Gefahrenzone (German Edition)
Heute war der erste Tag, an dem ihm sein Chirurg erlaubte, die Stärke und Beweglichkeit seiner Hand einem Test zu unterziehen.
Ein schneller Blick auf die Wanduhr zeigte ihm, dass Sandy und Patsy in ein paar Minuten zurück sein würden. Seine Frau und seine Tochter waren nach Westminster gefahren, um Lebensmittel einzukaufen. Sie hatten ihn gebeten, mit dem Funktionstest seiner Hand bis zu ihrer Rückkehr zu warten, da sie gern dabei sein würden. Sie behaupteten, sie wollten seine Genesung mit einem guten Essen und einem ausgezeichneten Wein feiern, aber John kannte den wahren Grund: Sie wollten nicht, dass er dies ganz allein durchmachen musste. Sie wollten ihm moralischen Beistand leisten, für den Fall, dass er seine Finger nicht besser als vor der Operation bewegen konnte.
Er hatte es ihnen zwar versprochen, aber jetzt erkannte er, dass er niemand anderen dabeihaben wollte. Er konnte nicht länger warten und war zu stolz, um diesen unangenehmen, schmerzhaften Prozess vor den Augen seiner Frau und seiner Tochter durchzuführen. Außerdem wollte er seine Hand bei diesem Test weit stärker beanspruchen, als es ihm seine Tochter, sein Arzt oder gar seine Frau als ausgebildete Krankenschwester erlaubt hätten.
Sie hatten die Sorge, er könnte sich selbst verletzen, aber John hatte keine Angst vor den Schmerzen. Er hatte gelernt, die eigenen Schmerzen so gut zu beherrschen wie kaum ein anderer auf dieser Welt. Nein, John befürchtete, dass er den Test nicht bestehen könnte. Um dies zu vermeiden, würde er seinen Körper aufs Äußerste beanspruchen. Er war sich sicher, dass dies nicht unbedingt schön anzuschauen sein würde. Er würde seine Kraft und Beweglichkeit überprüfen, indem er sich die größtmögliche Anstrengung abzwang.
Er stellte sich vor die Küchentheke, wickelte seinen Verband ab und entfernte die kleinen Metallschienen zwischen seinen Fingern. Er ließ den Verband auf der Anrichte liegen und ging ins Wohnzimmer hinüber. Dort setzte er sich in seinen Ledersessel und hob die Hand, um sie genau zu untersuchen. Die neuen und alten Operationsnarben waren klein und sahen nicht besonders dramatisch aus, aber er wusste, dass sie über den unglaublichen Schaden an seiner Hand hinwegtäuschten. Sein orthopädischer Chirurg im Johns-Hopkins-Hospital galt als einer der besten der Welt. Er hatte bei seiner Operation Minimalinzisionen, also nur kleinste Einschnitte, angewandt, wobei ihm laparoskopische Kameras und fluoroskopische Bilder geholfen hatten, seinen Weg durch die beschädigten Knochen und das Narbengewebe zu finden.
Wenngleich seine Hand gar nicht so schlecht aussah, war John durchaus bewusst, dass die Chancen für eine vollkommene Genesung weniger als fünfzig Prozent betrugen.
Wenn das stumpfe Trauma etwas höher auf der Hand eingetreten wäre, würde es an seinen Fingergelenken vielleicht weniger Narbengewebe geben, hatten ihm seine Ärzte erklärt. Wenn er etwas jünger gewesen wäre, hätten seine Selbstheilungskräfte vielleicht ausgereicht, um eine vollkommene Gesundung zu gewährleisten, hatten sie angedeutet, ohne es deutlich auszusprechen.
John Clark wusste, dass sich beide Faktoren nicht ändern ließen.
Er verdrängte die schlechte Prognose aus seinem Kopf und versuchte, durch positives Denken seine Erfolgsaussichten zu verbessern.
Er nahm einen Racquetball, der auf dem Couchtisch direkt vor ihm lag, in die verletzte Hand und fixierte ihn voller Entschlossenheit mit den Augen.
»Auf geht’s!«
Clark begann ganz langsam, seine Finger um den Ball zu schließen.
Er merkte beinahe sofort, dass sich sein Zeigefinger noch immer nicht richtig bewegen ließ.
Es handelte sich um seinen Abzugsfinger!
Scheiße.
Sowohl der Grund- als auch der Mittelgliedknochen waren vom Hammer seines Peinigers regelrecht zerschmettert worden. Das Interphalangeal-Gelenk, das vom lebenslangen Abzu g drücken bereits leicht arthritisch gewesen war, war ebenfalls ernsthaft beschädigt.
Während sich seine anderen Fingerspitzen in den kleinen blauen Ball pressten, brachte sein Abzugsfinger nur ein leichtes Zucken zustande.
Er versuchte diesen Rückschlag und das damit verbundene scharfe Brennen in seiner Hand zu ignorieren und drückte noch härter zu.
Die Schmerzen verstärkten sich. Er stöhnte laut auf, versuchte jedoch weiterhin, den kleinen Racquetball in seiner Faust zu zerdrücken.
Sein Daumen schien so gut wie neu, seine beiden kleinen Finger drückten den Ball ohne Probleme zusammen, und
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