Gefahrenzone (German Edition)
Kernkraftwerken abschalten können?«
Der Befehlshaber des Cyber Command, General Henry Bloom, beantwortete diese Frage über eine Videoverbindung aus seinem Krisenzentrum in Fort Meade. »Aus Nützlichkeitserwägungen haben viele Kernkraftwerke die gesicherten Computersysteme ihrer Reaktoranlage mit ihren weniger sicheren allgemeinen Firmennetzwerken verlinkt. Dabei ist eine Kette immer so sicher wie ihr schwächstes Glied, und viele unserer Glieder werden gerade bei verbesserter Technik schwächer und nicht stärker, weil die Integration, aber nicht die Sicherheit immer mehr zunimmt.«
»Wir haben die Nachricht über den Angriff auf dieses Atomkraftwerk bisher geheim gehalten, nicht wahr?«
»Für den Moment, ja, Sir.«
»Haben wir das nicht kommen sehen?«, fragte Ryan.
»Ich habe das bereits geraume Zeit kommen sehen«, antwortete der Befehlshaber des Cyber Command. »Seit einem Jahrzehnt beschreibe ich in meinen Eingaben an das Pentagon genau das, was wir heute erleben. Die Cyber-Bedrohungslandschaft ist riesig. Das Spektrum der möglichen Bedrohungen durch solche Cyberangriffe ist überhaupt nicht abzusehen.«
»Was können wir als Nächstes erwarten?«
»Ich wäre erstaunt, wenn morgen früh die Wall-Street-Systeme normal funktionieren würden«, erwiderte Bloom. »Das Bankwesen und die Telekomverbindungen sind leich te Ziele für einen Angriff dieser Größe. Bisher wurde das Stromnetz noch nicht angegriffen, obwohl das leicht möglich wäre. Ich erwarte größere landesweite Stromausfälle eher früher als später.«
»Können wir das irgendwie stoppen?«
»Wir können mit den elektronischen Ressourcen zurückschlagen, die sie uns noch nicht geraubt haben. Allerdings wird es seine Zeit dauern, etwas so Großes und gut Koordiniertes erfolgreich zu bekämpfen. Und dann gibt es noch etwas, das Sie unbedingt wissen sollten.«
»Und das wäre?«
»Die Netzwerke, die noch funktionieren, zum Beispiel Intelink-TS, das CIA-Netzwerk, sind verdächtig.«
»Verdächtig?«
»Ja, Mr. President. Aus dem, was sie heute Abend erreicht haben, kann ich die Fähigkeiten unserer Gegner ermessen. Wenn also noch etwas funktioniert, dann nur deshalb, weil sie es benutzen, um uns auszuspionieren.«
»Sie stecken also auch im digitalen Gehirn der CIA?«
Bloom nickte. »Wir müssen davon ausgehen, dass sie einen dauerhaften Zugang zu allen unseren Geheimnissen haben.«
Ryan schaute CIA-Direktor Canfield und DNI Foley an. »Ich würde General Blooms Bemerkungen äußerst ernst nehmen.«
Sowohl Foley als auch Canfield nickten.
Dann stellte Ryan die entscheidende Frage: »Warum hinken wir den Chinesen so weit hinterher, was die Cybersicherheit angeht? Ist das eine späte Auswirkung von Ed Kealtys Kürzungen der Verteidigungs- und Geheimdienstausgaben?«
General Bloom schüttelte den Kopf. »Dafür können wir Ed Kealty nicht verantwortlich machen, Sir. China verfügt eben über Millionen äußerst kluger Köpfe, von denen viele hier in den Vereinigten Staaten ausgebildet wurden und danach heimkehrten, um uns auf höchst moderne Weise zu bekämpfen.«
»Und warum arbeiten diese klugen Köpfe nicht für uns?«
»Ein wichtiger Grund besteht darin, dass der durchschnittliche Hacker, den wir auf unserer Seite benötigen würden, um unseren Gegnern auf gleicher Augenhöhe begegnen zu können, ein Zwanzig- bis Dreißigjähriger ist, der in Russland, China oder Indien geboren wurde. Er hat die richtigen Schulen besucht, er kennt die Sprache und versteht die mathematischen Hintergründe.«
Ryan verstand das Problem, bevor Bloom es aussprach. »Aber es gibt keinen Weg, wie ein solcher Ausländer bei uns eine auf einer ausführlichen Lügendetektorbefragung beruhende Top-Secret-Sicherheitsfreigabe bekommen könnte.«
»Nicht einen einzigen, Sir«, bestätigte Bloom. »Aber es gibt auch noch einen weiteren Grund. Es gehörte nie zu den amerikanischen Stärken, sich mit Dingen zu befassen, die noch nicht passiert sind. Cyberkrieg war einfach nur ein fernes, vages Konzept, eine Fantasterei ... bis heute Morgen.«
»Wenn der Strom ausfällt, das Trinkwasser zu einer üblen Brühe wird und die Treibstoffversorgung versiegt ...«, sagte Ryan. »Amerika wird erwarten, dass wir das in Ordnung bringen.«
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Wir haben uns bisher auf mögliche Ereignisse konzentriert, die mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten, aber keine größere Auswirkung haben. Dass China das ganze Südchinesische Meer
Weitere Kostenlose Bücher