Gefahrenzone (German Edition)
Anfang an geriet China in Verdacht. Als Tongs Operationen immer größere Ausmaße annahmen, sorgten sich das MSS und die Politbüro-Insider, die von dem Cyberprogramm wussten, dass man einige dieser aufsehenerregenden Angriffe nach China zurückverfolgen könnte.
Die Amerikaner verhafteten eine Reihe von Hackern, die an den Operationen beteiligt waren, von denen einige tatsächlich chinesischer Abstammung waren. Dies ließ die Besorgnisse der chinesischen Führung noch stärker werden. Sie übte Druck auf das MSS und die VBA aus, ihre Spuren in Zukunft besser zu verwischen.
Auch diese beiden Institutionen hielten inzwischen Tong für viel zu verwundbar. Sie beschlossen, ihn um jeden Preis zu schützen. Dazu war es nötig, jede offizielle Verbindung zwischen ihm und der chinesischen Regierung zu beenden. Immerhin herrschte zwischen China und Amerika offiziell noch Frieden. Deshalb durften dermaßen aggressive Computernetzoperationen keinesfalls mit den chinesischen Staatsorganen in Verbindung gebracht werden.
Nun war Tong ja auch in den Vereinigten Staaten als ein wichtiger ziviler Computerexperte bekannt, der für die VBA arbeitete. Die Ermittler des FBI und der NSA, die die chinesischen Cyberoperationen untersuchten, bezeichneten ihn, seine Mitarbeiter und seinen Einfluss auf die Cyberstrategie des Reichs der Mitte bereits als die »Tong-Dynastie«. Als die Chinesen von Tongs Bekanntheit in Amerika erfuhren, wussten sie, dass es höchste Zeit zum Handeln war.
Nach langen Diskussionen entschied der Minister für Staatssicherheit, dass K. K. Tong, dessen offizieller Titel eines »Direktors für technologische Ausbildung des Ersten Technischen Aufklärungsbüros der Chen g du-Militärregion« seinen fast feldmarschallgleichen Einfluss auf eine der wichtigsten Kriegsführungsdomänen Lügen strafte, wegen »Korruption« verhaftet werden sollte, um gleich darauf aus dem Gefängnis zu »entfliehen«.
Danach würde er nach Hongkong gehen und sich unter den Schutz der 14K-Triade stellen. »Triade« war ein Sammelbegriff für die unterschiedlichsten Organisationen des organisierten Verbrechens, deren Mitglieder Chinesen oder chinesischer Abstammung waren. Die 14K-Triade war jedoch tatsächlich die größte und mächtigste mafiöse Bande in Hongkong. Das MSS und die 14K hatten jedoch keinerlei operationelle Beziehungen, ganz im Gegenteil. Die Aktivitäten der Triade waren der chinesischen Regierung schon lange ein Dorn im Auge. Tong würde sich und seine Hackerarmee an die Triade »verkaufen« und sie für ihren Schutz mit Geld bezahlen, das aus den Dutzenden von dubiosen Finanzgeschäften stammte, die seine Leute auf der ganzen Welt am Laufen hatten.
Die 14K würde natürlich nur erfahren, dass Tong aus einem Gefängnis auf dem Festland geflohen war und sich jetzt auf computergestützte Unterschlagungs-, Erpressungs- und Betrugsoperationen spezialisiert hatte.
Die Triade würde allerdings keine Ahnung haben, dass sich Tongs Organisation vor allem mit Cyberspionage und Cyberkrieg befasste und dies alles im Auftrag der Kommunistischen Partei Chinas, des Todfeinds der Triaden.
Tong wurde »verhaftet«. In der Volkszeitung, dem offiziellen Parteiorgan der KPCh, erschien eine kurze Meldung, in der seine »Verfehlungen« aufgelistet wurden. Er wurde wegen Computerverbrechen angeklagt. In dem Artikel wurde behauptet, Tong habe versucht, auf elektronischem Weg Geld von der ICBC, der Industrial and Commercial Bank of China, zu ergaunern. Der Zeitungsbericht sollte dem Westen zeigen, dass der mysteriöse Dr. Tong in Peking in Ungnade gefallen war. Gleichzeitig sollte er den Hongkonger Triaden den Eindruck vermitteln, dass der mysteriöse Dr. Tong über Fähigkeiten verfügte, die ihnen eine Menge Geld einbringen konnten.
Tong wurde zum Tod durch Erschießen verurteilt. Am Tag seiner Hinrichtung war jedoch aus dem Gefängnis zu hören, er habe mithilfe von Gefängnisangestellten fliehen können. Um diese Tarngeschichte noch glaubhafter zu machen, ließ die Gefängnisverwaltung am Tag darauf mehrere Wärter wegen ihrer angeblichen Beteiligung an Tongs Flucht an die Wand stellen.
Die 14K-Triade, die mächtigste Unterweltorganisation in Hongkong und größte Triade der Welt, nahm K. K. Tong einige Wochen später unter ihre Fittiche. Er reorganisierte seine Armee von zivilen Hackern und setzte sein Botnetz wieder in Betrieb. Mithilfe der Zehntausenden von Netzwerkknoten seines Botnetzes konnte er sich mit Phishing-E-Mails
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