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Gefahrenzone (German Edition)

Gefahrenzone (German Edition)

Titel: Gefahrenzone (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Dienstwohnung in Zhongnanhai auf. Einige wenige Getreue versicherten ihm zwar ihre Unterstützung, aber es war unübersehbar, dass sich das Blatt gegen ihn gewendet hatte. Das Büro des Vizepräsidenten teilte ihm mit, dass er bis zum nächsten Morgen um zehn Uhr Zeit habe, Vertretern des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit freiwillig Zugang zu seiner Präsidentenresidenz zu gewähren, um sich von ihnen festnehmen zu lassen. Sollte er Widerstand leisten, müsse man leider Gewalt anwenden.
    Am späteren Abend dieses sechsten Tages ging Wei endlich in die Offensive. Er bestellte die fünf Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros, die nicht zu den Verschwörern gehörten, zu einem Geheimtreffen ein. Er versicherte ihnen, dass er sich selbst als »Ersten unter Gleichen« betrachte. Sollte er Präsident und Generalsekretär bleiben, werde er sie in eine Art »kollektive Führung« einbinden. Er versprach ihnen also, dass jeder von ihnen künftig über mehr Macht verfügen würde als unter jedem anderen, den sie an seine Stelle setzen würden.
    Seine Ansprache wurde jedoch mit äußerster Kälte aufgenommen. Seine Kollegen hielten ihn wohl bereits für erledigt und zeigten deshalb keinerlei Interesse, ihn zu unterstützen. Der zweitmächtigste Mann Chinas, der Vorsitzende der Zentralen Militärkommission Su Ke Qiang, sagte während des ganzen Treffens kein einziges Wort.
    In dieser Nacht machte sich Wei mit dem Gedanken vertraut, dass er am nächsten Morgen gestürzt werden könnte. Man würde ihn wohl verhaften, einsperren, zu einem falschen Geständnis zwingen und hinrichten. Kurz vor Sonnenaufgang schien sein Schicksal endgültig besiegelt. Drei der fünf Mitglieder des Ständigen Ausschusses, die sich dem Staatsstreich bisher nicht angeschlossen hatten, ließen ihm die Nachricht zukommen, dass sie zwar seine Absetzung nicht aktiv unterstützen würden, aber auch nicht die politische Macht und Möglichkeit besäßen, ihm auf irgendeine Weise zu helfen.
    Um fünf Uhr morgens rief Wei seine Mitarbeiter zusammen und teilte ihnen mit, dass er zum Wohle der Nation zurücktreten werde. Man informierte das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, dass Wei sich freiwillig stellen werde. Daraufhin wurde vom Ministeriumsgebäude in der Östlichen Chang’an Avenue auf der anderen Seite des Tiananmen-Platzes ein Verhaftungsteam in Richtung Zhongnanhai losgeschickt.
    Wei hatte ihnen zuvor versichert, dass er ruhig und friedlich mitkommen werde.
    Tatsächlich wollte sich Wei jedoch auf gar keinen Fall ruhig und friedlich abführen lassen.
    Er würde nirgendwohin gehen.
    Der vierundfünfzigjährige Prinzling hatte nicht die geringste Lust, sich als Schmierendarsteller in einem politischen Theaterstück missbrauchen zu lassen und seinen Feinden als Sündenbock für den Niedergang seines Landes zu dienen.
    Seinen Leichnam durften sie gern haben, und mit seinem politischen Erbe durften sie umgehen, wie immer sie wollten. Er würde ja nicht mehr da sein, um das Ganze zu beobachten.
    Während das Polizeikontingent vom Ministerium für Öffentliche Sicherheit zum Regierungskomplex unterwegs war, rief Wei den Chef seiner Leibwache, Fung, zu sich. Dieser erklärte sich bereit, ihm seine Pistole zu leihen und deren Funktionsweise zu erklären.
    W ei hielt sich die große schwarze QSZ-92-Pistole an den Kopf. Seine Hand zitterte etwas, aber er war in Anbetracht der Lage erstaunlich gefasst. Als er jedoch die Augen schloss und den Finger auf den Abzugshahn drückte, spürte er, wie sich das Zittern verstärkte. Dieses Mal begann es in den Füßen und stieg dann durch seinen ganzen Körper nach oben.
    Wei bekam Angst, dass dieser Tremor die Pistole so sehr verreißen könnte, dass er sein Gehirn verfehlen würde, und presste den Lauf noch fester gegen die Schläfe.
    Im Flur vor seinem Büro erklang plötzlich ein lauter Schrei. Das war ganz eindeutig Fung. Seine Stimme klang aufgeregt und begeistert.
    Neugierig geworden, öffnete Wei die Augen.
    Die Bürotür wurde aufgerissen, und Fung stürzte herein. Wei zitterte inzwischen dermaßen, dass er befürchtete, sein Leibwächter könnte seine Schwäche bemerken.
    Er ließ die Pistole sinken.
    »Was ist los?«, fragte er.
    Fungs Augen waren weit aufgerissen. Auf seinem Gesicht war ein angesichts der Situation ziemlich unpassendes Lächeln zu erkennen. Dann rief er: »Herr Generalsekretär! Panzer! Draußen rollen Panzer!«
    Wei legte seine Pistole vorsichtig auf dem Schreibtisch

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