Gefahrenzone (German Edition)
körperlichen Einsatzes zeigen, der John Clark bereits seit Jahrzehnten abverlangt wurde. Dies ließ sich nicht einfach wegreden.
Clark hörte den Geländewagen seiner Frau die Kiesauffahrt heraufkommen. Er setzte sich in einen Schaukelstuhl auf der rückwärtigen Veranda und erwartete ihre Ankunft.
Ein Mann Mitte sechzig, der auf der Veranda eines einsam gelegenen Farmhauses saß, stellte ein Bild der Ruhe und des Friedens dar. Trotzdem täuschte dieses Bild. John Clark stellte sich gerade vor, wie er seine gesunde Hand dem Hurensohn Walentin Kowalenko um die Kehle legen würde, dieser hinterhältigen russischen Schlange, die ihm das angetan hatte. Er hätte nur zu gern die Stärke und Beweglichkeit der Hand an der Luftröhre dieses Bastards ausprobiert.
Aber das würde nie passieren.
»John?«, rief Sandy aus der Küche herüber.
John wischte sich die letzten Schweißreste von der Stirn und rief: »Ich bin hier draußen.«
K urz darauf saßen Patsy und Sandy neben ihm und warteten, dass er etwas sagte. Sie hatten ihm beide bereits eine Minute lang Vorwürfe gemacht, weil er nicht auf ihre Rückkehr gewartet hatte. Aber diese Enttäuschung spielte sofort keine Rolle mehr, als sie seine düstere Stimmung erkannten. Mutter und Tochter beugten sich besorgt nach vorn und schauten ihn beunruhigt an.
»Die Hand ist beweglich. Sie kann auch greifen ... zumindest ein bisschen. Voraussichtlich wird es durch weitere Physiotherapie-Übungen allmählich doch noch etwas besser.«
»Aber?«, fragte Patsy.
Clark schüttelte den Kopf. »Es ist nicht das Ergebnis, das wir erhofft hatten.«
Sandy ging zu ihm hinüber, setzte sich auf seinen Schoß und legte den Arm um ihn.
»Das ist schon in Ordnung«, tröstete er sie. »Es hätte auch viel schlimmer sein können.« Clark dachte einen Moment nach. Seine Folterer hätten ihm damals fast ein Skalpell ins Auge gestochen. Er hatte Sandy und Patsy natürlich nie davon erzählt, aber es fiel ihm von Zeit zu Zeit ein, wenn ihm seine zerschlagene Hand Probleme bereitete. Er hatte gute Gründe, dankbar zu sein, und er wusste das auch.
»Ich werde mich jetzt erst mal wieder auf meine Übungen konzentrieren. Die Ärzte haben getan, was sie konnten. Jetzt liegt es an mir, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.«
Sandy löste die Umarmung, setzte sich auf und schaute ihrem Mann in die Augen.
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, es ist Zeit aufzuhören. Ich rede zuerst mit Ding, aber am Montag gehe ich zu Gerry.« Er zögerte eine ganze Weile und sagte dann: »Es ist vorbei.«
»Vorbei?«
»Ich gehe in den Ruhestand. Das meine ich wirklich.«
Obwohl sie es zu verbergen suchte, bemerkte John eine Erleichterung auf Sandys Gesicht, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Seit Jahrzehnten. Es war mehr als Erleichterung, es war die reine Freude.
Sie hatte sich nie über seine Arbeit beklagt. Sie hatte jahrzehntelang akzeptiert, dass er mitten in der Nacht aus dem Haus stürmte, ohne ihr zu sagen, wohin er ging, dass er viele Wochen weg war und manchmal blutig und angeschlagen heimkam. Am schlimmsten empfand sie es jedoch, dass er danach tagelang schwieg, bevor er auftaute und sein Geist die Mission hinter sich ließ, von der er gerade zurückgekehrt war. Erst dann konnte er wieder lächeln, sich entspannen und die ganze Nacht durchschlafen.
Ihre Jahre in Großbritannien bei der NATO -Antiterroreinheit Rainbow waren vielleicht die beste Zeit ihres gemeinsamen Lebens gewesen. Seine Dienstzeiten dort waren beinahe normal, sodass sie viel Zeit miteinander verbringen konnten. Aber selbst drüben in England war er für das Schicksal Dutzender junger Männer verantwortlich, und sie wusste, wie sehr ihn das belastete.
Seit ihrer Rückkehr in die Staaten arbeitete er für Hendley Associates. Erneut bemerkte Sandy den Stress und die Anstrengung, die seine Operationen im Auftrag des Campus für seinen Körper und Geist darstellten. Er war dort wieder als Außenagent tätig. Sie wusste das, obwohl er nur selten etwas über seine Einsätze im Ausland erzählte.
Im vorigen Jahr hatte ihn die amerikanische Presse dann als gesuchten Verbrecher denunziert. Als er daraufhin flüchten musste, machte sie sich Tag und Nacht Sorgen um ihn. Die Sache ging schließlich doch noch gut aus. Er wurde in den Medien rehabilitiert, nachdem sich der abgewählte US-Präsident öffentlich für seine Verfolgung durch die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden entschuldigt hatte. Als er dann jedoch von wo
Weitere Kostenlose Bücher