Gefahrliches Vermachtnis
Internat außerhalb des Staates unterzubringen, das bereits einige rebellische, aber privilegierte Mädchen beherbergte.
Mitarbeiter und Lehrplan waren zwar konservativ, aber Dawn schloss schnell eine Menge anregender Freundschaften. Als das erste Studienjahr endete, hatte sich ihre Verzweiflung in Dankbarkeit verwandelt. Sie fuhr mit einem Dutzend Adressen und einer halben Packung Kondome nach Hause; ihre Zimmergenossin und sie hatten beschlossen, dass die höchste Priorität nach dem Abschluss war, Sex zu haben.
Dawn war weder in den Weihnachts- noch in den Frühjahrsferien nach Hause gekommen und die gelegentlichen Besuche ihrer Eltern verliefen förmlich. Ihr Vater lehnte es ab, mit ihr über das Geschehene zu diskutieren. Cappy versuchte, die Funkstille mit Fragen zu füllen; durchsichtige Manöver, um Dawns neue Freunde in Misskredit zu bringen.
Aurore war einmal zu Besuch gekommen, aber die Reise hatte sie sehr erschöpft, und Dawn hatte sie gebeten, es nicht noch einmal zu versuchen. Onkel Hugh hatte ihr regelmäßig geschrieben. Sie hatte jeden seiner Briefe als Rechtfertigung für sich selbst empfunden. Aber am aufregendsten war der Gang zum Briefkasten wegen der Möglichkeit, vielleicht Post von Ben darin zu finden.
Der erste Brief von Ben bestand aus einer ausgerissenen Seite aus einem Comicheft. Er hatte neue Sprechblasen über die alten geklebt und seine eigenen Dialoge eingesetzt. Dawn war darin die Superheldin, die die Welt vor Ignoranz und Vorurteilenretten wollte. Und Ben war ihr ehrfürchtiger Bewunderer, der selbst danach strebte, mutig zu sein. Er unterschrieb mit „Love“.
Dawn hütete seine unregelmäßigen Briefe wie einen Schatz. In den einsamen Stunden, wenn ihre Zimmergenossin schon schlief, träumte sie von Bens Kuss. Sie kannte jede seiner Zeilen auswendig. Und sie suchte nach einem Zeichen dafür, dass sie mehr für ihn war als nur eine Ausgestoßene, die Trost brauchte.
Auf Drängen ihrer Freundinnen lud sie Ben zu ihrer Abschlussfeier ein, aber er hatte eigene Verpflichtungen und sagte – mit großem Bedauern – ab. Ben war auf dem Weg nach Norden, um einen Job beim Boston Globe anzutreten, und Dawn war von der University of California in Berkeley angenommen worden, wo man ihren Zusammenstoß mit dem Schulsystem von New Orleans offenbar als Vorzug betrachtete.
Dawn wünschte Ben Glück zum Universitätsabschluss und schrieb ihm von ihren Plänen. Dann packte sie ihre Sachen für eine Stippvisite nach Grand Isle, bevor sie weiter nach Westen reiste.
Ihr Vater war in Baton Rouge und behauptete, dass er nicht in der Lage war, sich für ihren Besuch freizumachen. Also holte ihre Mutter sie am Flughafen von New Orleans ab; von dort fuhren sie direkt weiter auf die Insel. Eigentlich hatte Dawn ihr Zuhause wiedersehen wollen, aber Cappy beharrte darauf, dass Aurore auf sie wartete. Tatsächlich aber war sie immer noch in Ungnade, das war Dawn nur allzu klar. Ihre Eltern dachten, es sei das Beste, wenn sie sich nicht in der Öffentlichkeit sehen ließ und noch einmal alle an das erinnerte, was sie getan hatte.
Das Wenige, das sie mit Cappy verband, schien ebenfalls verschwunden zu sein.
Eines Abends jedoch, in einem seltenen Augenblick der Wahrheit, gestand ihr Cappy: „Ich hatte so viele Hoffnungen für dich! Ich habe meine eigene Karnevalssaison wegen des Krieges verpasst, deshalb wollte ich, dass du deine erlebst. Ichwollte dir ein Kleid kaufen und dir helfen, Schmuck auszusuchen. Ich wollte dich feiern, wenn du zur Karnevalsprinzessin gewählt wirst.“
„Es gibt eine Menge Sachen, die wichtiger sind als eine Strasstiara und ein Zepter.“
Cappy zündete sich eine Zigarette an und betrachtete die verschlungenen Wassereichen. „Jetzt wirst du auch keine Gelegenheit mehr dazu haben.“
Dawn spürte ein leichtes Bedauern. Sie hatte verächtlicher geklungen als beabsichtigt. In ihrem Innersten unterschied sie sich kaum von ihren Freundinnen aus New Orleans, die sich danach verzehrten, Karnevalsprinzessinnen zu werden. Ihr war durchaus klar, wie wichtig der Karneval für das gesellschaftliche Leben der Stadt war.
„Ich wollte dich nicht verletzen“, versuchte Dawn, ihren Kommentar wiedergutzumachen. „Ich wusste, dass es Konsequenzen haben würde, aber ich hatte nicht genug Zeit, um an alles zu denken.“
„Hätte das denn etwas geändert?“
Dawn war überrascht, dass Cappy sie danach fragte. „Ich glaube nicht.“
„Aber du bist dir nicht sicher?“
„Ich weiß
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