihn beschattete.
Sie mussten bluffen.
»Ich habe genau das getan, was Sie verlangten.«
»Sie sind zur russischen Botschaft gegangen.«
Der Schmerz in seiner Brust wurde noch stärker. Er drohte in Panik zu geraten, kämpfte jedoch dagegen an. Sie blufften immer noch, da war er sich sicher. Es war für sie nicht schwer zu erraten, dass er mit ehemaligen SWR-Kollegen Verbindung aufnehmen wollte, sobald er in Washington eingetroffen war. Er hatte sich immerhin gute hundert Meter von der Botschaft entfernt gehalten.
»Sie raten«, schrieb er. »Und Sie haben falsch geraten.«
Ohne Vorwarnung tauchte in seinem Cryptogramfenster ein Foto auf. Es zeigte Kowalenko, wie er in einem kleinen Park gegenüber der russischen Botschaft in der Wisconsin Avenue saß. Es stammte ganz klar von heute Nachmittag. Es sah aus, als ob es von einer Verkehrsüberwachungskamera aufgenommen worden wäre.
Walentin schloss einen Augenblick die Augen. Sie waren tatsächlich überall.
Er stürmte in die Küche und holte die Flasche Ketel One aus dem Gefrierfach. Er holte ein Wasserglas aus dem Schrank und goss sich zwei Fingerbreit eiskalten Wodka ein. Er kippte das ganze Glas auf einen Zug hinunter und füllte es dann erneut auf.
Eine Minute später saß er wieder an seinem Schreibtisch. »Was zum Teufel wollen Sie von mir?«
»Ich will, dass Sie unsere Vorschriften beachten.«
»Und was machen Sie, wenn ich das nicht tue? Schicken Sie mir die Petersburger Mafia auf den Hals? Hier in Amerika? Das glaube ich nicht. Sie können eine Überwachungskamera hacken, aber Sie können mich hier nicht behelligen.«
Eine ganze Weile kam keine Antwort. Walentin schaute auf seinen Computer, während er das zweite Glas Wodka leerte. Gerade als er das leere Glas auf seinen kleinen Schreibtisch
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