Gefahrenzone (German Edition)
Haftanstalt führte.
Im nächsten Moment wurde er in die Krankenabteilung des Gefängnisses gekarrt.
Walentin Kowalenko wusste jetzt, was hier vorging. Er hatte dies irgendwie sogar erwartet. Er hätte das Drehbuch dafür selber schreiben können. Dass man ihn mitten in der Nacht aus der Zelle holte. Dass man ihn mit Ledergurten auf diese Rolltrage mit den quietschenden Rädern schnallte. Dass ihn diese stummen Wärter ins Innere des Gefängnisses brachten.
Man würde ihn jetzt gleich hinrichten. Heimlich und gegen das Gesetz würden sich seine Feinde seiner entledigen.
Die riesige Krankenabteilung war verlassen. Kein Arzt und keine Krankenschwester war zu sehen. Außer den vier Männern, die seine Trage schoben, gab es hier niemand. Dies bestätigte Kowalenkos Befürchtungen. Man hatte ihn bereits einmal hierhergebracht, als ihm ein Wärter mit seinem Gummiknüppel ins Gesicht geschlagen hatte und die Wunde genäht werden musste. Obwohl man ihn damals spät in der Nacht verarztet hatte, war die Krankenabteilung noch voll besetzt gewesen.
Heute schien jedoch jemand alle potenziellen Zeugen entfernt zu haben.
Walentin kämpfte vergeblich gegen seine Hand- und Fußgurte an.
Die vier Wärter rollten ihn in ein Untersuchungszimmer, das auf den ersten Blick leer zu sein schien. Danach verließen sie den Raum, schlossen die Tür von außen und ließen ihn gefesselt und hilflos im Halbdunkel zurück. Kowalenko schrie ihnen nach, aber als die Tür ins Schloss gefallen war, schaute er sich nach allen Seiten um. Rechts von ihm stand ein mobiler Raumteiler, hinter dem er jetzt eine Bewegung hörte.
Offensichtlich war da noch jemand.
»Wer ist da?«, fragte Kowalenko.
»Wer sind denn Sie?«, antwortete eine raue Männerstimme. »Wo bin ich hier?«
»Schauen Sie sich doch um, Sie Narr! Das ist die Krankenabteilung. Ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt.«
Bevor der Mann hinter dem Vorhang antworten konnte, öffnete sich die Tür, und zwei Männer kamen herein. Beide trugen Laborkittel, und beide waren älter als Kowalenko. Er schätzte sie auf etwa fünfzig. Walentin hatte sie noch nie gesehen, hielt sie jedoch für Ärzte.
Sie schauten äußerst nervös drein.
Keiner von ihnen blickte Kowalenko an, als sie an seiner Rolltrage vorbeigingen. Sie rollten den Raumteiler an die Wand, sodass Walentin jetzt auch den Rest des Zimmers sehen konnte. Im Halbdunkel erblickte er einen anderen Mann, der wie er auf einer Trage lag. Obwohl diesen von den Schultern abwärts ein weißes Tuch bedeckte, konnte Walentin doch erkennen, dass er wie er selbst an Händen und Füßen fixiert war.
Der andere Häftling schaute die Ärzte an. »Wo bin ich hier? Wer sind Sie?«
Walentin fragte sich, was mit diesem Mann nicht stimmte. Wer sind Sie? War ihm denn nicht klar, wo er hier war und wer sie waren? Seine Frage hätte eher lauten müssen: »Was zum Teufel geht hier vor?«
»Was zum Teufel geht hier vor?«, schrie Kowalenko zu den beiden älteren Männern hinüber. Sie ignorierten ihn jedoch und stellten sich an das Fußende der Liege des anderen Gefangenen.
Einer der Ärzte trug einen Stoffbeutel über der Schulter. Er griff hinein und holte eine Spritze heraus. Im Dämmerlicht konnte Walentin beobachten, wie er mit verkrampftem Kiefer und zitternden Händen die Verschlusskappe entfernte und dann die dünne Decke von den nackten Füßen des Häftlings zog.
»Was zum Teufel machen Sie denn da? Bleiben Sie mir mit diesem Ding da vom ...«
Der Arzt packte den großen Zeh des Mannes, während Kowalenko entsetzt und fassungslos zuschaute. Als er dem Gefangenen ins Gesicht blickte, entdeckte er darauf eine ähnliche Verwirrung.
Der Doktor mit der Spritze brauchte eine Weile, um die Haut an der Spitze des großen Zehs vom Nagel zu trennen. Sobald jedoch die Lücke groß genug war, jagte er die Nadel tief ins Nagelbett und drückte den Kolben nach unten.
Der Mann schrie vor Schmerzen und Entsetzen laut auf.
»Was soll denn das?«, fragte Walentin, der dem Ganzen immer noch entgeistert zusah. »Was machen Sie mit diesem Mann?«
Der Arzt zog die Nadel aus dem Zeh heraus und warf die leere Spritze in seinen Schulterbeutel zurück. Er wischte den Nagel mit einem Alkoholtupfer ab. Dann standen er und sein Kollege einfach da und beobachteten ihr Opfer.
Kowalenko fiel auf, dass der andere Mann verstummt war. Als er ihm erneut ins Gesicht schaute, verzerrte es sich gerade in einem anscheinend plötzlichen Schmerz.
Durch zusammengebissene
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