Gefahrliche Sunden
verschnürten schwarzen Samtmiedern und weit schwingenden Röcken auf. Von der gesunden Bergluft hatten alle volle rote Wangen, und vom Bergsteigen und Skifahren waren die halbnackten Männerbeine äuÃerst muskulös. Sie sangen, jodelten, tanzten Volkstänze und spielten Alphorn â und die Menge klatschte vor Vergnügen auf.
Reeves drückte mit einem Tempo auf den Auslöser der Kamera, das Jordan bewunderte. Er tauschte Objektive, Filter, Filme mit maschinenartiger Geschwindigkeit und machte Aufnahmen von einem kleinen rotwangigen, blond gelockten Mädchen, das sich, wenn es nicht gerade im Takt der lauten Blasmusik in seine kleinen, dicken Hände klatschte, wechselweise Brot und Schokolade in den hübschen Schmollmund schob.
»Wer weië, erklärte Reeves, als er wieder an den
Tisch kam und ihn Helmut damit aufzog, dass er eines kleinen Mädchens wegen quer durch das Lokal gelaufen war, »vielleicht verkaufe ich ja eine Fotoserie über die Alpen an National Geographic. Oder sie bringen ein Poster mit der Kleinen raus. Sie wäre auf alle Fälle hübsch genug, und ich werde ja sehen, wie die Bilder geworden sind. Aber vor allem habe ich Kinder schon immer gern fotografiert. Weil sie immer wunderbar natürlich sind.«
Er packte seine Kamera in ihre Tasche, stellte sie auf einen Stuhl, rieb sich gut gelaunt die Hände und machte sich mit groÃem Appetit über das harte Brot und den zähflüssigen Käse her.
Helmut kippte etwas WeiÃwein in die Schüssel mit dem Käse, rührte gründlich um, und sie fuhren mit dem Essen fort. Die Stimmung war gelöst, und bald lachten Jordan und er schallend über die abenteuerlichen Geschichten, mit denen Reeves sie unterhielt.
»Wie wäre es mit einem Kaffee, bevor wir Jordan heimbringen?«, wollte Helmut wissen, als das Trio das Lokal verlieÃ.
»Klingt super.«
Helmut bat seinen Chauffeur, ihnen langsam hinterherzufahren, und führte die beiden zu einem direkt am Seeufer gelegenen Lokal. Allerdings war es zu kalt, um noch drauÃen Platz zu nehmen, und so betraten sie das ruhige, elegante Restaurant, wo der Empfangschef Helmut und auch Jordan kannte und förmlich willkommen hieÃ.
»Ich weiÃ, dass Jordan eine heiÃe Schokolade möchte.
Wie stehtâs mit Ihnen, Reeves?«, fragte Helmut seinen Gast.
»Ich hätte gern einen Kaffee.«
Nachdem der Ober mit ihren Getränken gekommen war, nippte Jordan vorsichtig an ihrem Becher mit dem dampfenden Getränk, auf dem eine dicke weiÃe Sahnehaube lag. Nirgends schmeckten Milchprodukte besser als hier in der Schweiz.
Sie leckte sich die Sahne mit der Zunge von den Lippen, aber als sie sich zurücklehnte, bemerkte Reeves, dass in ihrem Mundwinkel ein Tropfen Milchschaum hing, streckte ohne nachzudenken eine seiner Hände aus, wischte den Tropfen fort und leckte ihn von seinem Finger ab. Sie lächelten einander an und genossen den intimen, wunderbar vertraulichen Moment, der allein durch einen kurzen Blickwechsel entstanden war.
Helmut zündete sich gerade eine Zigarette an und wusste deshalb nicht, was der Grund für die plötzliche Stille war, die er mit der Bemerkung unterbrach: »Ich habe festgestellt, dass Jordan ein Laster hat. Und zwar ihre Vorliebe für unsere Schweizer Schokolade. Ich fürchte, dass sie deswegen auf ihre alten Tage ziemlich auseinandergehen wird.«
»Das werde ich ganz sicher nicht!«, widersprach ihm Jordan hitzig, und die beiden Männer lachten über ihre Vehemenz. Verlegen wandte sie sich wieder ihrer Schokolade zu und trank sie eilig aus.
»Warum zeigst du Reeves nicht die berühmte Holzbrücke?« , schlug Helmut plötzlich vor.
»Was?«, fragte sie etwas zu schnell.
»Inzwischen kennst du ihre Geschichte genauso gut wie ich«, stellte Helmut fest. »Ich werde hier sitzen bleiben, noch eine Tasse Kaffee trinken und dazu eine Zigarette rauchen, während du Reeves die Brücke zeigst. Du hast sie doch noch nicht gesehen, oder, Reeves?«
Reeves blickte nicht Helmut, sondern Jordan an. SchlieÃlich meinte er: »Nein, das heiÃt, nur aus der Ferne. Aber ich würde gerne alles wissen, was es darüber zu wissen gibt.«
Jordan bedachte ihn mit einem bitterbösen Blick. »Wir können auch warten, bis du fertig bist, und dann alle zusammen gehen«, schlug sie Helmut vor.
»Liebling, du weiÃt, dass ich
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