Gefahrenzone (German Edition)
der Ryan-Regierung und suchen nach Signalen in ihrer Politik, die darauf hinweisen, wie weit sie zu gehen bereit sind.«
»Und das Ergebnis?«
»Wir müssen uns keine Sorgen machen.«
»Erzählen Sie mir von der Ryan-Doktrin«, sagte Wei.
Es gab eine kurze Pause. »Die Ryan-Doktrin ist völlig irrelevant.«
»Was wissen Sie von ihr?«
Su hustete ins Telefon und zögerte eine Weile, bevor er antwortete: »Präsident Ryan hat öffentlich geäußert und hat es durch seine Taten bewiesen, dass er die Führung der ihm feindlich gesinnten Nationen für deren Handlungen verantwortlich macht und, wenn möglich, persönlich zur Verantwortung zieht. Ryan ist ein Monster. Er hat die Liquidierung ganzer Regierungen und die Ermordung ihrer Führer befohlen.« Su lachte ins Telefon hinein. »Ist das der Grund für Ihr Zögern? Haben Sie Angst davor, was Jack Ryan Ihnen antun könnte?«
»Natürlich nicht.«
»Sie müssen sich auch keine Sorgen machen, Genosse.«
»Ich mache mir keine Sorgen.«
»Warum haben Sie es dann aufgebracht?«
Die Leitung war eine Zeit lang ruhig, während beide Männer innerlich kochten. Schließlich meldete sich Wei zu Wort. Seine Sprechweise war abgehackt und angespannt, während er versuchte, nicht allzu laut zu werden: »Ich bin Wirtschaftsspezialist und ich sehe, dass wir gegenwärtig unseren Außenbeziehungen mehr Schaden zufügen, als unsere wirtschaftlichen Verhältnisse verkraften können. Was glauben Sie eigentlich, was Sie hier tun? Die Geschwindigkeit und Intensität, mit der Sie diese Aggression vorwärtstreiben, wird zu einem offenen Krieg führen und unsere Wirtschaft ruinieren.«
»Und das würde nicht passieren, wenn wir jetzt einen Rückzieher machen?«, schrie Su Wei an, wobei er gar nicht erst versuchte, seine nackte Wut zu verbergen. » Sie haben uns doch über diese Brücke geführt und sie dann hinter uns verbrannt! Es gibt keinen Weg zurück! Wir müssen da durch!«
» Ich soll das gemacht haben? Ich ? «
»Natürlich Sie. Sie haben meine Operation genehmigt, und jetzt haben Sie Angst, ruhig dazusitzen und zu warten, bis Ryan davonläuft.«
»Präsident Ryan läuft vor keinem Kampf davon«, erwiderte Wei.
»Er wird davonlaufen. Wenn er das nämlich nicht tut, wird er erleben, wie wir Taipeh mit einer Atombombe auslöschen, und befürchten müssen, dass Seoul, Tokio und Hawaii unsere nächsten Ziele sein werden. Vertrauen Sie mir, wenn es hart auf hart kommt, hat Amerika gar keine andere Wahl, als sich zurückzuziehen.«
»Sie sind verrückt!«
» Sie waren verrückt zu glauben, dass Sie einfach fremde Kriegsschiffe versenken können, während Sie gleichzeitig Freihandelsabkommen anbieten, um den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Sie sehen die Welt nur als Wirtschaftler. Ich versichere Ihnen, Wei, in dieser Welt geht es nicht ums Geschäft. In dieser Welt geht es um Kampf und bewaffnete Macht.«
Wei sagte nichts mehr.
»Wir werden das am Donnerstag persönlich besprechen. Aber eines müssen Sie wissen: Ich werde dem Ständigen Ausschuss meine Vorstellungen darlegen, und Sie werden mich unterstützen. Sie sollten sich mir anschließen, Wei. Unser gutes Verhältnis hat Ihnen erst kürzlich genützt, das sollten Sie nicht vergessen!«
Das Gespräch war zu Ende, und Präsident Wei brauchte mehrere Minuten, um sich wieder zu fassen. Er saß mit den Händen auf seiner Schreibtischunterlage still in seinem Büro. Schließlich drückte er auf den Knopf auf seinem Telefon, der eine Verbindung mit seinem Sekretär herstellte.
»Ja, Genosse Generalsekretär?«
»Verbinden Sie mich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten.«
67
P räsident Jack Ryan hielt sich das Telefon ans Ohr und hörte dem Dolmetscher zu, der schnell und mühelos Mandarin ins Englische übersetzte. Die Unterredung dauerte schon einige Minuten, und Jack hatte sich bisher einen Vortrag des chinesischen Präsidenten über Wirtschaft und Geschichte anhören müssen. Jetzt sagte Wei: »Sie haben Thailand und die Philippinen offiziell zu ›wichtigen Nicht- NATO -Verbündeten‹ ernannt. Das war für uns ausgesprochen bedrohlich. Darüber hinaus versuchen die Vereinigten Staaten unermüdlich, ihre Geheimdienst- und Militärkontakte mit Indien zu stärken und das Land zu einem Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag zu bewegen.
Amerika möchte aus Indien offensichtlich eine Weltmacht machen. Warum sollte es im Interesse einer Weltmacht liegen, den Aufstieg einer anderen Weltmacht zu
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